Artikel erschienen am 18.12.2019
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Höhere Rendite – moderates Risiko

Interview: Private Equity hat sich als Assetklasse auch in Deutschland etabliert

Von Thomas C. Weinmann, Hamburg

Herr Weinmann, die Assetklasse Private Equity ist nach wie vor für viele Anleger ein Buch mit sieben Siegeln. Kompliziert, hohe Einstiegshürden und am Ende ist das investierte Kapital auch noch für 10 Jahre gebunden …
Thomas Weinmann: Sie haben recht – für viele Deutsche ist Private Equity immer noch schwer einzuschätzen. Zudem ist die Einstiegshürde für Investoren in die klassischen Private Equity Fonds mit etwa 5 oder 10 Mio. Euro sehr hoch und damit für vermögende Privatpersonen oder kleinere Family Offices oft kaum darstellbar. Aber Private Equity – oder kurz PE – hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren mehr und mehr als Assetklasse etabliert und seine Rolle als wichtiger Eigenkapitalgeber für die deutsche Wirtschaft gefunden.

Wie funktioniert Private Equity in einfachen Worten?
Weinmann: Die PE-Fonds agieren als Kapitalsammelstellen und werben bei Investoren – das sind insbesondere Pensions- und Staatsfonds, Versicherungen oder Stiftungen, aber eben auch Family Offices und vermögende Privatpersonen – Geld ein. Mit der Zeichnung erwirbt der Investor einen bestimmten Anteil an dem aufgelegten Fonds. Mit dem Kapital werden Anteile an Unternehmen erworben. Das können, je nach Fondsgröße, 10 bis 15 Firmen sein – manchmal mehr, selten weniger.

Das heißt, der Investor zeichnet und muss sofort sein Kapital zur Verfügung stellen?
Weinmann: Nein. Der Fonds erwirbt diese Unternehmen nicht am ersten Tag, sondern über einen Zeitraum von 3 bis 5 Jahren und erst mit einem Unternehmenskauf müssen Investoren ihren jeweiligen Kaufpreisanteil überweisen. Im Nachgang an einen Unternehmenskauf treibt das Fondsmanagement eine unternehmerische Weiterentwicklung voran, die einen gewinnbringenden Weiterverkauf bereits nach 3 bis 5 Jahren ermöglicht.

Wie funktioniert das? Übernimmt Private Equity die Kontrolle ihrer Investments?
Weinmann: Genau. Und dies ist auch ganz wichtig. Hierdurch können die Fonds über aktive Aufsichtsratsmandate eine wirkliche Einflussnahme auf die Unternehmen und deren Strategie ausüben sowie den Verkauf steuern.

Ok. Verstanden. Wie sieht konkret diese aktive Einflussnahme aus?
Weinmann: Dies hängt von der Investmentstrategie des PE-Fonds ab. Nehmen wir an, es handelt sich um eine Wachstumsstrategie. Dann werden Produkte und Prozesse, der Vertrieb und mögliche neue Märkte analysiert; immer mit dem Ziel, Wachstumspotenziale zu heben. Nicht selten werden dabei auch konkurrierende Unternehmen übernommen. Diesen Prozess begleiten die Fondsmanager sehr eng über die Kon­trollfunktion des Aufsichtsrats, greifen aber natürlich nicht in die operativen Geschäfte des Vorstandes ein. Am Ende sollte das Unternehmen nach wenigen Jahren deutlich profitabler agieren und somit mehr wert sein. Spätestens dann beginnt die Exit-Phase: ein Verkauf an einen Strategen, einen anderen PE-Fonds oder – die Königsklasse – der Börsengang. Nach dem Exit erhalten die Investoren ihr Geld zurück, plus die erzielte Rendite.

Und weil die Fondsmanager dabei meist rabiat vorgehen, bekamen sie 2005 von Franz Müntefering den Stempel der Heuschrecke aufgedrückt?
Weinmann: Das Bild war schon damals schief, hat aber dazu geführt, dass die Branche in einen Dialog vor allem mit Politikern und Gewerkschaften getreten ist. Seitdem sind viele Vorurteile ausgeräumt und wie ich eingangs erwähnte, ist Private Equity mittlerweile als Unternehmenseigentümer und zunehmend als alternative Assetklasse auch in Deutschland anerkannt und geschätzt.

In jüngerer Vergangenheit hört man immer wieder, dass die Preise für Unternehmenskäufe stark gestiegen sind. Wie sehen Sie dies?
Weinmann: Wir beobachten seit einigen Jahren die größte Konzentration von Neugeldern bei PE-Fonds, die in große Unternehmen investieren. Dies hat zu einer deutlichen Überhitzung bei den Bewertungen für derartige Unternehmens­beteiligungen geführt. Zur Ver­anschaulichung: Bei der Bewertung einer Unter­nehmens­beteiligung benutzt man – etwas vereinfacht – regelmäßig einen Bewertungsfaktor multipliziert mit dem operativen Ergebnis. Dieses operative Ergebnis ist häufig der EBITDA. Zuletzt haben diese Bewertungen ein Niveau erreicht, das beim 12- bis 15-fachen des EBITDA liegt – in Spitzen sogar bei einem Faktor von 20 und mehr. Zum Vergleich: Vor der Finanzmarktkrise lagen wir bei acht bis zehn. Da die Höhe der Bewertungsmultiplikatoren mit der Entwicklung der Zinssätze korreliert, können steigende Zinsen zu erheblichen Bewertungsproblemen führen.

Gilt das auch für kleinere Unternehmen?
Weinmann: Bei Investitionen in kleinere Unternehmen sind die Bewertungen nicht im gleichen Verhältnis in den vergangenen Jahren gestiegen wie bei großen Unternehmen. So sind die „Fallhöhen“ bei Bewertungen von mittelständischen Unternehmen mit dem 7- bis 9-fachen des EBITDA deutlich niedriger. Zudem weisen kleine Unternehmen oft deutlich höhere Wachstums- und Ergebnisverbesserungspotenziale auf, als dies bei Großunternehmen der Fall ist. Wichtig ist jedoch immer, dass Investitionen mit Sachverstand und Marktkenntnis getätigt werden, da es größere Qualitätsunterschiede bei Unternehmensbeteiligungen gibt.

Warum sollte ich als Anleger in Private Equity Fonds investieren, anstatt in Aktien oder Immobilien?
Weinmann: In Deutschland wird die Anlage in Private Equity Fonds immer noch relativ stiefmütterlich behandelt, da vielen Mitarbeitern in Banken, bei Vermögensverwaltern und Family Offices die Erfahrungen fehlen. Alle Statistiken belegen jedoch, dass PE-Investments über längere Zeiträume höhere Renditen bei moderaten Risiken generieren als Aktien und Immobilienanlagen. Dies hat auch gute Gründe.

Nämlich?
Weinmann: Die ganzheitliche Analyse beim Kauf von Unternehmen durch PE-Fonds ist sicherlich ein Hauptgrund. Sie dauert in der Regel mehrere Monate. Letztendlich dient diese Due Diligence einzig und allein dem Sichern des einzusetzenden Kapitals und der Identifikation von Wertsteigerungspotenzialen. Als Immobilienkäufer bekommt man ein Objekt von einem Makler angedient und hat hohe zusätzliche Trans­aktionskosten in Form von Grunderwerbssteuern. Aktienanleger kaufen oft Papiere, die ihnen ihre Bank empfiehlt. Ein Einfluss des Aktionärs auf die Geschäftspolitik der Aktiengesellschaft ist – von Familienaktiengesellschaften einmal abgesehen – nicht realistisch.

Wie hoch sollte der Private-Equity-Anteil im Anlage-Portfolio eines Vermögenden sein?
Weinmann: PE sollte immer eine Beimischung im Anlageportfolio sein. Dies ist – wie auch bei Immobilien – durch den illiquiden Charakter der Anlage bedingt. Sehr große Vermögen investieren bis zu 20 % in Private Equity. Wir empfehlen unseren Kunden nicht mehr als 10 bis 15 % ihres Anlagevermögens in Private Equity zu investieren. Zu einer ähnlich hohen Allokation würden wir bei Immobilienanlagen raten. Die Hauptkomponente einer Vermögensanlage bleibt aus unserer Sicht weiterhin eine Anlage in Aktien. Mit dieser Meinung befinden wir uns in guter Gesellschaft mit international agierenden Multi Family Offices, Vermögensverwaltern und Privatbanken.

Worauf sollte ein Investor bei Private-Equity-Anlagen achten?
Weinmann: Das Investieren in etablierte Unternehmen über PE-Fonds ist aufgrund diverser Streuungsmechanismen relativ sicher und Verluste auf Investorenebene eher selten. Anders verhält es sich bei den erzielten Renditen. Ähnlich wie bei Immobilien ist die Auswahl von PE-Fonds entscheidend für die Erzielung von Überrenditen. Anders als bei Immobilien kennt man als Investor zum Zeitpunkt des Zeichnens in PE-Fonds die einzelnen Unternehmen noch nicht, da diese erst im Laufe der Zeit erworben werden.

Wenn ich aber noch nicht weiß, in welche Unternehmen mein Fonds investieren wird: Wie trenne ich die Spreu vom Weizen?
Weinmann: Zur Auflösung dieser „Blackbox“ ist die Kenntnis der historischen Renditen eines PE-Fondsmanagers interessant, aber nur eines von vielen Auswahlkriterien. In unserer Tätigkeit als Dachfondsmanager prüfen wir das PE-Fondsmanagementteam auf Herz und Nieren. So analysieren wir die Nachhaltigkeit der Fondsstrategie, Alleinstellungsmerkmale, Erfahrung und den Teamzusammenhalt des Fondsmanagers, die Wettbewerbssituation sowie makroökonomische Parameter. Unsere Arbeit gleicht der eines volks- und betriebswirtschaftlichen Tiefenpsychologen.

Sie sagten gerade, Astorius ist ein Dachfondsanbieter. Was unterscheidet Ihr Geschäftsmodell von üblichen Private-Equity-Fonds?
Weinmann: Ein Dachfonds investiert in Private-Equity-Fonds, also nur indirekt in Unternehmen. Die Hauptaufgabe eines Dachfonds besteht in der Identifikation und der bereits beschriebenen Prüfung von PE-Fonds. Konkret formuliert wählen Dachfonds, die ihre Arbeit ernst nehmen, eine überschaubare Anzahl von PE-Fonds aus und stellen so ein Portfolio zusammen. Insgesamt gibt es sicher weltweit mehr als 4 000 PE-Fondsmanager.

Klingt nach der Suche im Heuhaufen …
Weinmann: Da die Performancekennzahlen, insbesondere von herausragenden PE-Fonds, nicht in der Zeitung oder Datenbanken stehen, ist diese Aufgabe auch nicht trivial, sondern erfordert viel Analysearbeit. Hierdurch können – bei guten Dachfonds – die Investoren neben einem diversifizierten PE-Fondsportfolio auch noch Zugang zu PE-Fonds mit hohen Renditeerwartungen erhalten. Ziel eines Dachfonds sollten nachhaltig mindestens Netto-Renditen von 10 % für seine Investoren sein.

Ab welcher Größenordnung ist ein Investment in PE aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Weinmann: Dies kommt auf die Art der Investition an. Als Faustregel kann man sagen, dass eine Direktanlage in Private-Equity-Fonds erst ab einer Allokation von mindestens 100 Mio. Euro sinnvoll ist. Erst dann kann man ein sinnvoll diversifiziertes Portfolio aufbauen und die notwendigen hohen Kosten für ausgebildete Mitarbeiter rechtfertigen. Traditionelle Dachfonds bieten Investoren einen Zugang zur Assetklasse Private-Equity ab einer PE-Allokation von 5 bis 10 Mio. Euro an – diese Fonds stellen einer großen Anzahl durchaus vermögender Menschen einen zu großen Anlagebetrag dar. Wir ermöglichen als professioneller Dachfondsanbieter Investoren bereits die Zeichnung unserer Fonds ab 200 000 Euro.

Welche Renditen darf ich als Investor bei Astorius erwarten?
Weinmann: Wir gehen von mindestens 10 % Nettorendite aus. Netto heißt, nach Abzug aller Kosten.

Bild: Unsplash/Jörg Angeli

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