Artikel erschienen am 01.12.2012
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Existenzgründung und Franchise

Von Andreas Deumeland, Braunschweig

Der Chefredakteur des Magazins Impulse hat sachlich abgeleitet, dass Deutschland ein Land der Arbeitnehmer/Arbeitgeber sei und weniger der Unternehmer/Gründer. Das gilt natürlich nur in der statistischen Masse und nicht im Einzelfall.

Wahrscheinlich werden die Notwendigkeiten für eine Existenzgründung auch überschätzt und die Hürden hinsichtlich Recht, Finanzierung und Abgabenlasten unnötig kompliziert dargestellt.

Der Existenzgründer darf sich nicht an „Weltreichen“ wie Bosch oder Siemens orientieren, denn auch diese sind ganz klein begonnen worden und hatten „nur“ die beiden Voraussetzungen, die meines Erachtens allein über eine erfolgreiche Gründung entscheiden – Produkt und Unternehmerperson. Alles andere kann von erfahrenen Dienstleistern beigesteuert werden.

Was ist wirklich notwendig?

Den Erfolg bestimmt nur das Produkt – Rechtsform, Finanzierung und alles andere sind absolut nachrangig. Das Produkt kann Gegenstand, Dienstleistung oder Handwerk sein – entscheidend sind Kundennutzen, Qualität und die gezielte Positionierung innerhalb des potenziellen Kundenkreises.

Idealziel des Kundennutzens ist eine Alleinstellung – wer noch solche Lücken findet, sollte die Idee sehr ernsthaft verfolgen.

Aber auch bessere Qualität und/oder besondere Dienstleistungsansätze sind Weiterverfolgung und Umsetzung wert. Wer allerdings als einziges Argument nur den „billigeren“ Preis für sein Produkt anführen kann, sollte das Konzept sehr kritisch hinterfragen, ob er etablierten Anbietern nur über den Preis ausreichend Kunden dauerhaft abwerben kann und ob fest situierte Anbieter über kurzzeitige Preisanpassungen nicht die Startphase des Neuen leicht scheitern lassen können.

Es reicht auch nicht die Überzeugung, dass schon „x %“ der großen „Kundenmassen“ das Produkt kaufen werden. Die „Kundenmasse“ muss sorgfältig nach den einzelnen Segmenten betrachtet werden – Verbraucher / Weiterverarbeiter – Großkunden / Einzelkunden – jung / alt – Mann / Frau – Kaufkraft / Preiselastizität. Das sind nur generelle Kriterien, denen sich aber noch eine Reihe von produktindividuellen Besonderheiten anschließt.

Bei Produktdefinition und -positionierung können Berater mit Marketinghintergrund hilfreiche Sparringspartner sein. Wer dann von seinem Produkt überzeugt und persönlich bereit ist, mit seinem Produkt „Tag für Tag seine Kunden zu überzeugen“, sollte sich einen kompetenten Berater mit dem kompletten Netzwerk oder mehrere spezialisierte Einzelberater suchen, die für ihn alle die Dinge fachmännisch erledigen, vor denen sich Existenzgründer zu häufig zu sehr fürchten.

Wann hilft Franchise?

Wer den Willen und das Selbstbewusstsein zur Selbst-
ändigkeit hat, dem aber das erforderliche Produkt mit Durchsetzungswahrscheinlichkeit fehlt, der sollte über eine Franchise-Übernahme nachdenken.

Franchise hat den Vorteil, dass das unbedingt erforderliche klar definierte Produkt bereits „sichtbar“ ist, bei etablierten Systemen sogar schon markterprobt. Der Existenzgründer muss also nicht sein Produkt selbst definieren, sondern sich aus dem inzwischen sehr breiten Angebot das aussuchen, das am besten zu seiner Person passt und ausreichend erfolgversprechend ist. Der Gründer sollte sich dabei nicht vorrangig am schon erkennbaren Erfolg und potenziellen „Supergewinn“ (McDonald's, …) orientieren. Abgesehen vom dann auch schon deutlich höheren Einstandsinvestment und dem Risiko einer Überrepräsentanz in der Region ist auch beim Franchise die erfolgreiche Umsetzung des Konzeptes für den persönlichen Erfolg entscheidend und das persönliche „Wohlfühlen“ mit dem jeweiligen Franchise-Konzept ist erste Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung.

Als Franchise-Nehmer werden Sie nicht der nächste Bosch oder Siemens werden, die Möglichkeit haben nur die Franchise-Geber, wenn ihr Konzept wirklich erfolgreich wird. Aber Existenzgründer im Franchise haben auch ein deutlich geringeres Risiko des Scheiterns. So ist durch Studien belegt, dass von 100 Existenzgründern nach drei Jahren noch 68 am Markt sind, bei Franchise aber 83. Dabei kann der Gründer in den Franchise-Systemen sowohl mehr arbeitnehmernahe als auch unternehmernahe Systeme finden und letztlich kann ein Gründer sogar über Franchise die gewünschten Erfahrungen sammeln, um später den Schritt zur „völligen“ Selbständigkeit zu tun und dann der nächste Bosch oder Siemens zu werden.

Wer ist „richtig“ für Franchise?

Gründer, die gern an Bestehendem nörgeln, die grundsätzlich alles besser wissen, und Egoisten, denen Erfolg auch zulasten des Systems erstrebenswert ist, sollten sich den Einstieg gut überlegen. Die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns auch oder gerade im System wird deutlich überproportional sein.

Wer das System lebt und Verbesserungspotenzial zum Wohle des Systems sachlich einbringt, hat beste Möglichkeiten. Je stärker und ausgereifter das Franchise-System, desto stärker ist der einzelne Franchise-Nehmer und desto größer sein persönlicher Erfolg.

Was ist vor Franchise-Beginn zu beachten?

Franchise-Geber sind keine Wohltäter. Sie wissen, dass ihr System nur mit starken und motivierten Franchise-Nehmern erfolgreich wird, andererseits wollen sie Leistungsdruck erzeugen und natürlich auch selbst gut verdienen. Deshalb wird der persönliche Erfolg des Franchise-Nehmers schon sehr wesentlich beim Vertragsabschluss beeinflusst. Da Verträge häufig für fünf oder zehn Jahre als erste Laufzeit abgeschlossen werden, ist die Vereinbarung der wesentlichen Bestandteile entscheidend. Hilfreich sind hier Berater, die die wichtigen und noch verhandelbaren Vertragsbestandteile kennen und möglichst auch verschiedene Systeme zum Vergleichen.

Betriebswirtschaftlich entscheidend ist das Erreichen der kritischen Umsatzgrenze, deren Überschreiten das auskömmliche Betreiben des Geschäfts ermöglicht. Wichtig sind daneben die Kalkulation zu übernehmender Investitionen und die Wirkungen von Franchise-Gebühren und Umlagen.

Rechtlich sind u. a. Punkte wie Gebiets- und Wettbewerbsschutz, Preis- und Bezugsbindungen, Systemkosten und die Vereinbarung von Ausstiegschancen zu beachten und unbedingt vor Beginn festzuschreiben. Natürlich entwickelt sich ein Franchise-Verhältnis weiter und bei Bedarf kann man auch Nachbesserungen fordern. Aber nachfordern ist immer schwerer als vorab zu vereinbaren.

Was entscheidet nach Franchise-Beginn?

Der Franchise-Unternehmer sollte sich als gut funktionierender Regionalunternehmer verkaufen und sich dabei von einem erfahrenen Berater unterstützen lassen. Grundlage sind aussagefähige und vergleichbare Zahlen nach den Standards des Franchise-Gebers, form- und zeitgerecht. Neben den harten Faktoren wie Umsatz, Kosten und Gewinn, sollten auch weiche Faktoren wie Reklamationen, Lageraufbau, Fluktuation oder Krankheitstage beobachtet werden. Der Vergleich mit anderen Systemteilnehmern und ein allgemeines Benchmarking sollten frühzeitige Vergleiche und Bestätigung oder Gegensteuerung ermöglichen.

Und wenn so ausreichend Geld verdient worden ist, kann der Berater noch mit Jahresabschluss, Steuererklärungen und guten Gestaltungen dafür sorgen, dass der Unternehmer nicht mehr Abgaben zahlt als nötig, damit der Unternehmer genug Kapital sammelt, um mit weiteren Standorten in seinem Franchise-Konzept zumindest ein kleiner Bosch oder Siemens zu werden.

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