Artikel erschienen am 16.01.2015
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Markenfindung

Recherchemöglichkeiten und Risiken

Von Christian S. Drzymalla, Braunschweig

Die Einführung eines neuen Produkts, einer Ware oder einer Dienstleistung, erfordert in der Regel auch die Auswahl einer neuen Produktkennzeichnung (Marke). Die Vorarbeiten hierzu sollten frühzeitig aufgenommen werden, will ein Unternehmen nicht unerwartet mit rechtlichen Problemen konfrontiert werden.

Eine (Vor-)Festlegung auf eine neue Marke sollte vermieden werden, ehe nicht mittels geeigneter Recherchen überprüft wurde, ob die anvisierte Marke überhaupt geschützt und verwendet werden kann. Kaum etwas ist ärgerlicher, als ein Produkt nach Markteinführung umbenennen und Warenverpackungen oder sonstige Werbemittel neu anfertigen lassen zu müssen. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn die ausgewählte oder eine ähnliche Marke bereits für ein anderes Unternehmen geschützt ist. In einem solchen Fall drohen Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche, im schlechtesten Fall kann sogar die Vernichtung der Waren und deren Rückruf aus den Vertriebswegen verlangt werden.

Es ist daher zu empfehlen, frühzeitig vor Ingebrauchnahme einer neuen Marke eine Liste von zwei bis fünf in Betracht kommenden Produktbezeichnungen zu erstellen und diese, ggf. in einer abgestuften Reihenfolge, daraufhin zu überprüfen

  • ob die einzelnen Produktnamen überhaupt als Marke eintragbar sind und
  • ob Rechte Dritter der Benutzung und Registrierung entgegenstehen.

Das Thema der Eintragbarkeit (Unterscheidungskraft) von Marken wurde an dieser Stelle bereits behandelt (Artikel von PA Dr.-Ing. Jan Plöger in der Ausgabe Service-Seiten Finanzen Steuern Recht, Braunschweig 2014,
S. 36 – 37). Deshalb sollen hier die Möglichkeiten zur Recherche nach Kennzeichenrechten Dritter näher beleuchtet werden.

Im Zeitalter von Google recherchieren viele Unternehmen selbst, ob ein Produktname bereits durch andere Unternehmen in Gebrauch ist. Solche Recherchen führen aber leicht zu dem Trugschluss, dass eine Marke benutzt werden kann, wenn über eine gebräuchliche Suchmaschine kein gleichnamiges Produkt eines Wettbewerbers gefunden wird. Recherchen in frei zugänglichen Suchmaschinen können der Anfang, aber nicht das Ende einer belastbaren Prüfung sein. Markenrechte entstehen nämlich in der Regel durch Eintragung einer Marke bei den zuständigen Ämtern. Für die Entstehung des Markenschutzes muss eine Produktbezeichnung also nicht in Gebrauch und deshalb im Internet auffindbar sein. Rechte an einer eingetragenen Marke können – bezogen auf Deutschland – durch Registrierung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in Alicante (HABM) und bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf entstehen. Um in diesen Registern eingetragene (oder angemeldete) Marken zu finden, müssen deren Datenbanken überprüft werden. Die Schwierigkeit hierbei ist nicht nur die eigentliche Recherche, sondern die rechtlich zutreffende Auswertung des Rechercheergebnisses. Die zuständigen Ämter und Gerichte haben eine fein verästelte Entscheidungspraxis entwickelt, die zu Fehlbeurteilungen quasi einlädt.

Zweckmäßig ist es, Recherchen, auch wegen der damit verbundenen Kosten, in mehreren Stufen durchzuführen. Auch deshalb sollten Unternehmen ausreichend Zeit für die Markenfindung einplanen.

In einem ersten Schritt ist meistens eine Markenidentitätsrecherche sinnvoll. Diese kann vergleichsweise schnell und kostengünstig über eine spezielle Onlinedatenbank durchgeführt werden. Wenn erforderlich, kann über diese Datenbank nicht nur die markenrechtliche Situation in Bezug auf Deutschland, sondern auch in Bezug auf das Ausland beleuchtet werden. Mittels einer Markenidentitätsrecherche lässt sich feststellen, ob bereits identische angemeldete oder eingetragene Marken Dritter existieren. Wie der Name schon sagt, lassen sich mittels einer solchen Markenidentitätsrecherche aber grundsätzlich nur identische Marken finden.

Liefert eine Markenidentitätsrecherche keine Treffer, die der Benutzung und Registrierung der gewünschten eigenen Marke entgegenstehen, sollte in einem zweiten Schritt eine Markenähnlichkeitsrecherche durchgeführt werden. Kollisionen sind nämlich nicht nur mit identischen, sondern auch mit ähnlichen Marken Dritter möglich, wobei sich die Ähnlichkeit aus dem Klang, dem Schriftbild oder auch über eine begriffliche Übereinstimmung ergeben kann. Solche Ähnlichkeitsrecherchen bedürfen der Einschaltung hierauf spezialisierter Rechercheanbieter, die über das notwendige Know-how verfügen, um auch ähnliche Marken zu ermitteln, bspw. durch Trunkierungen des Suchbegriffs oder Rotationen von Wortbestandteilen. Erfahrungsgemäß liefern solche Markenähnlichkeitsrecherchen ein sehr umfangreiches Rechercheergebnis, welches dann einer sehr sorgfältigen Auswertung bedarf.

In einem weiteren Schritt sollten Firmenrecherchen durchgeführt werden, da kennzeichenrechtliche Auseinandersetzungen auch aus Firmen- und Geschäftsbezeichnungen resultieren können. Mittels einer Firmenrecherche werden die im Handelsregister eingetragenen Firmen und – wenn gewünscht – auch nicht eingetragene Geschäftsbezeichnungen überprüft.

Selbst bei Auswertung aller zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten verbleibt jedoch stets ein unternehmerisches Restrisiko. Auch bei aller Sorgfalt können Recherchen niemals hundertprozentig zuverlässig sein. Dies beruht darauf, dass einige Tage bis Wochen vergehen, bis neu angemeldete Marken in die Markendatenbanken Eingang finden und ermittelt werden können. Ferner können niemals alle theoretisch möglichen klanglichen, schriftbildlichen oder begrifflichen Ähnlichkeiten überprüft werden. Außerdem können Kennzeichenrechte Dritter unter bestimmten Voraussetzungen auch durch bloße Benutzung entstehen, ohne dass diese Kennzeichenrechte in irgendwelche recherchierbaren Register Eingang finden. Und schließlich hat die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zweier Zeichen stets einen subjektiven Charakter. Selbst eine die umfangreiche Rechtsprechung zur Verwechslungsgefahr berücksichtigende rechtliche Auswertung der Rechercheergebnisse stellt keine Garantie dafür dar, dass nicht in einem späteren Konfliktfall eine Behörde oder ein Gericht die Verwechslungsgefahr bejaht und dem Inhaber der älteren Rechte Ansprüche wegen Markenverletzung zugesteht. Die Durchführung von Recherchen erlaubt daher eine Abschätzung des unternehmerischen Risikos, kann dieses aber niemals völlig ausschließen.

Fazit und Praxistipp

„Gut Ding will Weile haben“, dies gilt auch bei der Auswahl einer neuen Produktbezeichnung. Vor Einführung einer Marke sollte in den entsprechenden Datenbanken recherchiert werden, ob bereits Rechte anderer Unternehmen an einem identischen oder ähnlichen Zeichen bestehen. Für derartige Recherchen sollte man mehrere Wochen veranschlagen. Aber der Aufwand lohnt sich. Ein einzigartiges Produkt hat einen einzigar-tigen Namen verdient.

Foto: panthermedia/Ernest Fisher

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