Artikel erschienen am 01.02.2014
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Steuerliche Fallstricke

bei der übertragenden Sanierung von Unternehmen außerhalb der Insolvenz

Von Dipl.-Kfm. Sven-Owe Vick, Hamburg | Dipl.-Kfm. Carsten Deecke, Hamburg

Es wird in der Praxis oft versucht, Unternehmen in der Krise unter Vermeidung der Insolvenz zu sanieren. Die Gründe hierfür sind vielfältig, oft geht es um bestehende Kundenverträge, die in der Insolvenz vom Kunden gekündigt werden, um den Ruf des Unternehmens oder um die Vermeidung von Haftungsgefahren für die Gesellschafter. Die Gesellschafter, Kreditgeber und Lieferanten sollen Beiträge zur Gesundung des Unternehmens leisten. Steuerlich gibt es bei einer solchen Eigensanierung jedoch viele Fallstricke, die den Sanierungserfolg gefährden oder sogar verhindern können. Einige wesentliche Themen werden im Folgenden kurz aufgeführt.

Untergang von Verlustvorträgen bei Kapitalgesellschaften

Wenn eine sanierungsbedürftige Gesellschaft auf eine andere übertragen wird, Gesellschafter aussteigen oder neue Gesellschafter beteiligt werden, kann ein Untergang bestehender Verlustvorträge bei der Gewerbe- und Körperschaftsteuer bei der zu sanierenden Gesellschaft die ungewollte steuerliche Folge sein.

Diese Folgen treten bei einer Anteilsübertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 % ein, d. h., wenn 30 % der Anteile übergehen, gehen 30 % der Verlustvorträge verloren. Ab einer Quote von mehr als 50 % gehen sogar sämtliche Verlustvorträge verloren. Pro-blematisch ist, dass auch mittelbare Übertragungen miteinbezogen werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Anteile des die Krisentochter besitzenden Mutterunternehmens übertragen werden.

Eine Ausnahme zu diesen Grundsätzen bildet z. B. nur die Verschonungsregelung. Durch die Verschonungsregelung ist es möglich, die Verluste dennoch abzuziehen, soweit sie die anteiligen (bei mehr als 25 % Erwerb) oder die vollen stillen Reserven (bei über 50 %igem Erwerb) übersteigen. Die Frage ist in der Praxis jedoch oft, ob ein Krisenunternehmen über bewertbare, noch nicht bereits in der Krise veräußerte stille Reserven verfügt, die das Finanzamt in der Höhe auch anerkennt.

Eine Vermeidung des Verlustuntergangs ist momentan noch durch eine Verschmelzung von einer Gewinngesellschaft auf eine Verlustgesellschaft möglich. Es sind jedoch schon Änderungen des Umwandlungssteuerrechts im Gange, die in Zukunft diese Möglichkeit nehmen könnten.

Sanierungsgewinn

Auf Basis des Sanierungserlasses der Finanzverwaltung von 2003 können auf Antrag des Krisenunternehmens unter bestimmten Voraussetzungen ertragsteuerliche Sanierungsgewinne gestundet oder erlassen werden. Diese Gewinne können infolge eines Forderungsverzichts der Gesellschafter, Kreditgeber oder Lieferanten entstehen. Das Unternehmen muss aber sanierungsfähig und der Schulderlass sanierungsgeeignet sein. Um diese Kriterien zu erfüllen, sollte man im Vorwege mit dem Finanzamt eine Abstimmung herbeiführen, am besten im Wege einer sogenannten verbindlichen Auskunft des Finanzamtes. Diese Anfrage sollte bei größeren Fällen mit einem Sanierungsgutachten nach dem Standard S6 des Instituts der Wirtschaftsprüfer unterlegt sein.

Der Sanierungserlass ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Ein steuerlicher Fallstrick könnte dadurch entstehen, dass die Europäische Kommission den Sanierungserlass als einen Verstoß gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot einstuft. Wenn das geschieht, hätte dieses verheerende Folgen. Alle Steuern, die bis dahin erlassen worden sind, müssten von der Bundesrepublik Deutschland mithilfe ihrer Behörden zurückgefordert werden.

Falls auch Lieferanten auf Teile ihrer Forderungen verzichten, muss das Krisenunternehmen die aus den Lieferantenrechnungen gezogenen Vorsteuern an das Finanzamt zurücküberweisen. Dies kann bei erheblichen Verzichten eine nicht zu vernachlässigende Liquiditätsbelastung in der Sanierung darstellen.

Grunderwerbsteuer

Sollten im Rahmen der Sanierung mehr als 95 % der Anteile an einem Krisenunternehmen mit Grundstücksbesitz übertragen werden, entsteht Grunderwerbsteuer. Diese 4,5 % (Hamburger Steuersatz) auf den Wert der Grundstücke können ebenfalls viel Liquidität kosten, die in der Sanierung fehlt.

Fazit

Bei Sanierungen von Unternehmen außerhalb der Insolvenz sind neben allen schwierigen wirtschaftlichen Themen und Verhandlungen, die zu bewältigen sind, erhebliche steuerliche Fallstricke vorhanden, die ins Sanierungskonzept einzuarbeiten sind. Wenn mit der Sanierung rechtzeitig begonnen wird, sollten die steuerlichen Folgen soweit wie möglich mit dem Finanzamt vorbesprochen und geklärt werden.

Foto: panthermedia/Matthias Ledwinka

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