Artikel erschienen am 14.05.2013
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Sicherheiten für Gründungsfinanzierung

Bestand der Sicherheiten in der Insolvenz

Von Dr. iur. Josef Fullenkamp, Hannover

Problemstellung

Die Eröffnung eines neuen Geschäfts erfolgt nicht selten durch eine GmbH, die der Unternehmer zur Begrenzung der persönlichen Haftung gegründet hat. Die finanzierenden Banken fordern in solchen Fällen unter anderem ein tragfähiges Unternehmenskonzept und lassen sich zur Sicherheit wesentliche Teile des Vermögens der Gesellschaft übertragen. Zudem hat der Unternehmensgründer regelmäßig persönliche Sicherheiten (z. B. Bürgschaft oder Grundschuld an der privaten Immobilie) zu stellen. Gerät die Gesellschaft in die Insolvenz, weil das Unternehmenskonzept bei objektiver Betrachtung von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, stellt sich die Frage, ob der Insolvenzverwalter die Sicherheitenbestellung zugunsten der Bank gem. § 133 InsO anfechten kann. Nach dieser Bestimmung ist eine Rechtshandlung des Schuldners in den letzten zehn Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechtbar, sofern der Schuldner mit dem Vorsatz gehandelt hat, die Gläubiger der Gesellschaft zu benachteiligen und der andere Teil (hier: die Bank) den Vorsatz kannte. Der Insolvenzverwalter hat dazu in einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall argumentiert, der Schuldner und der Sicherungsnehmer hätten eine Gläubigerbenachteiligung zumindest billigend in Kauf genommen, weil das Unternehmenskonzept von Anfang an bei objektiver Betrachtung zum Scheitern verurteilt gewesen sei. Hätte eine solche Argumentation des Insolvenzverwalters Erfolg, müsste das von den Banken bei der Darlehensentscheidung natürlich berücksichtigt werden. Die Messlatte für Anschubfinanzierungen würde sich dadurch weiter erhöhen.

Rechtliche Situation bei Sanierungskrediten

Bei Sanierungskrediten, die in der Krise unter Einräumung zusätzlicher Sicherheiten gewährt werden, ergibt sich eine ähnliche Problematik. Die spätere Anfechtung der Sicherheitenbestellung durch den Insolvenzverwalter bei Fehlschlägen der Sanierung ist ausgeschlossen, wenn die Gewährung der Sicherheit Bestandteil eines ernsthaften, letztendlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs war. Dabei reicht die bloße Hoffnung des Kreditnehmers auf eine erfolgreiche Sanierung nicht aus. Vielmehr muss ein geschlossenes Konzept zur Befriedigung der gesamten Schulden entwickelt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen hat die Bank im Rahmen der Auseinandersetzung über die Sicherheit den Nachweis zu führen, dass der Schuldner einen ernsthaften und tragfähigen Sanierungsversuch unternommen und eine Benachteiligung der Gläubiger nicht bewusst in Kauf genommen hat.

Regelmäßig kein Benachteiligungsvorsatz bei der Gründungsfinanzierung

Diese Überlegungen sind auf die Gründungsfinanzierung nicht übertragbar.

Bei der Finanzierung des Gründungskapitals kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das Konzept des Schuldners bei objektiver Betrachtung aufgehen konnte oder ob es von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Die finanzierende Bank will erkennbar das Risiko, dass das Unternehmenskonzept scheitert, nicht übernehmen. Der Bundesgerichtshof verweist in einem Urteil vom
05.03.2009 (Az. IX ZR 85/07) völlig zutreffend darauf, dass einem Existenzgründer, der selbst Eigenkapital investiert hat, nicht abgesprochen werden kann, vom Erfolg seines Unternehmenskonzeptes ausgegangen zu sein. Niemand investiert eigene Mittel, wenn er ernsthaft mit dem Scheitern des Konzeptes rechnet. Folglich kommt es auf die Tragfähigkeit des Unternehmenskonzeptes nicht an. Die Bank kann die ihr im Rahmen der Anschubfinanzierung eingeräumten Sicherheiten verwerten.

Inanspruchnahme des Gesellschafters nach Verwertung der Gesellschaftssicherheit

Soweit die Bank aus dem ihr zur Sicherheit übertragenen Vermögen der Gesellschaft befriedigt worden ist, bedeutet das aber nicht, dass der Gesellschafter, der für denselben Kredit seinerseits eine Sicherheit gestellt hat, damit aus seiner Haftung entlassen ist. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom
01.11.2011 (Az. IX ZR 11/11) klargestellt, dass der Insolvenzverwalter nach Verwertung einer von der Gesellschaft gestellten Sicherheit von dem Gesellschafter, dessen Sicherheit nicht verwertet wurde, eine Erstattung des aus dem Gesellschaftsvermögen gezahlten Betrages verlangen kann.

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