Artikel erschienen am 03.02.2016
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Ratenzahlungen mit Kunden in der Krise

Die Anfechtbarkeit von Zahlungen im Rahmen der InsO

Von Dipl.-Ing. Andreas Eschler, M.A. Sc., Hamburg | Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Konrad Martin, Hamburg

Die Vereinbarung von Ratenzahlungen galt in der Vergangenheit stets als probates Mittel, um im Geschäftsverkehr Regelungen bzw. Zahlungsvereinbarungen zu treffen, die den Schuldner der Zahlung in die Lage versetzen, seiner Verpflichtung auch entgegen ursprünglich vereinbarter Zahlungsziele nachzukommen. Diese Gründe können und konnten dabei vielfältigster positiver und negativer Natur sein: von massiver Expansion des Geschäftes bis hin zum Ausfall eines Kunden des Schuldners, von aktuell anstehenden Linienverhandlungen mit den Banken bis hin zu Nachfolgeregelungen.

Risiken der Ratenzahlung

Im gewerblichen Miteinander ist es durchaus üblich, dass sich gewollt auch größere Abhängigkeiten zwischen Kunden und Lieferanten ergeben und dass dabei auch gegenseitig Vertrauen aufgebaut wird. Aber diese bewährte Praxis wird durch die BGH-Rechts­prechung ad absurdum geführt. Durch diese hat § 133 der Insolven­zord­nung (InsO) eine massive Aus­weitung seines An­wendungs­bereiches erfahren und insbe­sondere nach Ergehen eines spezifischen Urteils (BGH, Urt. v. 06.12.2012 – Az. IX ZR 3/12 – sog. „Nikolaus­ent­scheidung“) haben sich viele Insolvenz­ver­walter aufgemacht, die Masse durch Anfechtung von bis zu 10 Jahren zurückliegenden Sach­ver­halten zu mehren.

Jüngste Rechtsprechung mit extremem Risiko

Zum Sachverhalt, der dem o. g. Urteil zugrunde liegt, kann kurz gefasst festgestellt werden, dass der Gläubiger dazu verurteilt wurde, sämtliche Zahlungen, die er in einem gewissen Zeitraum bis zur Insol­venz­antrag­stellung in Teil­leistungen erhalten hatte, wieder auszukehren, da der Gläubiger aufgrund der Umstände Kenntnis von der Liquidi­täts­situation seines Schuldners haben musste. Hierfür reicht es bereits aus, wenn der Gläubiger die Liquidi­täts­lage des Schuldners wenigstens laienhaft beurteilen kann. Das sollte unter Geschäftsleuten wohl i. d. R. zu erwarten sein. Hinzu kommt eine für den Gläubiger nachteilige Beweis­last­umkehr: Wenn der Gläubiger wenigstens Kenntnis von Umständen hatte, aufgrund derer er auf eine zumindest drohende Zahlungs­unfähigkeit seines später insolventen Geschäfts­partners schließen musste, muss nicht der Insol­venz­verwalter beweisen, dass der Gläubiger Kenntnis einer Zahlungs­unfähig­keit gehabt hat, sondern der Gläubiger muss belegen, dass er eben diese nicht gekannt hat.

Das Schaubild soll veranschaulichen, wie einfach es heute ist, sich angesichts der vorstehend dargestellten BGH-Rechtsprechung Anfechtungsansprüchen nach § 133 InsO ausgesetzt zu sehen.

Künftige Gesetzgebung weiterhin mit Risiko

Der Gesetzgeber scheint erkannt zu haben, dass diese Rechtsprechung über das Ziel hinausschießt. Er erarbeitet daher ein Gesetz zur Verbesserung der Rechts­sicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenz­ordnung und nach dem Anfechtungs­gesetz. Auch wenn der Gesetzgeber mit der Über­arbeitung des § 133 InsO eine Senkung der Anfechtungsfrist auf 4 Jahre und wieder eine Beweis­lastumkehr zugunsten des Gläubigers anstrebt, bleibt das Risiko erheblich. Denn regel­mäßig wird die Bitte um die Gewährung einer Raten­zahlung mit einer Begründung versehen sein, welche auf Zahlungs­schwierigkeiten des Schuldners hinweist, d. h., sie entspringt der Notwendigkeit einer realen wirtschaftlich schwierigen Situation, die dann wiederum vom anfechtenden Insolvenzverwalter zum Anknüpfungspunkt für eine Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO gemacht werden kann.

Ratenzahlungsvereinbarungen werden von der Rechtsprechung besonders kritisch gesehen, wenn sie unter Druck abgeschlossen werden, also z. B. bei Androhung von Zwangsmaßnahmen oder Stellung eines Insolvenzantrages. Die dann vom Schuldner geleisteten Zahlungen werden von der Rechtsprechung in solchen Fällen als sog. (inkongruente) Druckzahlungen qualifiziert, welche von einem Insolvenzverwalter nahezu stets erfolgreich angefochten werden können.

Zahlungsunfähigkeit bei Ratenzahlungen

Sind Ratenzahlungsvereinbarungen überhaupt noch sinnvoll möglich?

Als Konsequenz aus dem vorstehend Ausgeführten kann im Grunde nur empfohlen werden: Helfen Sie keinem Geschäftspartner durch Ratenzahlungsvereinbarungen aus der Krise! Letztlich hilft es dem Gläubiger nur, wenn er Einsicht in die Unterlagen seines Schuldners nimmt und auf dieser Basis zu dem Schluss gelangt, dass entweder keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt (bzw. diese durch den Abschluss der angedachten Ratenzahlungsvereinbarung beseitigt wird) oder dass sämtliche Gläubiger des Schuldners exakt gleich behandelt werden. In der Praxis sind diese Anforderungen wohl kaum zu erfüllen!

Als Schlussfolgerung kann festgehalten werden, dass derjenige, der heute eine Ratenzahlungsverpflichtung mit einem Schuldner eingeht, sich damit dem Risiko aussetzt, in den nächsten zehn – künftig zumindest vier – Jahren im Zuge eines Insolvenzverfahrens, gleich aus welchem Grund, mit der vollständigen Rückzahlung durch An­fech­tung konfrontiert zu werden.

Wenn Sie ungeachtet der aufgezeigten An­fech­tungs­risiken gleichwohl eine Raten­zahlungs­verein­barung mit Ihrem Schuldner schließen wollen (z. B., weil Sie mit diesem in einer langjährigen Geschäfts­ver­bindung stehen und ihn in einer schwierigen wirt­schaftlichen Situation schlicht nicht „hängen lassen“ wollen), ist folgende Vorgehensweise anzuraten:

Treffen Sie eine eindeutige, realistisch erfüllbare Ratenzahlungsvereinbarung hinsichtlich der bisher aufgelaufenen Forderungen. Stellen Sie sicher, dass bei künftigen Zahlungen klar ist, ob diese auf die Ratenzahlungsvereinbarung oder auf neue Forderungen erfolgen.

Achten Sie darauf, dass Ihr Schuldner jeweils einen wiederkehrenden, festen Betrag mit einem bestimmten Verwendungszweck (z. B. „Zahlung gem. Zahlungs­verein­barung“) überweist; möglich ist auch ein Rateneinzug im SEPA-Lastschriftverfahren.

Wenn die Forderungen gegen den Schuldner kreditversichert sind, ist begleitend eine Absprache mit dem Kreditversicherer zu treffen, wonach diese Verfahrensweise den Versicherungs­schutz für die Forderungen, welche mit der Raten­zahlungs­vereinbarung bedient werden, nicht entfallen lässt.

Neue Leistungen ab der Raten­zahlungs­verein­barung sollten nur noch gegen Vorkasse erbracht werden. Dies gilt dann insolvenzrechtlich als „Bar­geschäft“ und die erhaltenen Zahlungen können im Nachhinein vom Insolvenz­verwalter nur unter erschwerten Bedingungen angefochten werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Zahlung und die Leistung in einem engen zeitlichen Rahmen erfolgen, welcher zwei Wochen nicht übersteigen soll.

Wenn Ihr Schuldner die Raten­zahlungs­verein­barung nicht einhält oder wenn es zum Auflaufen neuer Rückstände kommt bzw. keine Vorkassen­zahlung erfolgt, sollten die Leistungen an ihn eingestellt werden, da dann das Risiko einer Anfechtung der noch erhaltenen Zahlungen durch einen späteren Insolvenz­verwalter zu groß ist. Und schließlich: Dokumentieren Sie nicht im Schrift- oder E-Mail-Verkehr, dass Sie Kenntnis von den schwierigen wirtschaftlichen Verhält­nissen Ihres Geschäfts­partners haben. Unterlassen Sie es insbesondere, mit Zwangs­maßnahmen oder gar der Stellung eines Insolvenz­antrages zu drohen.

Grafik: PantherMedia/yskiii

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