Artikel erschienen am 01.11.2013
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Marken-Stolpersteine im Ausland

Wenn ein im Inland erfolgreicher Mittelständler ins Ausland expandiert, lauern markenrechtliche Gefahren. Die sollte man kennen.

Von Dipl.-Phys. Dr.-Ing. Jan Plöger, LL.M., Braunschweig

Die klassische Aufgabe der Marke ist es, das Vertrauen des Kunden in die Qualität eines Produkts zu schützen. Das Markenrecht regelt die Entstehung von Markenrechten und den Schutz gegen Verwendung gleicher oder ähnlicher Zeichen durch Dritte. Der Schutz durch eine Marke endet jedoch an den Staatsgrenzen. Das lässt Spielraum für solche Strategien, die Markenrechte zumindest überwiegend zur Behinderung einsetzen. So kann sich auch ein Dritter im Ausland auf ein Markenrecht berufen, der nie die Intention hatte, die Marke selbst zu benutzen. Zwar kennen die Markengesetze der meisten Länder Vorschriften, die einen solchen Missbrauch verhindern sollen, darauf verlassen sollte man sich aber nicht.

Die offene Flanke im Ausland

Viele Unternehmen melden eine Marke in einem Land dann an, wenn der Vertrieb bereits erfolgreich angelaufen ist. Eine parasitäre Strategie ist, eine Marke eines fremden Unternehmens, von dem man annimmt, dass es in naher Zukunft in ein bestimmtes Land expandieren will, selbst anzumelden und nur gegen einen saftigen Preis zu verkaufen.

Beispiel: Ein Pizzeriabetreiber sieht in den USA eine Restaurantkette, die unter der Marke

 

gegrillte Hähnchen verkauft. Er meldet das identische Zeichen beim spanischen Patent- und Markenamt und später beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt, dem Markenamt der EU, als EU-Marke an. Als die Restaurantkette in Europa auf den Markt gehen will, fordert der Pizzeriabetreiber 3 Mio. Euro für die Marke.

Was kann das so unter Druck gesetzte Unternehmen tun?

  1. Das Unternehmen könnte erstens die Marke kaufen. Das ist die schnellste, aber oft auch teuerste Variante. Die parasitäre Strategie des Pizzeriabetreibers wäre aufgegangen.
  2. Das Unternehmen könnte eine andere Marke in diesem Land verwenden. Das bedeutet oft einen hohen Aufwand beispielsweise für eine Neu-Kennzeichnung von Produkten, einen neuen Internetauftritt und modifizierte Bedienungsanleitungen. Zudem verwirren mehrere Marken internationale Kunden und können den eigenen Vertrieb behindern.
  3. Das Unternehmen könnte juristisch gegen die fremde Marke vorgehen. Die meisten Markengesetze kennen die „bösgläubige Markenanmeldung“: Wer eine Marke anmeldet, nur um einem anderen zu schaden, verliert seine Marke wieder.

Die Restaurantkette entscheidet sich für die letzte Variante – und verliert, da sie nicht in der Lage ist, die Bösgläubigkeit zu beweisen. Diese verkürzt dargestellte Geschichte widerstrebt dem Rechtsgefühl, aber sie zeigt mögliche negative Folgen einer zu späten Auslandsanmeldung.

Unlesbare Marken

Kennen Sie die Marke „宝 马“ (Gesprochen: Bao Ma. Unter dieser Marke verkauft BMW seine Wagen in China.)? Die meisten Europäer erkennen in den Symbolen chinesische Schriftzeichen, aber sie würden sie vermutlich nicht wiedererkennen. So geht es einem chinesischen Muttersprachler, der mit lateinischen Buchstaben ähnliche Schwierigkeiten hat. Und auch, wenn ein Deutscher Chinesisch lesen könnte, so lassen sich Bezeichnungen in der Muttersprache einfacher behalten. Es lohnt sich, die eigene Marke in die fremde Sprache zu übertragen.

Diese Idee muss nicht der Originator als Erster haben. So meldete ein Chinese die Marke Suo Lin Gen für Messer beim Chinesischen Markenamt an. Zum Glück bemerkte das die IHK Solingen und brachte die Markenanmeldung zu Fall. Gerade Mittelständler bemerken aber oft beim Markteintritt im Ausland, meist in China, dass ihre Marke bereits vergeben ist.

Die freie Domain

Die Vermarktung von Produkten erfolgt oft via Internet, eine gleichlautende Domain ist daher von hohem Wert. Die meisten Kunden vermuten, dass die Domain die Landesendung ihres Landes hat und nicht die des Landes, in dem der Hersteller seinen Sitz hat. Die Registrierung von Domains ist günstig, es ist daher leicht für Trittbrettfahrer, Domains auf fremde Marken anzumelden und für ihre Zwecke zu missbrauchen oder dem Markeninhaber zum Kauf anzubieten.

Fazit

Wer den Schritt ins Ausland geht, sollte weitblickend handeln und sich rechtzeitig alle notwendigen Marken und Domains sichern.

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