Artikel erschienen am 20.04.2016
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2016 gelten die neuen Bilanzierungsregeln

Welche Änderungen bringt das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)?

Von Gottfried Jestädt, Hannover | Dipl.-Betriebsw. Jörg Hammen, Hannover

Im Geschäftsjahr 2016 ist erstmalig das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) anzuwenden. Das als Anpassung an EU-Standards vorgenommene Gesetz bringt Auswirkungen sowohl für den Einzel- als auch den Konzernabschluss mit sich. Neben der Anhebung der Schwellenwerte ist für die Praxis die Neudefinition der Umsatzerlöse eine wesentliche Änderung. Wir fassen Ihnen die wichtigsten Änderungen zusammen.

1. Anwendung

Das BilRUG ist erstmals auf Jahresabschlüsse, die nach dem 31.12.2015 beginnen, anzuwenden (Art. 75 Abs. 2 EGHGB), bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr erstmalig auf das im Jahr 2016 beginnende Wirtschaftsjahr.

2. Anhebung der Schwellenwerte (nach § 267 HGB) bei Kapital- und Personenhandelsgesellschaften

Die Werte für kleine Kapitalgesellschaften erhöhen sich um ca. 24 %, für mittelgroße Kapitalgesellschaften lediglich um knapp 4 %. Schätzungen zufolge werden dadurch ca. 7 000 mittelgroße Gesellschaften zu kleinen Gesellschaften und fallen damit aus der Prüfungspflicht heraus (kleine KapGes.: Bilanzsumme von 4,84 auf 6 Mio. Euro und Umsätze von 9,68 auf 12 Mio. Euro erhöht).

Um in 2016 als kleine KapGes. eingestuft zu werden, müssen Sie auch in 2015 die neuen Schwellenwerte unterschritten haben.

3. Neudefinition der Umsatzerlöse (§ 277 Abs. 1 HGB n. F.) – Erlöse aus Verkauf

Für Erzeugnisse und Waren wird künftig der Oberbegriff „Produkte“ verwendet. Neu ist jedoch, dass künftig Veräußerungen von sämtlichen, d. h. auch von atypischen Erzeugnissen und Waren zu Umsatzerlösen gezählt werden. Auch Schrottverkäufe bzw. die Verkäufe überzähliger Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe gehören zukünftig zu den Umsatzerlösen.

Der Verkauf von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens führt auch nach dem BilRUG nicht zu Umsatzerlösen. Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens handelt es sich nicht um Produkte i. S. v. § 277 Abs. 1 HGB n. F.

Erlöse aus Vermietung oder Verpachtung

Hier geht es um die Vermietungsleistung als solche. Zukünftig sind sämtliche Miet- oder Verpachtungserträge als Umsatzerlöse zu erfassen, wie z. B. die Untervermietung von Räumlichkeiten.

Zahlen Sie für die untervermieteten Räumlichkeiten selbst Miete, dann erfolgt der Ausweis der anteiligen Miete als bezogene Fremdleistungen.

Dienstleistungen

Atypische Dienstleistungen stellten bisher sonstige betriebliche Erträge dar. In Zukunft handelt es sich bei diesen Erlösen um Umsatzerlöse. Soweit Konzernumlagen nicht primär in der Eigenschaft als Gesellschafter erbracht werden und auch anderweitig am Markt beziehbar sind, führen diese nun stets zu Umsatzerlösen.

Dies sind z. B. Erlöse für:

  • die Übernahme von Buchhaltungstätigkeiten,
  • Beratungsleistungen,
  • Mitarbeiterüberlassungen sowie
  • Nutzungsrechte an Patenten, Lizenzen und Marken.

Beispiele für nach BilRUG verbleibende sonstige betriebliche Erträge:

  • Buchgewinne aus der Veräußerung von Anlagevermögen
  • Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen
  • Erträge aus der Währungsumrechnung
  • Versicherungserstattungen, sofern diese keinen Ersatz für Umsatzausfall darstellen
  • Erträge aus der Auflösung eines wegen Investitionszuschusses gebildeten Sonderpostens.

Hinweis auf fehlende Vergleichbarkeit mit dem Vorjahr

Gemäß Art. 75 Abs. 2 Satz 3 EGHGB ist im Anhang bzw. Konzernanhang auf die fehlende Vergleichbarkeit der Umsatzerlöse mit dem Betrag des vorhergehenden Geschäftsjahres hinzuweisen und eine Erläuterung unter nachrichtlicher Darstellung des Betrages der Umsatzerlöse des Vorjahres vorzunehmen, der sich aus der Anwendung des § 277 Abs. 1 HGB i. d. F. des BilRUG ergeben hätte.

Formulierungsvorschlag

Durch die erstmalige Anwendung des BilRUG für das Geschäftsjahr 2016 sind die in 2016 ausgewiesenen Umsatzerlöse nicht direkt mit 2015 vergleichbar. Bei Anwendung der neuen Definition der Umsatzerlöse auf das Geschäftsjahr 2015 würde sich ein Umsatz i. H. v. insgesamt … Euro ergeben. Hintergrund ist die Umgliederung von … (… Euro) und … (… Euro) von den sonstigen betrieblichen Erträgen in die Umsatzerlöse.

Foto: Panthermedia/Thomas Francois

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