Immobilien unentgeltlich übertragen
Steuerbefreiungen und Steuerfolgen prüfen!
Von Dr. Tobias Möhrle, Hamburg | Dr Katrin Dorn, Hamburg
Aufgrund der hohen Immobilienwerte können mit dieser Übertragung auch hohe Belastungen mit der Erbschaft- oder Schenkungsteuer verbunden sein, wenn für die Übertragung der Immobilie keine Steuerbefreiung möglich ist. Dabei enthält das (deutsche) Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz nur wenige Steuerbefreiungen für Immobilien, wenn diese zum Privatvermögen gehören. Dazu zählen insbesondere die Steuerbefreiung für das sog. Familienheim sowie für zu Wohnzwecken überlassene Grundstücke im Inland/EU- und EWR-Raum i. H. v. 10%. Weitere Steuerbefreiungen sind nur denkbar, wenn die Immobilien zum Betriebsvermögen eines Unternehmens oder einer Gesellschaft gehören. Aber auch dann gilt, dass eine Steuerbefreiung für die Immobilien nur unter engen Voraussetzungen möglich ist, so z. B. wenn das Grundstück zu eigenbetrieblichen Zwecken genutzt wird. Dagegen kommt eine Steuerbefreiung i. d. R. für vermietete Grundstücke nicht in Betracht, sofern keine Ausnahme (z. B. für eine Wohnungsunternehmen, Überlassung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, eines Konzerns) vorliegt. Aufgrund der wenigen Steuerbefreiungen, die es für Immobilien bei Schenkungen und Erbschaften im deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz gibt, spielen Immobilien in der Nachfolgeberatung eine besondere Bedeutung.
Aktuelle Gesetzesänderungen für die Bewertung von Immobilien – Höhere Immobilienwerte kommen!
Werden Immobilien verschenkt oder vererbt, muss der Wert der Immobilie (meist als Verkehrswert bezeichnet) für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke ermittelt werden. Dabei kann eine Bewertung der Immobilie auch notwendig sein, wenn diese zum Betriebsvermögen gehört. Die Ermittlung dieses sog. Grundbesitzwertes erfolgt nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes. Für inländisches Immobilienvermögen ist dieser durch das zuständige Finanzamt gesondert festzustellen. Dafür ist eine sog. Feststellungserklärung abzugeben. Für die Bewertung inländischer Immobilien sieht das Bewertungsgesetz verschiedene Verfahren vor. Dies sind das Vergleichswert-, Ertragswert- und Sachwertverfahren. Die Auswahl des Verfahrens richtet sich nach der Grundstücksart des zu bewertenden Grundstücks. So werden Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäuser z. B. im Vergleichswert- oder, sofern dieses nicht zur Anwendung kommen kann, im Sachwertverfahren bewertet, hingegen Mietwohngrundstücke im Ertragswertverfahren. Das JStG 2022 sieht eine umfassende Änderung dieser im Bewertungsgesetz enthaltenen Regelungen zur Bewertung von Immobilien für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke vor. Dabei betreffen diese Änderungen ausschließlich die Bewertung der Immobilien für die Erbschaft- und Schenkungsteuer und die Grunderwerbsteuer bei sog. Share Deals, nicht aber für die Grundsteuer. Dabei werden die Änderungen des Bewertungsgesetzes dazu führen, dass die Immobilien häufig allein aufgrund der Gesetzesänderungen mit einem höheren Wert als bisher anzusetzen sind. Dies kann höhere Steuerzahlungen hervorrufen, wenn keine Steuerbefreiung greift. Dabei gelten die Gesetzesänderungen für Grundstücksübertragungen nach dem 31.12.2022. Ausländische Immobilien werden mit dem gemeinen Wert bewertet. Sie sind von diesen Änderungen nicht betroffen.
Übertragung von Immobilien sorgfältig planen!
Die unentgeltliche Übertragung von Immobilien bedarf seit jeher einer besonderen Beachtung, weil damit zahlreiche Steuerfolgen verbunden sind. Neben der Schenkung- und Erbschaftsteuer ist dabei auch an die Grunderwerbsteuer und Einkommensteuer zu denken. Dies gilt auch dann, wenn die Immobilie nicht vollumfänglich unentgeltlich übertragen wird, weil z. B. Teilentgelte (auch Gleichstellungsgelder, Versorgungsleistungen) oder Nießbräuche vereinbart werden. Hier ist zu beachten, dass derartige Gegenleistungen zwar den Wert der Schenkung/Erbschaft mindern, sich aber auch bei der Grunderwerb- und/oder Einkommensteuer auswirken können. So kann die teilentgeltliche Übertragung von Grundstücken auch zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führen, wenn die Immobilie dem Steuerpflichtigen noch nicht seit mindestens 10 Jahre gehört oder von diesem nicht selbst benutzt wurde.
Steuerbefreiungen für Immobilien bei der Erbschaft- Schenkungsteuer
Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz kennt nur wenige Steuerbefreiungen für Immobilie. Dazu gehören für private Immobilien die Steuerbefreiung für das Familienheim und eine anteilige Steuerbefreiung für Dritten zur Wohnzwecken überlassene Immobilien i. H. v. 10%. Für Immobilien im Betriebsvermögen kommt eine Steuerbefreiung in der Regel nur in Betracht, wenn diese nicht Dritten zur Nutzung überlassen (also vermietet) werden. Ausnahmen gelten für sog. Konzernsachverhalte, Vermietungen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung und für sog. Wohnungsunternehmen. Neben diesen sachlichen Steuerbefreiung enthält das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz auch sog. persönliche Steuerbefreiungen, zu denen die sog. persönlichen Freibeträge gehören. Diese können im Abstand von 10 Jahren beansprucht werden, wobei ihre Höhe von dem Verwandtschaftsgrad der Beteiligten (Schenker/Beschenkte; Erbe/Erblasser) abhängig ist. Für Erwerbe von Kindern (auch Stiefkindern) wird ein Freibetrag i. H. v.
400.000 Euro gewährt. Dieser Freibetrag kann im Abstand von 10 Jahren erneut in Anspruch genommen werden. Durch die mehrfache Ausnutzung der Freibeträge können mehrere Immobilien steuerfrei übertragen werden oder aber auch Immobilien mit einem höheren Wert, indem diese sukzessive steuerfrei übertragen werden (denkbar z. B. durch Übertragung von Anteilen an einer GbR, zu deren Vermögen diese Immobilie gehört).
Familienheim
Für private Immobilie ist die Steuerbefreiung des Familienheims (der Lebensmittelpunkt der Familie) von besonderer Bedeutung. Sie ermöglicht (auch mehrfach nacheinander) eine schenkungsteuerfreie Übertragung des Familienheims zu Lebzeiten, wenn dieses auf den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner übertragen wird. Sollte das Familienheim jedoch durch Erwerb von Todes wegen übertragen werden, steht die Steuerbefreiung hingegen unter einer 10-jährigen Behaltens- und Verwendungsfrist, sodass die ursprüngliche Steuerbefreiung entfällt, wenn es (z. B. durch einen Verkauf oder eine Aufgabe der Selbstnutzung) zu einem Verstoß gegen diese Frist kommt. Eine steuerfreie Übertragung des Familienheims auf Kinder ist jedoch nur durch Erwerb von Todes wegen möglich. Zudem ist diese auf eine Wohnfläche von 200qm beschränkt.
Zu Wohnzwecken überlassene Immobilie – Steuerbefreiung in Höhe von 10%
Für Immobilien, die Dritten zu Wohnzwecken überlassen werden, wird ein Abschlag von 10% gewährt. Voraussetzung ist, dass diese im Inland oder EU/EWR-Ausland belegen ist. Sofern diese Steuerbegünstigung gewährt wird, können auch die damit verbundenen Verbindlichkeiten nur anteilig (zu 90%) berücksichtigt werden. Die Steuerbefreiung steht unter keiner Nachbehaltens- oder Verwendungsfrist, entfällt also nicht rückwirkend, wenn die Immobilie z. B. nach der Schenkung verkauft wird.
Immobilien im Betriebsvermögen – Umfangreiche Steuerbefreiung möglich
Immobilien im Betriebsvermögen gehören zum begünstigungsfähigen Vermögen und können damit unter die umfangreiche Steuerbefreiung für dieses Vermögen fallen (§§ 13a, 13b ErbStG, Steuerbefreiung bis zu 100% durch Regel- bzw. Vollverschonung, Verschonungsbedarfsprüfung). Im Grundsatz unterfallen jedoch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke nicht dieser Steuerbefreiung, sondern unterliegen in vollem Umfang der Besteuerung mit Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Eine Ausnahme gilt, wenn z. B. ein sog. Wohnungsunternehmen vorliegt, welches i. d. R. einen Wohnungsbestand von ca. 300 Wohnungen voraussetzt. Liegen diese Voraussetzungen für ein solches Unternehmen vor, unterfallen alle Immobilien des Unternehmens dieser umfangreichen Steuerbefreiung. Daher ist diese Ausnahme für die Praxis von besonderer Bedeutung. Die Einrichtung eines solchen Wohnungsunternehmens sollte dabei sorgfältig geprüft und vorbereitet werden, weil damit (z. B. durch die Überführung/Bündelung der Immobilien im Betriebsvermögen) auch ertragsteuerliche Konsequenzen verbunden sind.
Immobilien im Ausland
für Immobilien, die im Ausland belegen sind, gelten die dargestellten Grundsätze entsprechend. Bei den dargestellten Steuerbefreiungen ist darauf zu achten, dass diese zum Teil voraussetzen, dass die Immobilie im Inland oder EUR/EWR-Ausland belegen ist.
Fazit
Immobilien sind ein wesentlicher Bestandteil der Nachfolgeplanung. Aufgrund der hohen Werte der Immobilien sollte die Übertragung sorgfältig vorbereitet und rechtzeitig eingeleitet werden, auch damit die wenigen Steuerbefreiungen, welche das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz für Immobilien enthält, zielgerichtet eingesetzt werden können.
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