Artikel erschienen am 01.05.2014
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Außen- und Sonderprüfungen des Finanzamts

Welche Mitwirkungspflichten treffen den Steuerpflichtigen während der Durchführung?

Von Monika Lindner, Hannover

Die Abgabenordnung (AO) stellt klar, dass Außenprüfer die Besteuerungsgrundlagen zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen haben. Darauf weist auch die Finanzverwaltung selbst in ihrer Ende 2013 aktualisierten Zusammenstellung „Hinweise auf die wesentlichen Rechte und Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei der Außenprüfung“ gleich zu Beginn hin. Mit Blick auf die entstehenden Kosten und alljährlichen Mehrsteuern und Zinsen in Milliardenhöhe, die sich aus Betriebsprüfungen ergeben, vermittelt sich den betroffenen Steuerpflichtigen oft ein anderer Eindruck.

Die Finanzverwaltung teilt Steuerpflichtigen, bei denen Außenprüfungen vorzunehmen sind, aufgrund ihrer Umsatzerlöse bzw. steuerlichen Gewinne in vier Größenklassen ein, namentlich Groß-, Mittel-, Klein- und Kleinstbetriebe. Während bei Großbetrieben, Konzern- oder international verbundenen Unternehmen der aktuelle Prüfungszeitraum an den vorherigen anschließen soll (sogenannte Anschlussprüfung), ist für andere Betriebe nur ein Prüfungszeitraum von i. d. R. nicht mehr als drei Besteuerungszeiträumen vorgesehen. Tatsächlich werden Großbetriebe im Schnitt alle 4,6 Jahre geprüft, Mittelbetriebe dagegen nur alle 15,2 Jahre (Stand: 2012). Da knapp 80 % aller Mehrergebnisse – 19 Mrd. Euro im Jahr 2012 ohne Lohnsteuer-Außenprüfungen (760 Mio. Euro), Umsatzsteuer-Sonderprüfungen (2,3 Mrd. Euro) und Steuerfahndung – auf diese Großbetriebe entfallen, sollten sich insbesondere deren gesetzliche Vertreter über die Mitwirkungspflichten bei der Durchführung solcher Betriebsprüfungen im Klaren sein.

Zweck der Außenprüfung ist die Ermittlung und Beurteilung der steuerlich bedeutsamen Sachverhalte, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen. Die Außenprüfung soll also dazu beitragen, dass die Steuergesetze gerecht und gleichmäßig angewendet werden. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, hat der Steuerpflichtige bei der Feststellung der Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können, mitzuwirken (§ 200 Abs. 1 AO). Dies bedeutet, dass er die erheblichen Tatsachen grundsätzlich vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen hat. Insbesondere sind dabei Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Unterlagen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Erläuterungen zu geben.

Falls die Unterlagen mithilfe eines Datenverarbeitungssystems (DV-System) erstellt worden sind, darf der Außenprüfer auch Einsicht in die gespeicherten Daten nehmen und das DV-System zur Prüfung der Unterlagen verwenden. Weiterhin kann er verlangen, dass die Daten nach seiner Vorgabe maschinell ausgewertet oder die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Hierfür sind bereits im Vorfeld erhebliche Maßnahmen seitens des Steuerpflichtigen zu ergreifen, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass dem Prüfer nur die steuerlich relevanten und nicht unnötig auch noch andere Daten zur Verfügung gestellt werden sollten.

Neben den speziellen Mitwirkungspflichten für die Außenprüfung finden auch die allgemeinen Mitwirkungspflichten des § 90 AO Anwendung. Danach sind alle für die Besteuerung erheblichen Tatsachen wahrheitsgemäß offenzulegen. Insbesondere bei Auslandssachverhalten besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Sie sieht vor, dass der Steuerpflichtige alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ausschöpfen muss, um den fraglichen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Zusätzlich sind bei Auslandsgeschäften mit sog. nahestehenden Personen Verrechnungspreisdokumentationen vorzulegen. Hierzu bestehen strenge Anforderungen, die ohne spezielle Expertise kaum zu bewältigen sind. Auch für die Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten bestehen besondere Aufzeichnungspflichten. Steuerpflichtige sollten darauf achten, frühzeitig die erforderlichen Dokumentationen – ggf. mit fachkundiger in- und ausländischer Hilfe – zu erstellen, um im Falle einer Außenprüfung nicht unnötig unter Zeitdruck zu geraten.

Im Hinblick auf Auslandsbeteiligungen bestehen noch weitere Meldepflichten (§ 138 Abs. 2 AO). Die Gründung und der Erwerb von Betrieben und Betriebsstätten im Ausland sowie die Beteiligung an ausländischen Personengesellschaften oder deren Aufgabe oder Änderung sind dem zuständigen Finanzamt innerhalb von fünf Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres mitzuteilen, in dem sie stattgefunden haben. Im Rahmen einer Außenprüfung kann es leicht zur Aufdeckung solcher Sachverhalte kommen. Ist die Anzeige vorsätzlich oder leichtfertig unterblieben, kann dies zur Festsetzung einer Geldbuße führen.

Die beschriebenen Mitwirkungspflichten können grundsätzlich von der Finanzbehörde erzwungen werden, beispielsweise durch Festsetzung eines Zwangsgeldes. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der zur Mitwirkung Verpflichtete dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten.

Neben dem Zwangsgeld droht dem Steuerpflichtigen seit einigen Jahren außerdem ein Verzögerungsgeld
(§ 146 Abs. 2b AO), wenn er den genannten Pflichten zur Einräumung des Datenzugriffs, zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage angeforderter Unterlagen nicht innerhalb einer vom Finanzamt gesetzten angemessenen Frist nachkommt. Das Verzögerungsgeld kann zwischen 2 500 und 250 000 Euro festgesetzt werden und somit eine erhebliche Belastung darstellen.

Auch ohne Zwangs- oder Verzögerungsgelder ist die Außenprüfung für den Betroffenen durchaus kostspielig, denn er hat alle Aufwendungen zu tragen, die bei der Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten entstehen. Dazu gehört auch, dass der Außenprüfer einen geeigneten Raum bzw. Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt bekommt, der mit den erforderlichen Hilfsmitteln für den Zugriff auf das DV-System ausgestattet ist. Hinzu kommen – je nach Umfang der Außenprüfung – Kosten für Personal oder andere sachkundige Auskunftspersonen (Steuerberater), die dem Prüfer für Auskünfte zur Verfügung stehen.

Nicht zu unterschätzen sind auch die auf Steuernachzahlungen anfallenden Zinsen, die beim Satz von 6 % p. a. inzwischen einen erheblichen Teil des Mehrergebnisses ausmachen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Im Zuge der regelmäßig zeitlich versetzten Prüfungen durch das Finanzamt kommen hier durchaus maßgebliche Zeiträume für den Zinslauf zusammen.

Alle genannten Grundsätze gelten auch für die Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Diese ist im Gesetz nicht ausdrücklich genannt, stellt aber eine Sonderform der Außenprüfung dar, die lediglich auf eine Steuerart beschränkt ist (dies erlaubt § 194 Abs. 1 S. 2 AO). Im Jahr 2012 fanden über 91 000 Umsatzsteuer-Sonderprüfungen statt, die unabhängig vom Turnus der allgemeinen Außenprüfung durchgeführt wurden. Zudem kann auch hinsichtlich der Umsatzsteuer eine unangekündigte Nachschau in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen stattfinden. Wird diese dann in eine Außenprüfung übergeleitet, besteht in zeitlicher Hinsicht wieder die Gefahr eines Verzögerungsgeldes, wenn Unterlagen verspätet vorgelegt werden. Die Ergebnisse wirken sich oft besonders belastend auf die Steuerpflichtigen aus. Versagt beispielsweise der Prüfer die Steuerfreiheit bestimmter Umsätze, wird die Umsatzsteuer aus dem vereinnahmten Entgelt herausgerechnet. Dadurch fließt nicht nur Liquidität ab, sondern es verringert sich zugleich der erwirtschaftete Gewinn, was für den Steuerpflichtigen aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu weiteren Konsequenzen führen kann.

Mit der Lohnsteuer-Nachschau (§ 42g EStG) hat der Gesetzgeber Mitte 2013 ferner ein neues Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuerlicher Sachverhalte eingeführt, das der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer dienen soll. Die Besonderheit besteht darin, dass die Finanzbehörden ohne vorherige Ankündigung und außerhalb von Lohnsteuer-Außenprüfungen Lohn- und Gehaltsunterlagen in den Geschäftsräumen prüfen dürfen und dazu unter bestimmten Voraussetzungen während der üblichen Geschäftszeiten sogar deren unmittelbare Vorlage verlangen können. Wenn die Feststellungen dazu Anlass geben, kann sogar ohne die sonst erforderliche vorherige Prüfungsanordnung zu einer Lohnsteuer-Außenprüfung übergegangen werden. Arbeitgeber sollten sich damit auf weiteren Besuch vom Finanzamt einstellen und die richtigen Vorkehrungen treffen, denn auch hier droht wieder ein Verzögerungsgeld von mindestens 2 500 Euro, wenn Unterlagen verspätet vorgelegt werden.

Info

Geschäftsführer und Vorstände haben die steuerlichen Pflichten juristischer Personen zu erfüllen. Kommen sie diesen vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nach, haften sie, soweit Steueransprüche nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Da nur die Vertreter der juristischen Person eine Steuerhinterziehung begehen können, sollten sie deshalb stets bedenken, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen ist, sobald eine Prüfungsanordnung für die entsprechende Steuerart vorliegt.

Foto: panthermedia/Igor Mojzes

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