Artikel erschienen am 07.09.2020
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Corporate Social Responsibility

Herausforderung und Chance für Unternehmen

Von Nils Borcherding, Hamburg | Ellen Simon-Heckroth, Hamburg

Unternehmen sind heute mehr denn je gefordert, nachhaltig zu handeln und über ihre Leistungen im Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) zu berichten. Nachfragen von Kunden, Anforderungen von Investoren und Ratingagenturen als auch gesetzgeberische Initiativen sind hierbei die wichtigsten Treiber. Unternehmen können diese Entwicklungen als Bürde zusätzlicher Regulierungen aber auch als Chance sehen, neben ökonomischen auch ökologische und soziale Aspekte der unternehmerischen Entfaltung in ihr Geschäftsmodell zu integrieren und damit die Nachhaltigkeitsleistungen des Unternehmens zu erhöhen. Mit einer entsprechend transparenten und authentischen Unternehmensberichterstattung über diese Nachhaltigkeitsleistungen können sich Unternehmen im Wettbewerb um Mitarbeiter, Kunden und Kapital besser positionieren, mittel- und langfristig den Unternehmenserfolg steigern und resilienter gegen Krisen werden.

Verantwortung der Unternehmen

Derzeit vergeht kaum eine Woche, in der nicht über Themen wie den Klimawandel, die Degeneration von Ökosystemen oder einen ungleichmäßig verteilten Wohlstand öffentlich berichtet wird. Hier tragen auch Unternehmen eine besondere Verantwortung, z. B. mit ressourcen­effizienten Produktionsverfahren, der Herstellung umweltschonender Produkte und sozialver­antwortlichem Handeln. Dieser Verantwortung stellen sich viele Unternehmen seit Jahren.

Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, Unternehmenserfolge zunehmend umwelt- und sozialverträglich zu erzielen, was in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Geschäftsmodell des Unternehmens steht; denn zu guter Letzt bedeutet das, neben ökonomischen auch ökologische und soziale Aspekte in die Unternehmensführung einzubeziehen und die Auswirkungen des unternehmerischen Handelns auf die Anspruchsgruppen, wie Kunden, Mitarbeiter oder soziale Gemeinschaften zu bewerten. Beispielhaft sei hier die Entscheidung der BASF SE angeführt, die jüngst aus ökologischen Gründen eine neue Fabrik in Polen statt in China errichtete.

Unternehmen können einen entscheidenden Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Umwelt und Gesellschaft leisten und dies verbunden mit einer Realisierung direkter Vorteile für das Unternehmen selbst. Die Möglichkeit zu einer kurzfristigen Steigerung von Gewinnen durch Kosteneinsparungen sowie Effizienzverbesserungen auf der Grundlage von z. B. verringerten Energieverbräuchen oder Rohstoffeinsätzen wird dabei schnell erkannt. Die Chance auf wesentliche Wettbewerbsvorteile, wie bspw.

  • Erhöhung der Wahrnehmung als verantwortungsvoll geführtes Unternehmen
  • Erhalt und Stärkung der Reputation der Marke(n)
  • Erhalt und Steigerung der Marktkapitalisierung
  • Positionierung als attraktiver Arbeitgeber
  • Erhalt oder Gewinnung von Kundenbeziehungen
  • Vermeidung von Benachteiligungen bei Ausschreibungen von öffentlichen Auftraggebern,

hat jedoch eine mittel- und ggf. langfristige Wirkung auf den Unternehmenserfolg und ist daran geknüpft, dass Unternehmen ggf. ihre Geschäftsmodelle verändern, neue Dienstleistungen, Produkte und Märkte angehen und auf eine sich verändernde Welt strategisch reagieren.

Umfassende und transparente Unternehmensberichterstattung

Um wesentliche Wettbewerbsvorteile, aufbauend auf einer vorherigen CSR-Verankerung im Geschäftsmodell, zu realisieren, sollten Unternehmen ein nachhaltiges unternehmerisches Handeln als Chance verstehen und letztlich über ihre Nachhaltigkeitsleistungen auch umfassend und transparent berichten. Hierbei ist beachtlich, dass eine mangelhafte und ggf. schönfärberische Berichterstattung mitunter zu verheerenden Folgen für Unternehmen führen kann. Als einer der weltweit bekanntesten Fälle wird der Untergang der Tiefsee-Ölplattform Deepwater Horizon gesehen. Der Ölkonzern BP präsentierte sich zu der Zeit als ein nachhaltig agierendes Unternehmen, war jedoch aufgrund vernachlässigter Sicherheitsmaßnahmen mitverantwortlich für eine der größten Umweltkatastrophen in der Geschichte der USA. Als Folge brach der Börsenkurs des Unternehmens ein und die Reputation des Unternehmens wurde stark geschädigt.

Nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung – Pflicht

Der europäische wie der deutsche Gesetzgeber haben legislative Maßnahmen zur Unternehmensberichterstattung ergriffen. So wurde auf der Grundlage der Europäischen Richtlinie 2014/95 EU ein bestimmter Kreis von Unternehmen vom deutschen Gesetzgeber durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz zu einer nichtfinanziellen Unternehmensberichterstattung verpflichtet. Danach sind diese Unternehmen verpflichtet, in ihrem (Konzern-)Lagebericht eine nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung abzugeben. Dieser Verpflichtung unterliegen große kapitalmarktorientierte Gesellschaften sowie große Kreditinstitute und Versicherungen, jeweils mit mehr als 500 Arbeitnehmern. Gegenstand dieser nichtfinanziellen Erklärung sind Angaben mindestens zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung. Von entscheidender Bedeutung für die Glaubwürdigkeit des nachhaltigen Handelns des Unternehmens und damit der Berichterstattung ist, dass das Unternehmen über Konzepte zu den oben genannten Belangen verfügt. Dies beinhaltet u. a. die Darstellung von Zielen, von den zu ergreifenden oder bereits ergriffenen Maßnahmen und die Berichterstattung im Zeitablauf über den Stand der Maßnahmenrealisierung und deren Ergebnisse.

Nachhaltigkeitsbericht – Kür

Unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung können Unternehmen mögliche Wettbewerbsvorteile ebenso realisieren, indem sie mit einem freiwillig aufgestellten Nachhaltigkeitsbericht über ihre Nachhaltigkeitsleistungen berichten.

Für die formale, inhaltliche und zeitliche Gestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung bestehen keine verbindlichen Regelungen, jedoch haben sich in den beiden letzten Jahrzehnten auf internationaler, europäischer und deutscher Ebene diverse Organisationen gebildet, die entsprechende Rahmenwerke erstellt haben und die es dem Anwender ermöglichen, einen umfassenden und transparenten Nachhaltigkeitsbericht aufzustellen. Als bedeutsamstes nationales Rahmenwerk zur Standardisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist der Deutsche Nachhaltigkeitskodex anzusehen. Das weltweit und in Deutschland am häufigsten angewandte Rahmenwerk sind die GRI-Standards. Darüber hinaus findet die Anwendung der Prinzipien des United Nations Global Compact (UNGC) sowie der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen zunehmend Eingang in die Nachhaltigkeitsberichterstattungen.

Den Rahmenwerken lässt sich regelmäßig entnehmen, nach welchen Prinzipien eine Berichterstattung zu erfolgen hat, wie die Wesentlichkeit zu bestimmen ist und welche Angaben erforderlich sind. Insbesondere hinsichtlich der nicht­finanziellen Leistungsindikatoren bestehen bei den GRI-Standards detaillierte qualitative und quantitative Vorgaben. Aber auch bei dieser Form der Berichterstattung kommt der glaubwürdigen Darstellung der Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten im Geschäftsmodell des Unternehmens eine entscheidende Rolle zu.

Fazit und Ausblick

Der Schlüssel einer glaubwürdigen nichtfinanziellen Berichterstattung liegt in der ernsthaften Verankerung und Verfolgung von Nach­haltig­keits­zielen im Geschäftsmodell des Unter­nehmens und einer authentischen und transparenten Berichterstattung über die ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen der unternehmerischen Tätigkeit.

Es ist davon auszugehen, dass der europäische und in Folge auch der deutsche Gesetzgeber zukünftig einen weiteren Kreis von Unternehmen in die gesetzliche Pflicht zur nichtfinanziellen Berichterstattung einbeziehen wird. So hat die EU-Kommission im März 2018 einen Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ mit konkreten Maßnahmen für ein nachhaltigeres Wirtschaftswachstum vorgelegt. Erste Initia­tiven zur Umsetzung dieser Maßnahmen (z. B. zur Entwicklung einer EU-Taxonomie zwecks Einstufung einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit von Unternehmen oder zu Referenzwerten für CO2-arme bzw. -günstige Investitionen in Finanzprodukte) wurden angestoßen.

Aber auch Unternehmen, die von den legislativen Maßnahmen nicht direkt betroffen sind oder sein werden, sollten in ihrem eigenen Interesse die Möglichkeit, ihre Nachhaltigkeitsleistungen darzustellen, durch die Publikation eines freiwillig erstellten Nachhaltigkeitsberichts oder einer freiwilligen nichtfinanziellen Erklärung nutzen und so von den genannten Vorteilen Gebrauch machen. 

Bild: unsplash/Christian Wiediger

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