Artikel erschienen am 14.01.2016
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Der Notfall- oder Brandkoffer

Absicherung eines Unternehmens im Notfall – eine Dienstleistung Ihres Steuerberaters

Von Dipl.-Kfm. Jörg Bode, Braunschweig

In den meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen konzentrieren sich betriebsnotwendige Informationen auf wenige Personen, oftmals nur auf den alleinigen Inhaber oder Geschäftsführer. Fällt diese Person durch Unfall oder Krankheit unvermutet aus, stehen die betroffenen Unternehmen unvorbereitet vor akuten Problemen – mitunter gar vor dem Stillstand: Zugangsdaten und Zweitschlüssel fehlen, Informationen zu laufenden Projekten sind nicht bekannt, Fristen laufen unbemerkt ab, wichtige Verträge stehen nicht zur Verfügung. Um auf solche (Not-)Fälle so gut wie möglich vorbereitet zu sein, muss Geschäftsführern und Unternehmensinhabern empfohlen werden, einen „Brandkoffer“ in Form eines Notfallordners anzulegen. Diese Vorsichtsmaßnahme ist historisch betrachtet vergleichbar mit den gepackten Koffern, die besorgte Hausbesitzer beim Aufziehen eines Gewitters unter den Arm nahmen, um im Fall eines Blitzeinschlags alle wichtigen Dokumente zu retten oder mit dem Koffer, den unsere Eltern in den Bombennächten des 2. Weltkrieges in den Luftschutzkeller retteten. Der Brandkoffer bietet einem Stellvertreter oder Nachfolger, aber auch Angehörigen, mit all den dort hinterlegten Unterlagen und Informationen eine Grundlage dafür, dass nach dem „Blitzschlag“ – dem Ausfall der ersten Führungsperson – der Fortbestand des Unternehmens nicht unmittelbar auf dem Spiel steht. Damit wird das Schaffen eines Notfallkoffers auch schon aus der Verantwortung für das Unternehmen und alle Familienangehörigen zu einer absoluten Verpflichtung.

Der Brandkoffer muss nicht zwangsläufig ein Ordner sein. Je nach Umfang des Inhalts, wenn bspw. nur die notwendigsten Unterlagen enthalten sind, ist auch ein großer Briefumschlag oder ein Schnellhefter geeignet. In diesen Fällen ist die Aufbewahrung der Dokumentensammlung deutlich vereinfacht; es kommt dann sogar eine Lagerung im Bankschließfach infrage. Sofern das Unternehmen über ein Dokumentenmanagementsystem verfügt, können Unterlagen für den Notfallordner auch durchaus in digitaler Form vorgehalten werden; bspw. als gescannte PDF-Dokumente auf einer DVD, einem Speicherstick oder in einer speziell gesicherten Daten-Cloud.

Wurde von den Unternehmensverantwortlichen erst einmal die Entscheidung gefällt, einen solchen Brandkoffer zu erstellen, ist die erste wichtige (psychologische) Hürde bereits genommen. Viele Unternehmer scheuen sich, Vorbereitungen für den eigenen Unglücksfall zu treffen – solche Szenarien werden naturgemäß im Unterbewusstsein verdrängt. Erst wenn alle aktiv Beteiligten von der Notwendigkeit und dem Nutzen des Projekts überzeugt sind, kann ein dienlicher Notfallordner zur Absicherung des Unternehmensfortbestands entstehen.

In der Vorbereitungs- und Erstellungsphase sind weitere Voraussetzungen für einen wirksamen Notfallordner im Auge zu behalten. So muss die Vollständigkeit aller hinterlegten Dokumente gewährleistet sein. Da-rüber hinaus müssen die Daten und Informationen klar und verständlich sein. Weiter muss sichergestellt werden, dass alle Unterlagen und Informationen aktuell sind und bleiben. Oftmals geht die regelmäßig notwendige Aktualisierung im arbeitsintensiven Tagesgeschäft unter. Die Folge sind dann veraltete Dokumente, die die Arbeit eines Stellvertreters nach Eintritt des Notfalls erschweren und u. U. folgenreiche Fehlentscheidungen verursachen können.

Bei der Erstellung des Notfallordners muss gewährleistet sein, dass die Individualität des Unternehmens ausreichend berücksichtigt wird. Standardvorlagen aus Broschüren oder dem Internet, bei denen lediglich Eintragungen in vorbereitete Lücken vorzunehmen sind, führen zwar auf der einen Seite zu schnellen Ergebnissen. Auf der anderen Seite beinhalten sie aber auch das Risiko, dass für das Unternehmen spezielle Unterlagen und Daten fehlen oder unzureichend sind. Dies kann im Notfall negative Folgen haben, weil insbesondere die betrieblichen Besonderheiten die Stolpersteine für einen Stellvertreter im Fall der Fälle sein werden.
Da der Notfallordner betriebsinterne und teils sehr vertrauliche Informationen und Unterlagen enthält, ist nach der Erstellung sicherzustellen, dass er nicht in falsche Hände gerät und dadurch dem Unternehmen schadet, bevor er von Nutzen sein kann. Ein externer Aufbewahrungsort, bspw. beim Steuerberater des Unternehmens, kann dies gewährleisten. Dann müssen jedoch beim Steuerberater genaue Anweisungen vorliegen, an wen und unter welchen Umständen der Notfallordner herausgegeben werden darf (Tipp: Passwort vereinbaren). Zudem muss bei einer externen Aufbewahrung berücksichtigt werden, dass die regelmäßige Aktualisierung ebenfalls vereinbart und organisiert werden muss. Eventuell sollte dann dort nur eine Kopie verwahrt werden.

Wie sollte nun der Inhalt eines solchen Notfallordners aussehen? Im Rahmen dieses Artikels kann keine komplette Inhaltsliste abgebildet werden, dies sollte der Unternehmer ohnehin zusammen mit seinem „Mann des Vertrauens“ besprechen. Aber hier sind zumindest die Eckpfeiler als grundlegende Gliederungsempfehlung:

  • Titelblatt
  • Inhaltsverzeichnis
  • Benachrichtigungsliste
  • Unternehmensdokumente
  • Finanzdokumente
  • Vertragsdokumente
  • Unternehmensorganisation und -struktur
  • Zugangssysteme
  • Versicherungsdokumente
  • Geschäftspartnerlisten
  • persönliche Unterlagen.

Der Steuerberater als derjenige, der seinen Unternehmer-mandanten ohnehin gut kennt, kann eine Initialzündung geben, den Unternehmer „anschubsen“ und dann mit diesem gemeinsam die obige Gliederung mit Leben erfüllen und einmal im Jahr für eine Aktualisierung sorgen. Sprechen Sie als Unternehmer zu diesem Zeitpunkt über die Kosten eines solchen Projektes und vergessen Sie dabei nicht den wahren Nutzen dieses Ordners bei Eintreten eines Notfalles.

Fazit

Einen Notfallkoffer zu haben, ist bezahlbar, der Schaden, keinen zu haben, wird schnell unbezahlbar.

Bild: Panthermedia/Pavel Konovalov

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