Artikel erschienen am 10.10.2019
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Ein guter Deal: M&A-Versicherungen

Vorteile für Käufer und Verkäufer bei Transaktionen

Von Dr. iur. Philipp Giessen, Düsseldorf | Dr. Matthias Lüttges, Düsseldorf

Transaktionsversicherungen sind inzwischen ein etabliertes Instrument, mit dem Deal-Risiken bei Unternehmenstransaktionen abgesichert werden können. Ein Beleg dafür ist der weitverbreitete Einsatz dieser Versicherungen bei Private-Equity- und strategischen Investoren weltweit. Der deutsche Raum ist hier keine Ausnahme.

Mithilfe einer Warranty & Indemnity (W&I)-Versicherung kann der Verkäufer die Transaktion abschließen, ohne Rückstellungen für eine etwaige Inanspruchnahme innerhalb der vertraglich vereinbarten Garantieperiode bilden zu müssen. Der erzielte Kaufpreis steht somit sofort vollständig und ohne Einschränkungen zur Verfügung. Doch auch der Käufer kann davon profitieren: Mithilfe der Police kann er die Transaktion über die vom Verkäufer gewährte Haftungsgrenze hinaus absichern – oftmals sogar bis hin zum vollen Kaufpreis. Zudem kann der Käufer im Falle der Akquisition eines Unternehmens von einem Teilhaber, der auch nach Verkauf im Management des Unternehmens verbleibt, im Schadenfall direkt gegen den Versicherer vorgehen, um Schadenersatz geltend zu machen. Selbst vor Arglist bzw. Betrug des Verkäufers kann die Police schützen. Der Transfer von Risiken auf eine Versicherung kann somit schnell und kosteneffizient zur Bewältigung von ansonsten oft nur schwer überwindbaren Deal-Hindernissen dienen. Die ursprünglich aus dem angelsächsischen Raum kommenden Transaktionsversicherungen haben aus diesem Grund in den letzten Jahren auch in die deutsche M&A-Praxis Einzug gehalten.

M&A-Deals häufiger versichert

So wurden 2018 erneut deutlich mehr Versicherungen zur Absicherung von Transaktionsrisiken abgeschlossen gegenüber dem Vorjahr. Inzwischen sind Deckungssummen von mehr als 1 Mrd. USD pro Transaktion möglich, da sich Private-Equity- und strategische Investoren zunehmend mit Versicherungen gegen Risiken im Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen absichern, insbesondere W&I-Versicherungen (s. Marsh 2019 Transactional Risk Insurance Report).

In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der Versicherer, die derartige Produkte für deutsche Deals anbieten, stetig erhöht. Zudem engagieren sich Versicherer vermehrt bei Produkten zur Absicherung bekannter Risiken, die von der Deckung der klassischen W&I-Versicherung häufig ausgeschlossen sind. Besonders große Nachfrage und gesteigerte Versicherungskapazität ist bei der Deckung bekannter Steuerrisiken zu beobachten. Darüber hinaus enthalten W&I-Versicherungen vermehrt Haftungserweiterungen, die in dieser Form in der Regel nicht zwischen Kaufvertragsparteien verhandelbar wären (z. B. längere Verjährungsfristen wie bis zu 10 Jahre für Ansprüche aus der Steuerfreistellung, bis zu 7 Jahre für Fundamentalgarantien und bis zu 3 Jahre für operative Garantien).

Nicht nur die Nutzung von Transaktionsversicherungen ist deutlich gestiegen (um 31 % 2018 gegenüber 2017), auch die Gesamtdeckungssumme der platzierten Versicherungen ist 2018 um 35 % auf 36,5 Mrd. USD gestiegen, was auf Volumen und Anzahl von Transaktionen bei großen und mittelgroßen Deals zurückzuführen ist.

Zunahme der Schadenmeldungen

Auch die Schadenmeldungen bei Warranty and Indemnity Versicherungen haben in Europa, im Nahen Osten und in Afrika (EMEA) seit 2016 erheblich zugenommen (s. Marsh 2019 Transactional Risk Insurance Claims Study). Der verzeichnete Anstieg von 2016 bis 2018 beträgt 293 %.

Die Claims Study ergab zudem, dass sich mehr als die Hälfte der im letzten Jahrzehnt eingegangenen Schadenmeldungen auf Steuersachverhalte (31 %) oder Bilanzgarantien beziehen (23 %). Die für die Schadenregulierung benötigte Zeit hat sich zwischen 2012 und 2017 außerdem erheblich verringert. Während diese beispielsweise 2012 in 100 % der Fälle noch mehr als zwei Jahre betrug, wurden 2017 in EMEA zwei Drittel der Anträge innerhalb von sechs Monaten bearbeitet und gezahlt.

Mehr Versicherer und bessere Deckungen

Außerdem gibt es bei großen Transaktionen mit einem Transaktionswert von über 1 Mrd. USD deutlich mehr Schadenmeldungen als bei kleineren Transaktionen. Der Grund dafür liegt in der höheren Komplexität von großen Transaktionen. Zudem betreffen solche Transaktionen größere Unternehmen mit grenzüberschreitendem Geschäft, was das Risiko generell weiter erhöht.

In der DACH-Region gab es bei 17 % der W&I-Policen Schadenmeldungen, die mehrheitlich Bilanzgarantien betrafen. Die Versicherer leisteten in der DACH-Region bei 84 % aller gemeldeten Schäden.

Da die Zahl der Versicherer stetig zunimmt, steigt auch der Wettbewerb in der Branche bei der Weiterentwicklung der W&I-Policen. Die Deckung der Versicherung ist daher immer breiter und besser geworden, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Ereignis als Schadenfall einzustufen ist. W&I-Versicherungen sind nicht länger nur Instrumente, die Transaktionen ermöglichen, sondern auch ein bewährtes Mittel zum Risikotransfer, da Käufer und Verkäufer das Produkt nutzen, um selbst höchst komplexe und grenzüberschreitende Transaktionen abzusichern.

Bild: Unsplash/Cytonn Photography

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