Gesetzliche Neuregelungen bei Zahlungsverzug
Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr
Von André Nickel, Halle (Salle | Jörg Schröder, Halle (SalleDie Neuregelungen in § 271a BGB schränken die Vertragsfreiheit bei der Vereinbarung von Zahlungsfristen ein.
„Ausdrückliche Vereinbarung“ für Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen
Zwischen Unternehmen können Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen nur durch ausdrückliche Vereinbarung geregelt werden, wenn die Zahlungsfrist zusätzlich für den Gläubiger nicht grob unbillig (nachteilig) ist. Wie genau eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen werden kann, lässt das Gesetz offen. In der bisherigen deutschen Rechtsprechung wird betont, dass ein Ausdrücklichkeitserfordernis Warnfunktion hat, weshalb dies nur dann erfüllt ist, wenn die Vereinbarung geeignet ist, „völlige Klarheit über die Rechtslage“ zu schaffen. Die Erklärung/Vereinbarung muss mit dem Bewusstsein abgegeben/getroffen werden, die Entgeltforderung erst mehr als 60 Tage nach Empfang der Gegenleistung verlangen zu können.
Ob eine solche ausdrückliche Vereinbarung in AGB geregelt werden kann, ist fraglich. Wenn die Vereinbarung und Einbeziehung der AGB für den konkreten Vertrag erfolgt und die Zahlungsfrist unübersehbar gestaltet (also nicht versteckt) ist, sollte eine Vereinbarung auch in AGB möglich sein.
Zahlungsfristen mit öffentlichen Auftraggebern
Beim öffentlichen Auftraggeber bedarf die Vereinbarung einer Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen einer ausdrücklichen Vereinbarung, die aufgrund der besonderen Natur oder der Merkmale des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist. Die Vereinbarung einer Zahlungsfrist mit einem öffentlichen Auftraggeber als Schuldner von mehr als 60 Tagen ist unwirksam.
Überprüfungs- und Abnahmefristen von mehr als 30 Tagen
Soweit Überprüfungs- und Abnahmefristen Einfluss auf die Erfüllung einer Geldforderung haben, darf die Höchstfrist nicht mehr als 30 Tage betragen. Etwas anderes gilt nur, wenn hierüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde, die für den Gläubiger nicht grob unbillig (nachteilig) ist.
Zahlungsfristen von mehr als 30 Tagen in AGB
Das Gesetz stellt klar, dass Zahlungsfristen von mehr als 30 Tagen in AGB „im Zweifel“ unwirksam sind. Weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass AGB-Klauseln mit solchen Zahlungsfristen insbesondere gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden, gilt die AGB-rechtliche Unwirksamkeitsregelung auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr.
Damit ist allerdings noch nicht geklärt, ob Zahlungsfristen von mehr als 30, aber weniger oder gerade 60 Tagen mit hervorgehobener Gestaltung in AGB möglich sind. Jedenfalls kann eine Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen unter denselben Voraussetzungen wie eine Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen vereinbart werden.
Vereinbarungen über den Verzugseintritt
Damit die gesetzlichen Grenzen zur Vereinbarung von Zahlungsfristen nicht durch eine Vereinbarung über den Verzugseintritt umgangen werden, gelten die Regelungen für die Vereinbarung von Zahlungsfristen in § 271a BGB entsprechend für Vereinbarungen über den Eintritt des Verzugs, die von den gesetzlichen Verzugsregeln in § 286 Abs. 1 – 3 BGB abweichen. Es bedarf danach einer ausdrücklichen Vereinbarung, wenn der Verzug mehr als 60 Tage nach Zugang einer Rechnung eintreten soll.
Erhöhung der gesetzlichen Verzugszinsen für Entgeltforderungen
Mit der gesetzlichen Neuregelung erfolgte auch eine Erhöhung der gesetzlichen Verzugszinsen für Entgeltforderungen aus Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist. Der Zinssatz für Entgeltforderungen beträgt nun 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Entgeltforderungen sind nur solche Forderungen, die auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind.
Verzugspauschale von 40 Euro für Entgeltforderungen
Als weitere gesetzliche Form des Verzugsschadens hat der Gesetzgeber neben den Verzugszinsen den Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro eingeführt. Voraussetzung des Anspruchs ist der Verzug mit einer Entgeltforderung, wenn der Schuldner kein Verbraucher ist. Die Pauschale kann auch verlangt werden, wenn die Entgeltforderung in einer Abschlagszahlung oder sonstigen Ratenzahlung besteht. Der Anspruch auf die Pauschale besteht unabhängig von der tatsächlichen Schadenshöhe, also auch, wenn ein Schaden nicht entstanden ist. Allerdings wird die Pauschale auf einen weiteren Verzugsschaden angerechnet, wenn dieser Rechtsverfolgungskosten betrifft und als solcher geltend gemacht wird.
Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen
Schließlich wird mit dem Gesetz geregelt, dass im Voraus getroffene Vereinbarungen unwirksam sind, die einen vollständigen Ausschluss des Verzugszinsanspruchs regeln. Vereinbarungen, die den Verzugszinsanspruch beschränken (also herabsetzen), sind unwirksam, wenn sie mit Blick auf die Belange des Gläubigers grob nachteilig sind. Der Ausschluss oder die Beschränkung des Anspruchs auf die Pauschale oder auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten ist unwirksam, wenn die Vereinbarung für den Gläubiger grob nachteilig ist. Die grobe Nachteiligkeit einer Vereinbarung über den Ausschluss der Kostenpauschale wird gesetzlich vermutet. Beruft sich also der Schuldner auf einen wirksamen Ausschluss des Anspruchs auf die Pauschale oder des Anspruchs auf sonstige Beitreibungskosten, muss er beweisen, dass der Ausschluss für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist.
Fazit
Insbesondere die Regelungen zur Vereinbarung von Zahlungsfristen können durchaus geeignet sein, Schuldner noch stärker zur unverzüglichen Zahlung anzuhalten. Die Vereinbarung weitreichender Zahlungsfristen wird durch das Gesetz erheblich erschwert. Allerdings können die Regelungen nur dort wirken, wo das Zahlungsverhalten tatsächlich vertraglich begründet ist. Beruht das Zahlungsverhalten jedoch auf wirtschaftlichen Gründen oder wird die Zahlung etwa durch unbegründete Mängelrügen verzögert, helfen die neuen gesetzlichen Regelungen durch geringfügige Erhöhung des gesetzlichen Verzugsschadens nur bedingt.