Shoot-out on the Plantation
Konfliktlösungsmechanismen in Equity Joint Ventures
Von Dr. iur. Edzard A. Schmidt-Jortzig, Hamburg1. Definition von Deadlocks
Ausbalancierte Machtstrukturen im Equity Joint Venture bergen das Risiko von Blockaden, die oftmals eine systembedingte Überlegenheit des passiven JV-Partners schaffen und negative Anreize für geschäftliches Engagement bilden. Auf Gesellschafterebene kann dies durch paritätische Beteiligungsstrukturen („50/50-Joint-Venture“) sowie gesetzlich oder vertraglich festgelegte qualifizierte Mehrheitserfordernisse geschehen, in der Geschäftsführung etwa durch interne Abstimmungserfordernisse oder die Vereinbarung einer gemeinschaftlichen Vertretungsbefugnis, wenn jeder JV-Partner einen Geschäftsführer stellt.
Um eine Überbeanspruchung von Konfliktlösungsmechanismen zu vermeiden, sollten nur erhebliche Fälle als sog. Deadlocks festgelegt werden. Neben den obligatorischen Verhinderungen von Beschlussfassungen in Gesellschafterversammlung oder in der Geschäftsführung bei bestimmten Gegenständen kommen z. B. der ergebnislose Verlauf von Verhandlungen zwischen den Mitgliedern des blockierten Organs und/oder den Geschäftsführern der JV-Partner in Betracht. Erst mit dem Eintritt eines so definierten Deadlocks greifen die nachfolgenden Konfliktlösungsmechanismen ein.
2. Konfliktlösungen im Rahmen des Joint Ventures
Vorzugswürdig erscheinen zunächst Konfliktlösungsmechanismen innerhalb des Joint Ventures, die den Bestand des Gemeinschaftsunternehmens nicht infrage stellen, sondern allenfalls bis zur Lösung der Streitfrage eine gewisse Verzögerung im Geschäftsablauf hervorrufen.
Verzichten die Partner auf spezielle Regelungen und vertrauen darauf, dass der mit einer Blockadesituation verbundene wirtschaftliche Druck einen faktischen Einigungszwang bewirkt, wird dies als Ad-hoc-Lösung bezeichnet. Hierbei handelt es sich um das denkbar einfachste Verfahren, allerdings mit unkalkulierbarer Verfahrensdauer und recht zweifelhaften Erfolgsaussichten.
Eine Erweiterung stellt die sog. schematische Einigung dar, bei der bestimmte Konflikte antizipiert und eine Einigung fingiert wird. So könnte für den Fall, dass keine abweichende Regelung getroffen wird, z. B. eine jährliche Thesaurierung (oder Ausschüttung) der Gewinne vereinbart werden.
Da solche Lösungen aber nur für eine begrenzte Anzahl von Situationen zur Verfügung stehen und im Zweifel nicht im Vorhinein absehbar ist, ob die vorausgesehene Konfliktlösung im dann bestehenden Kontext sachgerecht ist, haben sie oftmals suboptimale Ergebnisse zur Folge, die bei substanziellen Fehleinschätzungen die Folgen einer Blockade im Einzelfall sogar übertreffen können. Wie bei der Ad-hoc-Lösung handelt es sich jedoch prinzipiell um ein unaufwendiges Verfahren, welches ggf. in Kombination mit anderen Konfliktlösungsmechanismen zumindest in bestimmten klar vorhersehbaren Situationen angewendet werden kann. Flexibler ist das Swing-Man-Verfahren; hierbei handelt es sich um ein beschleunigtes Schiedsverfahren, bei dem die JV-Partner vorab einen (oder mehrere) Dritte als Schiedsrichter, z. B. als ständigen Beirat, bestimmen.
Der Swing Man bekommt im Konfliktfall Entscheidungsvorschläge beider JV-Partner vorgelegt. Je nach Vereinbarung (1.) entscheidet der Swing Man nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung der Vorschläge, (2.) wählt einen der beiden Vorschläge aus (Baseball Arbitration) oder (3.) entscheidet zunächst nach eigenem Ermessen ohne Kenntnis der Vorschläge, wobei der dem Schiedsspruch am nächsten kommende Vorschlag gewinnt. Im Gegensatz zum Swing-Man-Verfahren, das sich eher für einfache und klar umrissene Streitfragen eignet, dient das reguläre Schiedsverfahren der Beilegung komplexerer Konfliktfälle. In diesem zeit- und kostenaufwendigen Verfahren können komplexe Sachverhalte umfassend aufgearbeitet und ggf. auch unter Hinzuziehung von Sachverständigen gewürdigt werden.
3. Konfliktlösung durch Beendigung des Joint Ventures
Lässt sich eine Einigung im Rahmen des Joint Ventures nicht erreichen, kommt dessen Beendigung in Betracht. Dies kann zunächst freiwillig durch einen der beiden Partner erfolgen. Je nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag sind hier entweder ein Ausscheiden (z. B. durch Einziehung) nach ordentlicher Kündigung oder eine Anteilsveräußerung an den anderen JV-Partner bzw. einen Dritten denkbar. Dies setzt aber stets ein Nach- bzw. Aufgeben eines JV-Partners voraus. Sollen dessen Anteile veräußert werden, ist regelmäßig die Zustimmung des anderen Partners erforderlich, zudem erschwert die spezifische Ausrichtung des Joint Ventures oftmals die Suche nach einem Käufer.Bei der gemeinschaftlichen Beendigung durch beide Partner stehen etwa Abspaltung, Aufspaltung, Ausgliederung oder als Maßnahme mit Einzelrechtsnachfolge die Realteilung zur Verfügung. Bei all diesen Vorgängen ist indes ein Einvernehmen der JV-Partner über die Aufteilung der Wirtschaftsgüter erforderlich.
Denkbar sind auch Auflösung und Liquidation sowie eine gemeinsame Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile an einen Dritten (Trade Sale). Bei allen Maßnahmen sollten steuerliche Belastungen, z. B. durch die Auflösung stiller Reserven, im Auge behalten werden; zudem ist bei der Liquidation vor der Vermögensverteilung das gesetzlich vorgesehene Sperrjahr zu beachten.
Beim Forced Sale hingegen kann im Konfliktfall jeder JV-Partner die gemeinsame Veräußerung erzwingen, wobei diese üblicherweise in einem Bieterverfahren stattfindet; ob die JV-Partner daran teilnehmen können, obliegt der Parteivereinbarung. Der Forced Sale bietet zwar eine ausgewogene Lösung, allerdings ergeben sich wegen der unwiederbringlichen Beendigung der Partnerschaft hohe Ausübungshürden.
Zwischen den JV-Partnern kann die Konfliktlösung auch durch Put-(Veräußerungs-) und/oder Call-(Erwerbs-)Optionen erfolgen. Die einseitige Einräumung solcher Optionen (ein JV-Partner erhält eine Call-, der andere eine Put-Option) dürfte zumindest bei 50/50-Joint-Ventures kaum interessengerecht sein. Erhalten beide JV-Partner „gekreuzte“ Put- und Call-Optionen, birgt dies das Risiko eines Wettrennens, da der zuerst Ausübende im Vorteil ist. Dies kann zu einer vorschnellen Optionsausübung führen, obwohl objektiv noch eine Streitbeilegung möglich wäre.
Alternativ kann das Russian-Roulette- oder Standard-Buy-Sell-Verfahren herangezogen werden, bei dem gestufte Put- und Call-Optionen vergeben werden. Dabei bietet ein JV-Partner auf die Beteiligung des anderen oder offeriert den eigenen Anteil. Der andere kann das Angebot entweder annehmen oder die gleiche Option für den jeweils anderen Anteil zum selben Betrag ausüben. Dieses bietet eine einfache und gerechte Preisfindung ohne Bewertungsverfahren, bevorzugt aber den finanzkräftigeren JV-Partner.
Eine Variante dazu bildet der Texan-Shoot-out, bei dem ein JV-Partner auf den Anteil des anderen bietet. Dieser kann das Angebot annehmen oder durch ein eigenes Gegenangebot den Anteil des ersten JV-Partners überbieten. In letzterem Fall beginnt ein sog. Blind-Auction-Verfahren, bei dem beide Partner verdeckte Angebote gegenüber einem neutralen Dritten abgeben; das höhere oder – bei entsprechend vereinbarten weiteren Geboten – das letzte Angebot gewinnt.
Fazit
Jedes Equity Joint Venture birgt wegen der gesellschaftsrechtlichen Bindungen erhöhte strukturelle Risiken in Konfliktfällen. In der Praxis haben sich für diese Fälle verschiedene Lösungsmechanismen bewährt, die im Falle von Deadlocks zu praktikablen, interessengerechten Lösungen führen können. Von den teilweise etwas martialisch anmutenden Bezeichnungen sollte man sich dabei nicht abschrecken lassen!
Fotos: Panthermedia/Christos Georghiou
- Schlagwörter
- Konfliktlösung|
- Joint-Ventures|
- Texan-Shoot-out|
- Mindmap
- Finanzen Steuern Recht
- Hamburg 2015