Artikel erschienen am 01.05.2014
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Besteuerung des Unternehmens(ver)kaufs

Die steuerlichen Rahmenbedingungen im Überblick

Von Prof. Dr. iur. Christian Möller, LL.M. (Taxation)

Wenn Unternehmen verkauft werden, stellen sich betriebswirtschaftliche Fragen – im Zentrum steht hier das Thema der Bewertung. Daneben sind rechtliche Aspekte zu beachten, die sich etwa auf das Gesellschafts-, Arbeits- und Vertragsrecht beziehen können. Nicht zuletzt spielen aber Fragen der Besteuerung, denen der folgende Beitrag gewidmet ist, häufig eine zentrale Rolle.

I. Asset Deal oder Share Deal

Wenn ein Einzelunternehmer sein Unternehmen veräußert, tut er dies im Wege eines sog. Asset Deals, nämlich durch Verkauf und Übertragung aller einzelner (materieller wie immaterieller) Aktiva und Passiva. Wird eine Unternehmung in der Rechtsform einer Gesellschaft (z.B. oHG, KG, GmbH, AG) betrieben, kann ebenfalls ein Asset Deal stattfinden – dann tritt die Gesellschaft als Veräußerin aller Aktiva und Passiva des Gesellschaftsvermögens auf. Alternativ kommt in Betracht, dass diese Vermögensgegenstände bei der Gesellschaft bleiben, die Gesellschafter aber ihre Anteile auf einen Erwerber übertragen (Gesellschafterwechsel). Dann ist von einem Share Deal die Rede. Asset Deal und Share Deal werden z.T. unterschiedlich besteuert.

Dieser Beitrag kann die steuerliche Behandlung des Unternehmenskaufs nicht in allen Facetten ausleuchten. Vielmehr sollen drei typische Konstellationen herausgegriffen werden. Zunächst wird die Veräußerung des Unternehmens eines Einzelunternehmens (natürliche Person) betrachtet (II.). Dann wird auf den Fall eingegangen, dass das zu veräußernde Unternehmen in der Rechtsform einer Personengesellschaft (oHG oder KG) betrieben wird. (III.). Abschließend wird auf die GmbH eingegangen (IV.).

II. Einzelunternehmer

Beispielsfall: Herr Ahorn, 60 Jahre alt, möchte sein als Einzelunternehmer betriebenes Gewerbe – einen Handwerksbetrieb – veräußern. Wie ist die Veräußerung steuerlich zu behandeln?

Die laufenden Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb unterliegen der Einkommensteuer (ESt) sowie der Gewerbesteuer (GewSt). Um eine Doppelbelastung mit beiden Steuerarten zu vermeiden oder zu reduzieren, kommt es nach § 35 Einkommensteuergesetz (EStG) im Ergebnis zu einer vollständigen oder teilweisen Anrechnung der GewSt auf die ESt.

Veräußert der Unternehmer seinen Betrieb, wird die Veräußerung noch der gewerblichen Tätigkeit zugeordnet. Es entstehen also – wie aus der laufenden Tätigkeit – gewerbliche Einkünfte (§ 15 EStG). Zu versteuern ist der Unterschied zwischen dem Buchwert (Steuerbilanzwerte) des Betriebsvermögens und dem Kaufpreis. Es gilt der allgemeine Steuersatz mit einer progressiven Belastung von in der Spitze 45 % („Reichensteuer“).

§§ 16 und 34 EStG enthalten aber Sonderregelungen, die den Steuerpflichtigen privilegieren, wenn er sein Unternehmen en bloc – also einschließlich aller wesentlichen Betriebsgrundlagen – veräußert. Wesentliche Betriebsgrundlagen in diesem Sinne sind alle Wirtschaftsgüter, die entweder funktional wesentlich sind, oder die erhebliche stille Reserven enthalten. Veräußert der Unternehmer ein in diesem Sinne wesentliches Wirtschaftsgut – etwa ein Betriebsgrundstück oder ein Patent – nicht mit, kommen die Privilegierungen nach §§ 16, 34 EStG nicht in Betracht. Hintergrund der durch diese Vorschriften gewährten Vergünstigungen ist insbesondere, dass eine – mit der geballten Auflösung stiller Reserven sonst häufig einhergehende – übermäßige Belastung vermieden werden soll.

Nach § 16 Abs. 4 EStG gilt für 55-Jährige und Ältere (sowie Berufsunfähige) ein Freibetrag, der sich bei einem Veräußerungsgewinn von bis zu 136 000 Euro auf 45 000 Euro beläuft. Bei darüber hinausgehenden Gewinnen verringert sich der Freibetrag, und ab einem Gewinn von 181 000 Euro entfällt er ganz. Der Freibetrag wird nur einmal im Leben gewährt.
§ 34 EStG regelt Tariferleichterungen. Die sog. Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG führt in einem Beispielsfall, in dem im maßgeblichen Veranlagungszeitraum neben einem Veräußerungsgewinn keine anderen Einkünfte anfallen, dazu, dass auf den Veräußerungsgewinn derjenige Steuersatz Anwendung findet, der sich nach dem allgemeinen Tarif für 20 % des Veräußerungsgewinns errechnet. Wegen des progressiven Tarifverlaufs kann damit ein Vorteil verbunden sein.
Häufig wesentlich interessanter ist die Regelung in § 34 Abs. 3 EStG, die (wie der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG) nur für 55-Jährige und Ältere sowie Berufsunfähige gilt. Ein Veräußerungsgewinn von bis zu 5 Mio. Euro unterliegt danach einem ermäßigten Steuersatz von 56 % des regulären Steuersatzes (mindestens 14 %).

Der Gewerbesteuer unterliegen nur die laufenden Einkünfte aus einer gewerblichen Unternehmung. Die Veräußerung des Betriebes ist nach § 7 S. 2 GewStG dagegen nicht steuerbar.

III. Personengesellschaft

Beispielsfall: Frau Baum, ebenfalls 60 Jahre alt, ist einzige Kommanditistin der Baum GmbH & Co. KG, die eine Werkzeugfabrik betreibt. Frau Baum will das Unternehmen veräußern. Wie ist die Veräußerung steuerlich zu behandeln?

In Betracht kommt zunächst ein Asset Deal. Die Baum GmbH & Co. KG veräußert dabei ihre sämtlichen Aktiva und Passiva. Frau Baum bleibt Gesellschafterin der Gesellschaft, die nun kein Unternehmen mehr hat, sondern nur noch den Kaufpreis verwaltet und (z. B.) liquidiert werden kann.

Personengesellschaften werden im Ertragsteuerrecht transparent besteuert. Es wird durch eine Personengesellschaft also „hindurchgesehen“: Die Einkünfte der Gesellschaft werden unmittelbar dem Gesellschafter zugerechnet und von diesem – wenn er eine natürliche Person ist – mit ESt versteuert. Diese transparente Besteuerung gilt nicht nur für laufende Gewinne, sondern auch für außergewöhnliche Geschäftsvorfälle wie die Veräußerung des gesamten Unternehmens. Im Fall wird Frau Baum also so besteuert, als hätte sie ein von ihr betriebenes Einzelunternehmen veräußert. Insbesondere können die Erleichterungen der §§ 16, 34 EStG Anwendung finden (s.o.).

Nichts anderes gilt, wenn Frau Baum ihren gesamten Gesellschaftsanteil – in der Terminologie des Steuerrechts: ihren Mitunternehmeranteil – veräußert. In diesem Spezialfall werden Asset Deal und Share Deal also gleichbehandelt. GewSt fällt (wie beim Unternehmensverkauf eines Einzelunternehmers) in beiden Varianten nicht an.

IV. Kapitalgesellschaft (GmbH)

Beispielsfall: Herr Czichy ist einziger Gesellschafter der Czichy GmbH, die Feuerungsanlagen herstellt. Herr Czichy will das Unternehmen veräußern. Wie ist die Veräußerung steuerlich zu behandeln?

In Betracht kommt wiederum zunächst ein Asset Deal. Die Czichy GmbH veräußert dabei ihre sämtlichen Aktiva und Passiva. Herr Czichy bleibt Gesellschafter der GmbH, die nun kein Unternehmen mehr hat, sondern nur noch den Kaufpreis verwaltet und (z. B.) liquidiert werden kann.

Ein von der GmbH erzielter Veräußerungsgewinn unterliegt bei dieser – wie ein laufender Gewinn – der Belastung mit KSt, SolZ und GewSt. Bei einem GewSt-Hebesatz von 450 % (Braunschweig) summiert sich diese Belastung auf Gesellschaftsebene auf etwa 31,5 %. Schüttet die GmbH den erzielten Gewinn alsdann an Herrn Czichy aus, hat dieser nach § 32d EStG ein Wahlrecht: Er kann entweder die gesamte Ausschüttung mit etwa 26,4 % versteuern (Abgeltungssteuer) oder 60 % der Ausschüttung mit seinem individuellen (progressiven) Steuersatz (Teileinkünfteverfahren).

Wählt Czichy einen Share Deal, veräußert er also alle Geschäftsanteile an der Czichy GmbH, hat er den Veräußerungsgewinn mit seinem individuellen Steuersatz zu versteuern (keine Abgeltungssteuer). Ihm kommt aber wiederum das Teileinkünfteverfahren zugute, sodass nur 60 % des Veräußerungsgewinns zu versteuern sind. Nach § 17 Abs. 3 EStG gilt ein geringer Freibetrag (max. 9 060 Euro).

V. Steuerliche Gestaltungsziele

Im GmbH-Fall werden die Wünsche zur Transaktionsstruktur häufig auseinandergehen. Der Verkäufer wird auf einen Share Deal regelmäßig weniger Steuern zahlen. Der Käufer erwirbt dabei aber Gesellschaftsanteile, die steuerlich regelmäßig nicht der Abschreibung unterliegen. Aus Käufersicht günstiger ist ein Asset Deal, bei dem mit einzelnen Wirtschaftsgütern „Abschreibungspotenzial“ erworben wird. Dieser Interessengegensatz ist über den Kaufpreis auszugleichen.

Aus Käufersicht hat jedem Unternehmenskauf regelmäßig eine gründliche Tax-Due -Diligence vorauszugehen. Dabei wird das zu erwerbende Unternehmens auf steuerliche Risiken untersucht. Im Unternehmenskaufvertrag müssen diese Risiken abgedeckt werden, indem der Verkäufer insbesondere eine (ausreichend besicherte) Freistellung für steuerliche Risiken der Vergangenheit übernimmt.

Vorweggenommene Erbfolge

Neben dem Unternehmenskauf spielt in der Praxis die unentgeltliche Übertragung von Unternehmen eine wichtige Rolle, vor allem im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Hier gelten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer derzeit vorteilhafte Bedingungen – Stichwort: Verschonung von Betriebsvermögen. Allerdings dreht sich seit einigen Jahren der Wind. Dass es auf Dauer bei den jetzt geltenden Regelungen bleibt, ist nicht zu erwarten. Wer unentgeltlich übertragen will, sollte jetzt handeln.

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