Artikel erschienen am 16.10.2019
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Zuwendungsrecht in der betrieblichen Praxis

Vermeidung von Fallstricken beim Umgang mit Fördergeldern

Von Dr. iur. Johannes Grüner, Düsseldorf

Betriebliche Investitionsvorhaben werden regelmäßig zumindest teilweise über staatliche Zuwendungen finanziert. Für das jeweilige Unternehmen hat dies den erheblichen Vorteil, die Kosten für ein Vorhaben nicht alleine schultern zu müssen. Allerdings gehen mit dem Erhalt einer Zuwendung auch zahlreiche Einschränkungen einher. Ein Verstoß gegen diese Vorgaben kann zu einer Rückforderung der Zuwendung durch die Bewilligungsbehörde führen. In der Praxis ist immer wieder festzustellen, dass Rückforderungen aufgrund von vermeidbaren Fehlern erfolgen.

Das Zuwendungsrecht hat eine immense wirtschaftliche Bedeutung: Jedes Jahr werden in Deutschland Milliardenbeträge an Zuwendungen vergeben. So hat bspw. die NRW.Bank im Jahr 2018 allein im Förderfeld „Wirtschaft“ Mittel in Höhe von rund 3,8 Mrd. Euro bereitgestellt.

Ungeachtet dieser finanziellen Dimensionen ist das Zuwendungsrecht vergleichsweise spartanisch geregelt. So existiert kein „Zuwendungsgesetz“; vielmehr ergibt sich der rechtliche Rahmen aus verschiedenen Regelungen einzelner Gesetze aus dem Haushalts- und Verwaltungsrecht.

Rechtliche Leitplanken für die Bewilligung einer Zu­wendung ergeben sich zunächst aus den Ver­wal­tungs­vorschriften zu § 23 und § 44 LHO, welche als „Ver­waltungs­binnenrecht“ gewissermaßen Handlungsanweisungen für die jeweiligen Bewilligungsbehörden beinhalten. Neben diese allgemeinen Vorgaben treten die in den jeweiligen Förderrichtlinien für einzelne Bereiche enthaltenen speziellen Regelungen. Auch diese Förderrichtlinien haben – ebenso wie die Verwaltungsvorschriften – zunächst einmal nur verwaltungsinterne Bedeutung, regeln aber im Detail, welche Voraussetzungen zum Erhalt einer Zuwendung in einem speziellen Bereich (z. B. zur Arbeitsplatzschaffung) erfüllt werden müssen. Die Vorgaben der jeweiligen Förderrichtlinien sind in der Praxis häufig streitentscheidend.

Voraussetzungen für eine Zuwendung

Die Gewährung einer Zuwendung setzt zunächst einmal voraus, dass der Empfänger einen entsprechenden Antrag stellt. In diesem Antrag muss insbesondere dargelegt werden, dass die Anforderungen der jeweiligen Förderrichtlinie eingehalten werden und dass auch alle weiteren Voraussetzungen für die Gewährung der Zuwendung gegeben sind. Bereits diese Antragstellung ist oftmals nicht ganz unproblematisch, da die entsprechenden Angaben häufig erhebliche Fachkenntnisse erfordern und Fehler bei der Antragstellung nach der Rechtsprechung auch bei sehr komplexen Fördervorhaben dazu führen können, dass die betreffende Zuwendung später ganz oder teilweise zurückgefordert wird. Im Zweifelsfall sollte deshalb bereits vor Antragstellung der Kontakt zur jeweils zuständigen Fördermittelbehörde gesucht werden. Gegebenenfalls kann darüber hinaus auch sachkundige Hilfe bei der Be­antragung einer Zuwendung in Anspruch genommen werden.

Ist der Antrag erfolgreich, ergeht ein sog. Zuwendungsbescheid, bei dem es sich juristisch um einen Verwaltungsakt gem. § 35 VwVfG handelt. Regelmäßig werden Zuwendungsbescheide mit zahlreichen Nebenbestimmungen verbunden, welche dem Zuwendungsempfänger eine ganze Reihe von Verhaltens- bzw. Unterlassungspflichten auferlegen. In erster Linie handelt es sich hierbei um die sog. Allgemeinen Nebenbestimmungen (ANBest), welche grundsätzlich dem Zuwendungsbescheid beigefügt werden.

Wesentliche Pflichten des Zuwendungsempfängers

Die aus den Nebenbestimmungen hervorgehenden Pflichten des Zuwendungsempfängers sind zahlreich und können hier deshalb nicht vollständig wiedergegeben werden. Ein paar „Klassiker“ sollen aber kurz erwähnt werden:

In der Praxis besonders streitanfällig ist die aus Ziff. 3 der ANBest resultierende Pflicht zur Beachtung von Vorgaben des Vergaberechts. Diese Regelung führt dazu, dass in der Praxis regelmäßig auch private Zuwendungsempfänger bestimmte Anforderungen des Vergaberechts beachten müssen, obwohl sie anders als Behörden grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Vergaberechts unterliegen.

Eine weitere Regelung, welche in der Praxis häufig zu Auseinandersetzungen führt, ist die Beachtung der sog. Zweckbindungsfrist: Sofern die Anschaffung eines Gegenstandes oder ein bestimmtes Projekt gefördert wird, wird im Zuwendungsbescheid regelmäßig ein Zeitraum definiert, während dessen der geförderte Gegenstand nur für den Zuwendungszweck verwendet werden darf. Eine Aufgabe der zweckentsprechenden Nutzung vor Ablauf des Zeitraums (bspw. durch eine Veräußerung) kann zur Rückforderung der Zuwendung führen.

Darüber hinaus sind Zuwendungsempfänger verpflichtet, der Zuwendungsbehörde unverzüglich alle für das geförderte Vorhaben wesentlichen Umstände unaufgefordert mitzuteilen. Sollte ein Zuwendungsempfänger also bspw. bei der Umsetzung eines geförderten Vorhabens feststellen, dass der Zuwendungszweck mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu erreichen ist, muss dies der Bewilligungsbehörde so schnell wie möglich mitgeteilt werden. In der Praxis treten in diesem Bereich häufig Schwierigkeiten bei der Veräußerung von Unternehmen (oder Anteilen) bei Förderungen auf, welche sich an kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) richten, wenn der Erwerber selbst kein KMU ist. Denn auch der Erwerber muss grds. die Fördervoraussetzungen erfüllen, um eine Rückforderung der Zuwendung zu vermeiden. Ebenfalls muss die Behörde frühzeitig informiert werden, wenn das geförderte Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollte.

Risiko einer Rückforderung

Im Falle eines Verstoßes gegen Vorgaben des Zuwendungsbescheids oder der Nebenbestimmungen kann die Bewilligungsbehörde die Zuwendung ganz oder teilweise zurückfordern. Dies kann bspw. der Fall sein bei einer arglistigen Täuschung über die fehlende För-derfähigkeit des Vorhabens oder auch nur bei unzutreffenden Angaben. Daneben ist ein Widerruf des Zuwendungsbescheids auch dann möglich, wenn der Zuwendungsempfänger gegen eine Auflage des Zuwendungsbescheids verstößt, er also etwa die Bewilligungsbehörde nicht rechtzeitig über eine wesentliche Änderung informiert. Ebenso wie die Gewährung der Zuwendung steht auch die Rückforderung der Zuwendung im Ermessen der Bewilligungsbehörde. Gegebenenfalls kann die Rückforderung sogar mit „Strafzinsen“ kombiniert werden.

Verteidigungsmöglichkeiten

Aufgrund der häufig erheblichen Summen, die im Falle einer Rückforderung im Raume stehen, lohnt es sich regelmäßig, einen etwaigen Rückforderungsbescheid genau zu prüfen und nicht vorschnell zu akzeptieren. Insbesondere in rechtlich komplexen Bereichen wie der Frage, ob und welche Regelungen des Vergaberechts anzuwenden sind, können durch eine vertiefte Prüfung des Rückforderungsbescheids häufig Verteidigungsmöglichkeiten gefunden werden. Darüber hinaus kann eine Bewilligungsbehörde eine Zuwendung auch nicht zeitlich unbegrenzt zurückfordern, sondern ist hierbei an bestimmte Verjährungs- und Verwirkungsfristen gebunden. Auch hierbei ergeben sich in der Praxis häufig Ansatzpunkte für eine Verteidigung gegen eine Rückforderung. Schließlich ist auch genau zu prüfen, ob und wenn ja wie die Bewilligungsbehörde das ihr zustehende Ermessen ausgeübt hat.

Bild: Unsplash/Michael Podger

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