Artikel erschienen am 01.02.2018
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Mehr Schutz für Geheimnisse

Die neue EU-Know-how-Richtlinie

Von Dipl.-Phys. Dr.-Ing. Jan Plöger, LL.M., Braunschweig | Jens Engberding, LL.M., Wolfsburg

Mit der rasanten technischen und informationstechnologischen Entwicklung haben für Unternehmen Informationen erheblich an Wert und Bedeutung gewonnen. Sie bestimmen nicht nur entscheidend den Marktwert eines Unternehmens, sondern können auch einen erheblichen wettbewerblichen Vorsprung vor Mitbewerbern bedeuten.

Für viele Unternehmen ist der Schutz ihrer Informationen daher essenziell. Dies zeigt sich beispielsweise in der Automobilindustrie. So haben die drei aktivsten deutschen Patentanmelder, nämlich die Robert Bosch GmbH, die Schaeffler Technologies AG & Co. KG und die Daimler AG, im Jahr 2016 beim Deutschen Patent- und Markenamt insgesamt rund 8 000 Patentanmeldungen eingereicht.

Geheimnisschutz für Nicht-Patentierbares

Neben dem Schutz von technischen Erfindungen sind Unternehmen allerdings auch darauf angewiesen, Informationen geheim zu halten und zu schützen, die nicht patentierbar sind. Hierzu zählen insbesondere das aufgrund langjähriger geschäftlicher Tätigkeiten gesammelte Know-how, Kundendaten, Kosten- und Preisinformationen oder Kontakte zu Geschäftspartnern. Derartige Informationen könnten mangels eines ausreichenden gesetzlichen Schutzes nur durch Geheimhaltung, also durch unternehmensinterne Maßnahmen oder mittels gesonderter vertraglicher Abreden zwischen Unternehmen und Unternehmensgruppen geschützt werden.

Durch die seit nunmehr rund einem Jahr geltende Know-how-Richtlinie 2016/943, die von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bis zum 09.06.2018 umzusetzen ist, kommen die Regelungen zum Geheimnisschutz in Bewegung.

Was ist neu, was bleibt?

Das beginnt mit einer neuen Definition von Geschäftsgeheimnissen: „Geschäftsgeheimnisse sind geheime Informationen, die kommerziellen Wert haben, weil sie geheim sind und die Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch die Person sind, die die rechtmäßige Kontrolle über die Informationen besitzt.“ Diese Formulierung knüpft an die deutsche Rechtsprechung an und überschneidet sich in vielen Aspekten mit dem bisherigen deutschen Begriffsverständnis. Es gibt aber auch entscheidende Ab­weichungen, die es erforderlich machen, dass Unternehmen ihre Regelwerke überprüfen und gegebenenfalls überarbeiten. So ist es nun erforderlich, dass Unternehmen „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ treffen. Dies führt zwangsläufig zu der Frage, welche Standards hierfür gelten und ob die bereits getroffenen Maßnahmen ausreichend sind oder geändert werden müssen.

Voraussetzung für mehr Schutz

Ganz neu ist die Forderung nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen allerdings nicht. In anderen Ländern, bspw. den USA mit dem Defend Trade Secrets Act von 2016, ist das seit vielen Jahren üblich. Es lohnt daher ein Blick auf die Erfahrungen dort. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist, dass der Kostenaufwand für „angemessene“ Geheimhaltungsmaßnahmen im Rahmen bleiben darf. Es ist daher zu erwarten, dass auch in Europa nur angemessene, nicht aber stets bestmögliche Vorkehrungen zum Geheimnisschutz getroffen werden müssen. Schließlich ist die Zielsetzung der Know-how-Richtlinie, dort einzugreifen, wo getroffene faktische Geheimhaltungsmaßnahmen versagt haben. Würde die Know-how-Richtlinie Maßnahmen erwarten, die ein Nachaußendringen von Informationen sicher verhindern, wäre die Richtlinie selbstredend entbehrlich.

Explizit vom Schutz durch die Know-how-Richtlinie ausgenommen sind solche Fälle, in denen Geheimhaltungsmaßnahmen in fahrlässiger Weise nicht oder offensichtlich unzureichend getroffen worden sind. Das neue Recht verbessert daher den Schutz derjenigen, die bereits jetzt mit Augenmaß ihre Geheimnisse schützen, es entbindet aber gerade nicht von eigenen Vorkehrungen.

Was ist zu tun?

Aus Unternehmenssicht sollte gleichwohl nicht darauf vertraut werden, dass die bisher getroffenen Maßnahmen ausreichend sind. Schlimmstenfalls droht die Nichtanwendbarkeit der Know-how-Richtlinie mit der Folge, dass betroffene Informationen ohne Sanktionen von Dritten verwendet werden dürfen. Es ist daher dringend anzuraten, die intern getroffenen Maßnahmen kritisch zu prüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten oder anzupassen.

Zunächst sollte die Frage geklärt werden, wer im Unternehmen für den Schutz von Informationen zuständig ist. Nur so lassen sich Kompetenzen bündeln und Reibungsverluste vermeiden. Sodann ist es erforderlich, geheim zu haltende Informationen im Unternehmen zu identifizieren und zu sammeln. Anschließend sind diese Informationen nach dem Grad ihrer Sensibilität zu bewerten und zu klassifizieren und darauf aufbauend die zu treffenden Geheimhaltungsmaßnahmen zu bestimmen. Eine ganz wesentliche Aufgabe ist in diesem Zusammenhang auch die Gestaltung von Verträgen mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern.

Fazit

Die wenigsten Unternehmen dürsten nach neuen gesetzlichen Vorgaben. Die gute Nachricht ist, dass die Know-how-Richtlinie den Schutz für solche Unternehmen verbessert, die sich ernsthaft schützen und dennoch Opfer von Geheimnisverrat werden. Wer über ein funktionierendes und den Anforderungen der Know-how-Richtlinie gerecht werdendes Geheimnisschutzkonzept verfügt, steht in Zukunft besser da. Es ist vorteilhaft, möglichst frühzeitig die eigenen Maßnahmen zu überprüfen oder externen Rat einzuholen.

Bild: Fotolia/Jr Casas

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