Artikel erschienen am 01.05.2013
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Pflege von Geschäftsbeziehungen

Wenn die schönste Nebensache der Welt zum Strafrechtsfall wird …

Von Michael Weber-Blank, NLP M., Hannover

Gerne luden sich Geschäftspartner früher gegenseitig zum Spiel ihres Lieblingsclubs ein. Ob der Eingeladene nun Angestellter oder Geschäftsinhaber war, das interessierte niemanden. Unter Vertriebsmitarbeitern galt und gilt bis heute immer noch die Devise: Kontakte sind alles und die wollen gepflegt werden. Mit was könnte man Kontakte besser pflegen, als mit dem gemeinsamen Besuch einer Sportveranstaltung. So verfuhr auch der Inhaber einer kleinen Maschinenbaufirma, als er im Jahr 2011 vier Angestellte aus einer Baufirma, mit denen er ständig Kontakt pflegte, in die von ihm für diese Saison gemietete Fußballloge seines Erstligavereins einlud. Die Besteuerung hatte sein Steuerberater für ihn geregelt. Die Karten im Wert von jeweils rd. 400 Euro waren pauschal versteuert nach § 37b EStG. Damit hatte der Firmeninhaber die Sache für sich abgehakt. Als morgens um 8.00 Uhr die Staatsanwaltschaft mit Beamten der Abteilung Korruptionsermittlung und einem Durchsuchungsbeschluss bei ihm zu Hause erschienen, glaubte er noch an einen Irrtum.

Sportvereine sind immer häufiger Informationsquellen für den Fiskus

Immer häufiger prüft die Finanzverwaltung inzwischen Sportvereine. Sie lässt sich angelegentlich der Prüfung des Vereins auch die Listen aller Käufer von Logenplätzen geben. Der Betriebsprüfer schreibt nun Kontrollmitteilungen an die Besteuerungsämter der kaufenden Firmen. Hier beginnt die Sache nun schwierig zu werden. In den 1980er-Jahren war es noch üblich und auch zulässig, Einladungen zum Fußball oder zu anderen Veranstaltungen auszusprechen und die Kosten bei Teilnahme von Geschäftspartnern auch als Betriebsausgaben geltend zu machen.

Seit Beginn der 1990er-Jahre wurde die Abzugsfähigkeit von nützlichen Aufwendungen eingeschränkt

Steuerrechtlich wurde mit Beginn der 1990er- Jahre die Abzugsfähigkeit von Schmiergeldern schrittweise verboten. 1997 wurde dann die Strafbarkeit der Bestechung und Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr in das Strafgesetzbuch eingeführt und sie hat seitdem eine steile Karriere hingelegt. Aus einer bis dahin weitgehend unbeachtet im Gesetz zum unlauteren Wettbewerb schlummernden Regelung ist heute eine zentrale Korruptionsvorschrift geworden. Heute ist jede Zuwendung an einen angestellten Geschäftspartner, die nicht mehr als üblich zu beurteilen ist, eine Bestechung und die Buchung als Betriebsausgabe eine Steuerhinterziehung.

Die Auffassungen zur Angemessenheit gehen auseinander

Natürlich hängt die strafrechtliche Beurteilung davon ab, was noch üblich ist und was nicht mehr. Bei der Beurteilung, was noch als üblich und damit als straflos anzusehen ist, legen Staatsanwälte und Korruptionsermittler jedoch gänzlich andere Werte zugrunde als Unternehmer. Während die Logenkarte mit rund 400 Euro für den Unternehmer eine durchaus angemessene und aus seiner Sicht übliche Zuwendung ist, beginnt für viele Ermittler in Deutschland bereits bei 100 Euro die kritische Grenze. Logenplätze jedenfalls sind für diesen Preis nicht zu haben, ein ordentliches Geschäftsessen fast auch nicht mehr. Kommen die Ermittler zu der Überzeugung, dass die Höhe der Zuwendung nicht mehr üblich ist, kann die Zuwendung an einen angestellten Geschäftspartner eine Bestechung im Geschäftsverkehr darstellen.

Trotz steuerrechtlicher Lösung kann Strafbarkeit vorliegen

Besonders befremdlich für den Unternehmer ist es, dass der Gesetzgeber mit verschiedenen Regelungen – etwa im § 37b EStG oder dem sogenannten „Business-Seat-Erlass“ – durchaus Regelungen anbietet, die es erlauben, diese Sachverhalte steuerlich legal abzubilden. Daraus schließt mancher, dass dann ein solcher Fall doch insgesamt legal sein muss. Doch im Steuerrecht gilt die wirtschaftliche Betrachtungsweise und die orientiert sich eben nicht an der formalen Betrachtung eines Rechtsgeschäfts – von Einheitlichkeit der Rechtsordnung keine Spur. Weil Geld eben nicht stinkt, nimmt der Fiskus auch Geld aus illegalen Geschäften, ohne dass damit etwas zu ihrer strafrechtlichen Bewertung gesagt wäre.

Neue Vertriebsideen ohne Geschenke sind zukünftig gefragt

In multinationalen Konzernen steht schon längst nicht mehr der Inhaber beim Kunden. Vertriebsabteilungen mit Tausenden von Mitarbeitern wollen überwacht und gelenkt werden. Viele von diesen Mitarbeitern aber werden erfolgsabhängig vergütet. Da greift schon manch einer in die Kiste mit den Fußballkarten, um das ersehnte Geschäft abzuschließen. Die Kunst wird zukünftig darin liegen, eine Philosophie des Vertriebs ohne Geschenke, die viele Inhaber selbst noch gar nicht akzeptieren, bis nach unten zu transportieren und glaubhaft durchzusetzen.

Foto: panthermedia/Ivan Mikhaylov

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