Artikel erschienen am 01.05.2014
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Datenschutz im Arbeitsverhältnis

Soziale Netzwerke/Social Media im Unternehmen

Von Jan-Philipp Koslowski, Hannover | Manuel Sack, Braunschweig

Der Datenschutz für Beschäftigte hat in der jüngsten Vergangenheit Anlass für viele Diskussionen gegeben. Vor allem Fragen zum Umgang mit den sogenannten sozialen Medien und Netzwerken im und für das Unternehmen werden aktuell immer mehr praxisrelevant. Denn wenn sich ein Unternehmen im Internet oder in sozialen Netzwerken präsentiert, gilt es eine Fülle von gesetzlichen Regelungen zu beachten. Wie halte ich meine Mitarbeiter zum korrekten Umgang mit den Medien an und wie sichert man das Unternehmen haftungsrechtlich ab?

Auf den ersten Blick steht die private Nutzung solcher Netzwerke während der Arbeitszeit im Widerspruch zum Interesse des Arbeitgebers, denn die Arbeitszeit soll schließlich nicht für private Zwecke genutzt werden. Viele Arbeitgeber sehen aber mittlerweile die privaten Netzwerke ihrer Mitarbeiter als Quelle an, um diese auch für geschäftliche Zwecke zu nutzen.

Die Nutzung von sozialen Netzwerken zu rein beruflichen Zwecken unterliegt in seiner näheren Ausgestaltung dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, das sich aus § 106 der Gewerbeordnung (GewO) ergibt. Allerdings ist es einem Arbeitgeber nur sehr begrenzt möglich, seine Mitarbeiter zum Anlegen von persönlichen Profilen anzuhalten. Insbesondere dort, wo die verfolgten unternehmerischen Zwecke auch oder nur über Firmenprofile möglich bzw. erlaubt sind, kommt eine Weisung an Mitarbeiter zum Anlegen privater Profile nicht in Betracht. Jedoch können für Unternehmen z. B. in Netzwerken wie Facebook oder Xing firmeneigene Profile angelegt werden, deren Inhalte sodann auf Weisung des Arbeitgebers von Mitarbeitern bearbeitet und gepflegt werden.

Hingegen in Netzwerken, in denen Zwecke der Marketing- oder der Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden, kann der Arbeitgeber sein Direktionsrecht gegenüber in diesen Bereichen beschäftigten Mitarbeitern dahingehend ausüben und diese zum Anlegen eines privaten Profils verpflichten, da dies hier eine arbeitsvertragliche Leistungs- oder Nebenpflicht eines Mitarbeiters sein kann. Etwaige Kosten für das private Profil wären in diesem Fall vom Arbeitgeber zu tragen. Dies sollte jedoch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht dem Direktionsrecht überlassen bleiben, sondern am besten schon im Arbeitsvertrag vereinbart werden.

Doch auch im Falle einer solchen arbeitsvertraglichen Leistungs- oder Nebenpflicht muss beim Anlegen und beim Inhalt des Profils das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers beachtet werden. Bei dem Umfang der veröffentlichten Daten darf nicht vergessen werden, dass diese fortan weltweit für lange Zeit abrufbar sein werden. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist also nicht unerheblich, sodass genau abgewogen werden sollte, welche und wie viele Informationen erforderlich bzw. ausreichend sind.

Schließlich sollen die Mitarbeiter, die das Unternehmen im Internet repräsentieren, sich auch dort korrekt verhalten. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts Einfluss auf das Verhalten des Mitarbeiters nehmen kann und darf. Der Grundsatz lautet: Im rein beruflichen Umfeld ist dem Arbeitgeber eine Verhaltensanweisung möglich, im privaten Umfeld hingegen nicht. Dabei gibt es aber Besonderheiten und Ausnahmen:

Je höher die Position eines Mitarbeiters im Unternehmen ist, umso mehr wirken Verhaltenspflichten auch in dessen Privatbereich hinein, denn ein hochgestellter Arbeitnehmer repräsentiert das Unternehmen auch bei gesellschaftlichen Anlässen, die nicht unbedingt geschäftlicher Art sind, bei denen man aber die Person mit dem Unternehmen in Verbindung bringt. Ein hochgestellter Mitarbeiter muss also größere Sorgfalt in seinem gesamten Verhalten walten lassen, wenn er in der konkreten Situation zumindest auch das Unternehmen repräsentiert. Gleiches gilt für sein Verhalten im Internet.

Bei Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers kollidiert dabei sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung
(Art. 5 Abs. 1 GG) mit dem Grundrecht des Arbeitgebers auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG). Demnach sind alle Äußerungen zu unterlassen, die einem berechtigten Interesse des Unternehmens zuwiderlaufen, sofern die Meinungsäußerungsfreiheit dadurch nicht unangemessen eingeschränkt wird.

Im privaten Umfeld bildet die betriebliche Treuepflicht des Arbeitnehmers den Rahmen für Anweisungen des Arbeitgebers. So kann der Arbeitgeber verlangen, dass der Mitarbeiter insbesondere in Zweifelsfällen eindeutig zu erkennen gibt, ob er gerade für das Unternehmen spricht bzw. handelt oder nicht. Arbeits- und Betriebsgeheimnisse sind generell geheim zu halten. Sachliche Kritik am Arbeitgeber ist möglich, solange der Arbeitnehmer dem Unternehmen damit keinen Schaden zufügt. Die Loyalitätspflicht des Mitarbeiters gebietet es allerdings, dass etwaige Missstände zunächst intern angesprochen werden. Bewerten oder kommentieren Mitarbeiter aus dem privaten Umfeld heraus Produkte oder Aktionen eines Unternehmens, kann der Arbeitgeber verlangen, dass sich die Mitarbeiter als solche zu erkennen geben, um keine Wettbewerbsverstöße wie Schleichwerbung zu begehen. Beleidigungen oder Schmähkritik am Arbeitgeber sind natürlich auch im Internet strafbar und können zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.

Risiken für den Arbeitgeber

Nach § 7 und § 10 Telemediengesetz (TMG) sind Arbeitgeber grundsätzlich für die Handlungen und Inhalte ihrer Mitarbeiter verantwortlich und haften damit für die Beseitigung eines Verstoßes, für die künftige Unterlassung, die Kosten von Anwälten und Gerichten und ggf. auf Schadensersatz.

Eine Reduzierung dieses Haftungsrisikos kann erreicht werden durch eine nachweislich erfolgte gute Instruktion der Mitarbeiter sowie eine klare inhaltliche Definition des Arbeitsauftrags gegenüber den Mitarbeitern, denn für Handlungen, die gegen die Instruktion des Arbeitgebers verstoßen oder sich klar außerhalb des Arbeitsauftrags bewegen, haftet der Arbeitgeber nicht, sondern der Arbeitnehmer selbst.

Bei der Überschreitung von Befugnissen innerhalb eines Arbeitsauftrags haftet der Arbeitgeber aber doch, wenn er nicht nachweisen kann, dass er seine Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt, instruiert und überwacht hat. Eine Haftung aufgrund fehlerhafter Auswahl des Mitarbeiters kann dann entstehen, wenn bei der Übertragung der Aufgaben nicht ausreichend darauf geachtet wurde, dass der Ausgewählte auch zur Erfüllung imstande ist. Hierbei kommen sowohl fehlende fachliche Eignung des Mitarbeiters als auch bereits gezeigtes Verhalten (z. B. gegenüber Kunden) in Betracht. Zur ausreichenden Instruktion gehört sodann eine ausführliche Einweisung in die Aufgaben und deren Ziele und die dazu zu nutzenden Instrumente (Software, Materialien, Netzwerke bzw. Plattformen) und Handlungsoptionen (z. B. zum Anlegen von Accounts, Profilen oder Aktionen, Publikationen). Die Einhaltung dieser Vorgaben sollte durch Vorgesetzte regelmäßig (z. B. wöchentlich) kontrolliert werden.

Begeht ein Mitarbeiter einen Rechtsverstoß im privaten Umfeld und erweckt dabei den Anschein, für das Unternehmen zu handeln, so haftet der Arbeitgeber, wenn er dieses Verhalten kennt und duldet. Dies kann dann der Fall sein, wenn Mitarbeiter privat etwas veröffentlichen, das inhaltlich jedoch klar mit dem Unternehmen des Arbeitgebers zu tun hat, wie z. B. ein fachbezogener Internet-Blog oder Diskussionen in Fachforen, insbesondere bei Verwendung der geschäftlichen E-Mail-Adresse. Kennt der Arbeitgeber diese Tätigkeit und duldet sie, um vielleicht die wirtschaftlichen Vorteile zu nutzen, haftet er auch für dabei begangene Rechtsverstöße seines Mitarbeiters. Um dies zu vermeiden, sollten die Mitarbeiter angewiesen werden, in solchen Fällen ganz klarzustellen, dass sie nicht im Namen des Unternehmens sprechen und handeln. Die geschäftliche E-Mail-Adresse sollte im privaten Umfeld nicht zum Einsatz kommen.

Datenschutz im Arbeitsverhältnis: Private Nutzung der Firmen-E-Mail-Adresse

Ob und wieweit ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die private Nutzung des Firmen-E-Mail-Accounts erlauben soll oder nicht, gehört zu den aktuell meistdiskutierten Fragen – nicht nur im Rahmen des Arbeitnehmerdatenschutzes. Aus heutiger Sicht ist E-Mail-Kommunikation das elektronische Gegenstück zur Papierkommunikation, wobei letztere mehr und mehr von der E-Mail verdrängt wird.

Typischerweise unterhält ein Unternehmen eine Poststelle, bei der die Papierpost des Unternehmens eingeht, gesichtet und über interne Strukturen weiterverteilt wird. Gleiches gilt für den geschäftlichen Postausgang. Bei seiner privaten Papierkommunikation verwendet ein Mitarbeiter natürlich nicht den Firmenbriefbogen, um private Angelegenheiten zu erledigen. Die Gewerbeordnung und das Handelsrecht legen Unternehmen die Organisationsverpflichtung auf, dass die digitale Kommunikation ebenso abläuft.

Hinzu kommt, dass bei einer privaten Nutzung des E-Mail-Accounts Arbeitszeit verbracht wird, die der Arbeitgeber zu Unternehmenszwecken nicht mehr disponieren kann.

Haftungsrisiken für den Unternehmer

Rechtlich problematisch ist eine private Nutzung vor allem deshalb, da ein Arbeitgeber nach einer weit verbreiteten Rechtsansicht durch die Gestattung Dienste als Telekommunikationsanbieter nach dem Telekommunikationsgesetz (§ 3 Nr. 6 TKG) erbringt, wenn er seinen Arbeitnehmern private E-Mails erlaubt. Dies hat zur Folge, dass er hinsichtlich aller E-Mails seiner Mitarbeiter das Telekommunikationsgeheimnis (§ 88 TKG) beachten muss und die E-Mails nicht mehr einsehen dürfte, ohne sich in die Gefahr eines strafbaren Verstoßes gegen das Fernmeldegeheimnisses zu begeben
(§ 206 StGB).

Die Folge wäre, dass die Einhaltung anderer Gesetze nicht oder nur unter Eingehung von rechtlichen Risiken möglich wäre. So fordern z. B. das Handelsgesetzbuch (HGB) oder die Abgabenordnung (AO) eine E-Mail-Archivierung, die der Unternehmer bei erlaubter Privatnutzung des Firmen-E-Mail-Accounts aber nicht mehr eingesehen oder nutzen dürfte, ohne gegen das Fernmeldegeheimnis zu verstoßen. Jedoch würden die Möglichkeiten und Pflichten des Unternehmers zur Risikoeinschätzung bzw. -kontrolle deutlich erschwert, wenn sich der Unternehmer selbst davon ausschließt, Einblick in den E-Mail-Verkehr seines Unternehmens und damit in einen erheblichen Teil des Unternehmens zu nehmen.

Weitere Risiken können sich im Hinblick auf die Betriebshaftpflichtversicherung ergeben. Durch das Zulassen privater E-Mails findet über die IT-Infrastruktur des Unternehmens ein Vorgang statt, der mit dem Geschäftszweck des Unternehmens meist nichts zu tun hat. Folglich entsteht ein besonderes Risiko, das regelmäßig durch die Betriebshaftpflichtversicherung des Unternehmens nicht abgedeckt sein dürfte. Ein etwaiger Schaden müsste daher vom Unternehmen selbst getragen werden.

Neben diesen allgemeinen Risiken stellt sich häufig ein ganz konkretes Problem im Arbeitsalltag: Der Arbeitgeber benötigt dringend geschäftliche Informationen, die im E-Mail-Account eines Mitarbeiters gespeichert sind, der Mitarbeiter ist aber nicht verfügbar. Kann der Arbeitgeber in dieser Situation Zugriff auf die E-Mails seiner Mitarbeiter nehmen, ohne sich in die Strafbarkeit der Verletzung des Fernmeldegeheimnisses zu begeben?

Damit der Arbeitgeber trotz erlaubter Privatnutzung des E-Mail-Accounts Einblick in die E-Mails seiner Mitarbeiter nehmen kann, sollten wenigstens die folgenden Punkte beachtet werden. Mit Blick auf das Fernmeldegeheimnis sollten grundsätzlich alle Mitarbeiter eine individuelle Einwilligung in die Kontrolle auch ihrer privaten E-Mails zu Beginn des Arbeitsverhältnisses unterschreiben. Eine Einwilligung durch den Empfänger der E-Mail lässt damit trotz der Anwendbarkeit des Fernmeldegeheimnisses bei Speicherung auf dem Server des Arbeitgebers die Strafbarkeit der Kontrolle entfallen. Dass diese Einwilligung keine Wirkung für den Versender der E-Mail entfaltet, ist nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung und Literatur ohne Belang, da für die von ihm versandte E-Mail das Fernmeldegeheimnis keine Anwendung mehr findet.

Weiter ist zu beachten, dass eine ggf. mit dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung für eine „kollektive“ Einwilligung der Mitarbeiter nicht ausreichend ist.

Im Text der individuellen Einwilligung sollten auch Datenschutzbelange Berücksichtigung finden. Es kann dem Mitarbeiter eine Kontrolle im 4-Augen-Prinzip ggf. unter Beteiligung des Betriebsrates oder des betrieblichen Datenschutzbeauftragten zugesichert werden und es sollte ihm zugesichert werden, dass E-Mails mit offensichtlich privatem Inhalt bei einer Kontrolle vom Arbeitgeber nicht weiter zur Kenntnis genommen werden. Auch mag im Zusammenhang mit der Einwilligung schriftlich fixiert werden, dass die Erlaubnis zur privaten Nutzung des E-Mail-Accounts jederzeit durch den Arbeitgeber widerrufen werden kann und keine Rechtsansprüche auf künftige private Nutzung begründet werden.

Sollte in Ausnahmefällen eine Kontrolle des E-Mail-Accounts notwendig werden, ohne dass eine Einwilligung vom Betroffenen eingeholt werden kann bzw. konnte, sollte Folgendes unbedingt beachtet werden: Die Kontrolle privater E-Mails unterliegt zwar dem Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG) und ist damit verboten. Unter Strafe gestellt nach § 206 Abs. 1 StGB ist jedoch lediglich die Mitteilung an andere über die gefundenen, privaten Inhalte und Umstände der Kommunikation. Der Arbeitgeber, der Einblick in einen E-Mail-Account nimmt und versehentlich auf private E-Mails stößt, hat also zu beachten, dass er die dort zur Kenntnis genommenen privaten Inhalte niemandem mitteilt, da er sich ansonsten strafbar macht.

Foto: panthermedia/Wavebreakmedia Ltd.

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