Artikel erschienen am 11.01.2015
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Wachstum im Griff behalten

Von Dominic Groß, Braunschweig | Dimitrios Giannakopoulos, Braunschweig

Das Wachstum stellt Unternehmer vor viele externe und interne Herausforderungen. Extern sind insbesondere die Anforderungen des Gesetzgebers und der Finanzierungspartner im Blick zu behalten. Neben der Beachtung der handelsrechtlichen Größenmerkmale, die zu umfangreicheren gesetzlichen Informationspflichten führen, verlangen Investoren und Fremdkapitalgeber immer häufiger umfangreichere Unterlagen wie z. B. Konzernabschlüsse und Unternehmensplanungen. Intern sind insbesondere die Führungs- und Überwachungsprozesse sowie die Arbeitsabläufe anzupassen.

Das Unternehmenswachstum führt in der Regel zu einer stärkeren Einbindung des Unternehmers und seiner Führungskräfte in das operative Tagesgeschäft. Die Folge bei kleinen und mittleren Unternehmen ist häufig, dass der strategischen Unter­nehmens­ent­wick­lung zu wenig Aufmerksamkeit zukommt. Neben der Anpassung der Primärprozesse, welche im Wesentlichen das Kerngeschäft, also die Beschaffung, die Produktion und den Absatz bilden, gilt es die Aufgabenfelder Finanzierung, Controlling und Rating – sog. Sekundärprozesse – permanent im Blick zu haben, um dauerhaftes Wachstum zu erreichen.

Um die Sekundärprozesse möglichst aktuell, aussagekräftig und ressourcenschonend umzusetzen, empfiehlt es sich, insbesondere den kaufmännischen Prozess zu dokumentieren. Dies hat zum einen den Vorteil, dass die gelebten Strukturen dokumentiert und dadurch skalierbar gemacht werden. Zum anderen ist die Überprüfbarkeit und damit die kontinuierliche Verbesserung und Adaption des kaufmännischen Prozesses möglich.

Hierbei gilt es im Wesentlichen, die Erfassung sämtlicher Geschäftsvorfälle von der Beschaffung über die Leistungserstellung bis hin zur Fakturierung in der Finanzbuchhaltung zeitnah, vollständig und zuverlässig sicherzustellen, um jederzeit über den geschäftlichen Erfolg informiert zu sein. Auch unter dem Aspekt der im Jahr 2015 veränderten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoBD) wird die Dokumentation des kaufmännischen Prozesses von der Finanzverwaltung verlangt.

In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, im Rahmen der Prozessbeschreibung geeignete Kontrollen zu installieren, die neben der Vollständigkeit auch der Betrugsprävention dienen. Die für die Rechnungslegung wichtigen internen Kontrollen sind klare Zuständigkeiten, die schriftliche Dokumentation von Arbeitsanweisungen, eine ordentliche Vertretungsregelung sowie die Rechteverwaltung und die Umsetzung des Vier-Augen-Prinzips an sämtlichen risikobehafteten Schnittstellen. Diese können sein:

  • Keine Auslösung der Zahlung durch den Besteller
  • Vier-Augen-Prinzip bei der Zahlungsausführung
  • Zugriffsrechte bei der Stammdatenanlage definieren
  • rechnerische und sachliche Rechnungsprüfung
  • Wareneingangs- und Lagerkontrolle
  • unterjährige Inventuren.

Ein weiterer Erfolgsfaktor des Wachstums ist die Entwicklung geeigneter Controlling-Konzepte. Die Ressourcen eines Unternehmens in Phasen dynamischen Wachstums sind oftmals auf die Markterschließung, die Produkt- und/oder Dienstleistungsentwicklung sowie die Kundenakquise fokussiert. Der kaufmännische Teil des Wachstumserfolges wird dabei oft vernachlässigt. Dieses Defizit kann durch Controlling als zentrales Instrument zur Planung, Steuerung und Kontrolle entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens ausgeglichen werden. Controlling liefert entscheidungsrelevante Daten zur Planung des Wachstumsprozesses, Kontrolle vorgegebener Wachstumsziele und der Nachbetrachtung der Unternehmensentwicklung.

Mögliche Ansätze sind einerseits Zeitreihen- und Branchenvergleiche, welche die Detektion der endogenen und exogenen Veränderungen ermöglichen. Andererseits kann durch die Bildung von Quoten eine Sensibilisierung für Ressourcenfehlleitungen erreicht werden. Auch die Entwicklung individueller rechnungslegungsbezogener Kennzahlensysteme sowie eines Risikofrüherkennungssystems sind empfehlenswert und ab einer bestimmten Unternehmensgröße sogar zwingend erforderlich.

Anhand der identifizierten Kennzahlen können außerdem im Rahmen einer Unternehmensplanung Zielvorgaben für die verschiedenen Führungskräfte und Business-­Units vereinbart werden, wodurch die Komplexität der Unternehmenssteuerung beherrschbar gemacht wird.

Ein klarer und belegbarer kaufmänni­scher Prozess mit daraus abgeleiteten und gelebten Kennzahlensystemen und Kontrollen führt zudem zu einer wesentlichen Verbesserung der Verhandlungsposition mit den Finanzierungspartnern.

Abschließend wird empfohlen, den kaufmännischen Prozess und die Entwicklung geeigneter Überwachungsprozesse permanent der Unternehmensgröße anzupassen. Die nachträgliche Implementierung ist mit höherem Aufwand verbunden, insbesondere wenn externe Finanzierungspartner auf detaillierteren Auswertungen bestehen oder sich eine Unternehmenskrise abzeichnet. Häufig stehen dann nämlich die benötigten Ressourcen nicht mehr zur Verfügung.

Im Hinblick auf die Jahresabschlusserstellung und/oder die Erstellung der laufenden Finanzbuchhaltung ist die frühzeitige Einbeziehung des Steuerberaters bzw. Wirtschaftsprüfers ratsam, der zudem aufgrund seiner Fachkompetenz bei der Implementierung unterstützen kann.

Die Kodifizierung des kaufmännischen Prozesses, die Implementierung eines internen Kontrollsystems und die Entwicklung eines Controlling-Konzepts mit abgeleitetem Kennzahlensystem und Risikofrüherkennung führen außerdem regelmäßig zur Verbesserung des Ratings.

Wachstum im Griff behalten

  1. Dokumentation und Überprüfung des kaufmännischen Prozesses
  2. Implementierung eines geeigneten internen Kontrollsystems
  3. Aufsetzen eines unternehmensspezifischen Controlling-Konzepts
  4. Entwicklung individueller Kennzahlensysteme
  5. Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems
  6. Zusammenfassung der wichtigsten Kennzahlen und Steuerungsgrößen in einem Reporting-Tool und Analyse

Foto: Panthermedia/Riko Best, Mactrunk

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