Artikel erschienen am 01.12.2011
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Der Geschäftsführer – das angestellte Organ der GmbH

Von LL.M. Hans Olof Wölber, Braunschweig

Der Geschäftsführer einer GmbH ist ein schillerndes Wesen: Er ist Organ der GmbH und Chef gegenüber den Angestellten. Gleichzeitig ist er selber der Dienstverpflichtete der Gesellschaft. Die Besonderheiten, die sich hieraus für das Verhältnis zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer ergeben, werden im Folgenden dargestellt.

I. Vereinbarungen zwischen Geschäftsführer und GmbH: Wer vertritt wen – und wie?

Der Geschäftsführer wird von der Gesellschaft zu seinem Amt bestellt. Dies geschieht durch Beschluss der Gesellschafterversammlung, wenn die Satzung diese Aufgabe nicht einem Aufsichtsrat oder einem anderen Gremium zuweist. Die Bestellung des Geschäftsführers ist im Handelsregister einzutragen. Die Eintragung ist zwar Pflicht, aber nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Bestellung.

Neben diesem einseitigen Bestellungsakt, der den Geschäftsführer zum Organ der Gesellschaft macht, gibt es aber (von wenigen Ausnahmen abgesehen) zusätzlich einen Geschäftsführeranstellungsvertrag zwischen GmbH und Geschäftsführer. Diesen schließt aufseiten der GmbH ebenfalls das Gremium ab, das den Geschäftsführer bestellt hat, also in der Regel die Gesellschafterversammlung. Sie ist auch für die Beendigung des Vertrages durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag zuständig.

Andere Geschäftsführer sind hierzu nicht befugt. Würden sie ihrem Kollegen kündigen, wäre diese Kündigung unwirksam. Allerdings kann die Gesellschafterversammlung sie hierzu ermächtigen.

II. Vertretung der Gesellschaft nach außen

Im Außenverhältnis gegenüber Geschäftspartnern und Angestellten kommt es nur darauf an, mit welchen Rechten der Geschäftsführer bestellt wurde, die Regelungen im Dienstvertrag spielen keine Rolle.

Dies folgt daraus, dass nur die Bestellung veröffentlicht und im Handelsregister festgehalten wird. Die möglichen Vertretungsregelungen für den Geschäftsführer sind beschränkt: Er kann einzel- oder gesamtvertretungsberechtigt sein. Außerdem kann er von dem Verbot von „In-sich-Geschäften“ befreit werden.

Demgegenüber sehen die Dienstverträge oft bestimmte Ressortzuweisungen und konkrete genehmigungspflichtige Geschäfte vor. Diese Regelungen gelten aber nur im Innenverhältnis. Verstößt der Geschäftsführer gegen sie, mag er sich gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig machen oder Anlass für eine fristlose Kündigung geben. Die von ihm getätigten Geschäfte sind und bleiben wirksam. Die Gesellschaft wurde wirksam durch ihren Geschäftsführer vertreten.

Die Unterscheidung zwischen den Befugnissen des Geschäftsführers als Organ einerseits und als Dienstverpflichteter andererseits ist wichtig: Ist der Geschäftsführer nicht einzelvertretungsberechtigt bestellt worden, kann er die Gesellschaft nicht alleine vertreten, sondern muss zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen handeln. Welche Regelung sein Anstellungsvertrag hierzu vorsieht, ist gleichgültig.

In den meisten Fällen mag ein Verstoß des Geschäftsführers gegen seine Kompetenzen als Organ gar nicht auffallen. Kommt es aber beispielsweise nach dem Ausspruch einer Kündigung durch den Geschäftsführer gegenüber einem Arbeitnehmer zur Klage, werden solche Mängel schnell offenbar: Die Kündigung ist unwirksam, weil dem (einzelnen) Geschäftsführer die Kompetenz für dieses Rechtsgeschäft fehlte.

III. Besonderheiten beim Geschäftsführeranstellungsvertrag

Der Vertrag zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer ist ein Dienstvertrag. Er weist gegenüber den Verträgen mit Arbeitnehmern verschiedene Besonderheiten auf. Hierzu gehören insbesondere die folgenden:

1. Information der Gesellschafter
Der Geschäftsführer leitet die Gesellschaft eigenverantwortlich, soweit ihm nicht konkrete Weisungen der Gesellschafterversammlung vorliegen. Diese Handlungsfreiheit führt aber auch dazu, dass bei geschäftlichen Maßnahmen von besonderer Bedeutung die Gesellschafterversammlung informiert werden muss, beispielsweise, wenn eine langjährig praktizierte Geschäftspolitik geändert werden soll.

2. Suspendierung bei Kündigung
Während von Arbeitnehmern die Arbeitsleistung regelmäßig bis zum Vertragsende erwartet wird, ist dies bei Geschäftsführern meist unerwünscht. Daher wird regelmäßig vereinbart, dass dieser nach einer Kündigung unter Anrechnung seiner Urlaubsansprüche von der Arbeit freigestellt werden kann.

3. Vergütung
Das Festgehalt ist beim Geschäftsführer in der Regel nur ein Vergütungsbestandteil. Im Jahr 2003 erhielten 85 % aller Geschäftsführer zusätzlich erfolgsabhängige Zahlungen, die durchschnittlich 24 % der Gesamtvergütung ausmachten. 83 % erhielten Versorgungszusagen für Ruhestand und Invalidität und fast 100 % durften ihren Dienstwagen uneingeschränkt privat nutzen.

4. Urlaub
Der Geschäftsführer muss seinen Urlaub von niemandem genehmigen lassen, sondern eigenverantwortlich so legen, dass dies mit dem Geschäftsanfall vereinbar ist.

5. Wettbewerbsverbote
Aus der Organstellung des Geschäftsführers folgt während seiner Amtszeit ein Verbot, der eigenen Gesellschaft Konkurrenz zu machen. Mit dem Ende des Amtes erlischt dieses Wettbewerbsverbot. Da die Gesellschaften regelmäßig verhindern wollen, dass der Geschäftsführer sein Wissen über interne Geschäftsvorgänge zur Konkurrenz trägt, wird oft ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Wegen des damit verbundenen erheblichen Eingriffs in die Berufsfreiheit des Geschäftsführers muss es aber sachlich, zeitlich und örtlich auf den erforderlichen Umfang beschränkt werden. Wettbewerbsverbote können meist nicht für länger als zwei Jahre vereinbart werden. Hinzu kommt, dass regelmäßig eine sogenannte Karenzentschädigung für die beruflichen Nachteile während der Laufzeit des Wettbewerbsverbots zu zahlen ist.

IV. Der Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer

Der Geschäftsführer ist (fast) nie ein Arbeitnehmer. Dies gilt selbst dann, wenn nach Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages die Bestellung zum Geschäftsführer unterbleibt. Auch kann ein Arbeitnehmer, der zum Geschäftsführer „befördert“ und in dieser Position gekündigt wurde, sich nicht darauf berufen, dass er in sein altes „ruhendes“ Arbeitsverhältnis zurückkehrt. Die einzige Ausnahme sollen leitende Angestellte sein, die als Interimsgeschäftsführer ausdrücklich „vorübergehend“ eingesetzt werden. Sie fallen nach dem Ende der Geschäftsführertätigkeit in ihre alte Position zurück.

Dies hat folgende Konsequenzen:

  • Der Geschäftsführer hat keinen Kündigungsschutz. Er kann innerhalb der vertraglichen Fristen gekündigt werden. Ist hier nichts vereinbart, gelten die gesetzlichen Fristen. Die Kündigung sollte stets schriftlich erfolgen.
  • Die Verträge können beliebig befristet werden. Auch sogenannte Kettenbefristungen sind möglich. Die Einschränkungen, die bei Arbeitsverhältnissen gelten, greifen hier nicht.
  • Die Kündigung muss nicht begründet werden.

V. Außerordentliche Kündigung

Auch der Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer kann aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn der Geschäftsführer ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das objektiv geeignet ist, die Vertrauensgrundlage für eine weitere Zusammenarbeit zu entziehen. Es kommt nicht darauf an, ob die Gesellschafter das Verhalten subjektiv als vertrauenszerstörend empfunden haben.

Der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot, dem der Geschäftsführer grundsätzlich unterliegt, ist in der Regel ein wichtiger Grund. Dies gilt übrigens auch noch nach Aussprache einer ordentlichen Kündigung. Benutzt der Geschäftsführer die ihm verbleibende Zeit im Unternehmen zur Vorbereitung einer Konkurrenztätigkeit, rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung.

Ein weiterer anerkannter wichtiger Grund ist die Weigerung des Geschäftsführers, die Weisungen der Gesellschafterversammlung zu befolgen. Hierzu ist er verpflichtet. Dies gilt sogar für offensichtlich wirtschaftlich nachteilige Weisungen; die Grenze des Weisungsrechts beginnt aber dort, wo greifbar naheliegend die Gefahr einer Insolvenz droht.

Zum Bedauern vieler Gesellschafter ist die wirtschaftliche Erfolglosigkeit eines Geschäftsführers kein wichtiger Grund, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte. Hier kann der Geschäftsführer nur als Organ abberufen werden, was stets ohne Frist oder Begründung möglich ist. Der Dienstvertrag ist aber von der Gesellschaft bis zum Ende seiner Laufzeit zu erfüllen.

Erlangt die Gesellschaft von einem wichtigen Grund Kenntnis, ist Eile geboten: Wie auch bei Arbeitnehmern gilt bei Geschäftsführern die Ausschlussfrist von zwei Wochen für die Aussprache der außerordentlichen Kündigung.

Allerdings beginnt die Frist erst zu laufen, wenn das kündigungsbefugte Organ – also in der Regel alle Gesellschafter im Rahmen einer Gesellschafterversammlung – von den Kündigungsgründen erfahren hat und Gelegenheit hatte, in einer Versammlung den Beschluss zur Kündigung zu fassen und ihn dem Geschäftsführer zugehen zu lassen. Oft bedarf es einiger Sachverhaltsaufklärung, bis genügend Beweise für den wichtigen Grund gesammelt werden konnten. Dadurch verschiebt sich der Beginn der Zwei-Wochen-Frist oft erheblich nach hinten. Die Aufklärungsarbeit muss aber mit Hochdruck vorangetrieben werden. Nach der Rechtsprechung ist bei jedem Schritt unverzügliches Handeln erforderlich.

Hat die GmbH nur zwei Gesellschafter, von denen einer der betroffene Geschäftsführer ist, kommt es nur auf die Kenntnis des anderen Gesellschafters an. Dies liegt daran, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer, dem gekündigt werden soll, in der Gesellschafterversammlung kein Stimmrecht hat.

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