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Internationales Steuerrecht

Typische Probleme mittelständischer Unternehmen bei Auslandsinvestitionen

Von Gerd-Uwe Gruben, Hannover | Dipl.-Ök. Andreas Roters, Hannover

Immer mehr deutsche mittelständische Unternehmen planen, im Ausland zu investieren und gründen dort Tochtergesellschaften. Diese Investitionen sind typischerweise neben Chancen auch mit einer Vielzahl von betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Risiken verbunden, die zu erheblichen negativen wirtschaftlichen Folgen führen können. Nachfolgend stellen wir zwei wesentliche Risiken am Beispiel eines wirksamen Controllings und der Dokumentation angemessener Verrechnungspreise dar.

Grenzüberschreitendes Rechnungswesen und Controlling

Auch für kleine und mittelständische Unternehmen ist ein wirksames Controlling für eine erfolgreiche Investition im Ausland unabdingbar. Hierbei dient das Controlling der Unternehmensführung zur Steuerung der Unternehmen und ausländischen Gesellschaften. Planung und Kontrolle sind aufeinander abzustimmen, um eine zielführende Informationsversorgung der Unternehmensführung zu ermöglichen.

Aufgrund der Unterschiede in der deutschen und ausländischen Rechnungslegung sind die Auswertungen, die unmittelbar aus dem ausländischen Rechnungswesen gewonnen werden, für das deutsche Controlling i. d. R. nur eingeschränkt brauchbar. Es empfiehlt sich daher, eine grenzüberschreitende Organisation des Rechnungswesens für ein wirksames Controlling aufzubauen. Hierbei sollte das deutsche Unternehmen das Rechnungswesen, soweit es keine internationalen Rechnungslegungsvorschriften anwendet, i. d. R. nach dem deutschen HGB aufbauen. Dies bedeutet, dass auch die ausländische Tochtergesellschaft die Buchführung im Rahmen eines deutschen Kontenplans, den die Muttergesellschaft verwendet, vornimmt. Es sollte berücksichtigt werden, dass der Kontenrahmen so aufgebaut ist, dass im Rahmen von automatisierten Konten auch die entsprechenden notwendigen Steuerschlüssel des ausländischen Rechts vorgesehen sind. Die Buchungen erfolgen in der ausländischen Währung (im Euroraum in Euro, ansonsten in der jeweiligen nationalen Währung). Der Aufbau des Kontenrahmens sollte so erfolgen, dass aus ihm problemlos die im Mutterunternehmen verwendeten und üblichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen generiert werden können. Dieses Verfahren ermöglicht eine Auswertungsidentität bei der deutschen Muttergesellschaft und der ausländischen Tochtergesellschaft. Notwendige Konsolidierungen sowie das Bearbeiten von Auswertungen durch die Geschäftsführung bzw. den Rechnungswesenleiter und Controller werden erleichtert.

Um dieses System möglichst effizient und sicher zu gestalten, ist die Nutzung von automatisierten Buchhaltungssystemen und -prozessen zu empfehlen. In der ausländischen Tochtergesellschaft sollten die Belege gescannt und in elektronischer Form auf einem Server (z. B. dem Zentralserver der Muttergesellschaft) hinterlegt und gleichzeitig gesichert werden. Hierdurch ist es den jeweiligen Zugangsberechtigten, insbesondere dem Controller im Unternehmen, möglich, jederzeit Buchungsbelege einzusehen. Eine nachträgliche Manipulation von Buchungsbelegen wird hierdurch wesentlich erschwert.

Wird das Rechnungswesen in dieser Form organisiert, bleibt das Problem bestehen, nach den gültigen handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften des ausländischen Rechts einen Jahresabschluss und entsprechende Steuererklärungen zu fertigen. In einigen Ländern sieht das ausländische Recht einen gesetzlich vorgeschriebenen Kontenrahmen vor, der nicht mit dem deutschen Kontenrahmen identisch ist. Dies bedeutet, dass zur Erstellung des Jahresabschlusses eine Überleitungsrechnung erfolgen muss. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, eine solche Überleitungsrechnung zu programmieren, sodass die deutschen Konten entsprechend dem ausländischen Kontenrahmen aufgebaut und damit letztendlich dem ausländischen Jahresabschluss zugeordnet werden. Dadurch ist der Jahresabschluss erstellbar. Auf Basis dieses Jahresabschlusses können dann auch entsprechend die ausländischen Steuererklärungen gefertigt werden.

Ein wesentlicher weiterer Vorteil bei der hier geschilderten Vorgehensweise ist, dass bei einem Investment im Ausland die ausländische Tochtergesellschaft das im Rahmen der Finanzbuchhaltung identische Warenwirtschaftssystem wie die Muttergesellschaft verwenden kann. Somit muss nicht ein weiteres Warenwirtschaftssystem im Ausland angeschafft werden, welches im Zusammenspiel zweier Systeme oftmals wegen fehlender Kompatibilität zu erheblichen Problemen und Mehraufwand führt.

Verrechnungspreise

Als Verrechnungspreise bezeichnet man die Berechnungsgrundlagen, die für die Abrechnung von Leistungen zwischen einzelnen gesellschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen maßgeblich sind.

Aufgrund entsprechender Gestaltungen besteht die Möglichkeit, in einem grenzüberschreitend tätigen Firmenverbund Gewinne in niedriger besteuernde Länder zu verlagern. Daher stellt die Überprüfung der Angemessenheit der Verrechnungspreise häufig auch einen Schwerpunkt der steuerlichen Betriebsprüfung in Deutschland dar. Die hierbei eingesetzten Betriebsprüfer sind i. d. R. zum Thema der Angemessenheit der Verrechnungspreise zusätzlich geschult.

Stellt z. B. ein ausländisches verbundenes Unternehmen dem deutschen Unternehmen überhöhte Preise in Rechnung oder rechnet das deutsche Unternehmen gegenüber dem ausländischen verbundenen Unternehmen mit zu niedrigen Preisen ab, unterstellt das Finanzamt eine Unangemessenheit der Verrechnungspreise. Das Finanzamt nimmt in diesen Fall eine Einkünftekorrektur in Deutschland vor. Soweit eine Einkünftekorrektur beim ausländischen verbundenen Unternehmen nicht mehr möglich ist, z. B. wegen einer Bestandskraft der Veranlagungen oder weil sich das ausländische Finanzamt weigert, einen geringeren Gewinn zu berücksichtigen, kommt es im Ergebnis zu einer finalen Doppelbesteuerung.

Hierzu folgendes stark vereinfachtes Beispiel aus der Praxis:

Die mittelständische deutsche D-GmbH gründet in Polen eine Tochtergesellschaft T. Die T produziert für die D-GmbH Maschinen. Die Maschinen werden mit einem Gewinnaufschlag von 30 % von T an die D-GmbH geliefert. Die D-GmbH und T gehen ohne eine konkrete Angemessenheitsprüfung davon aus, dass der Gewinnaufschlag angemessen sei. Der Gewinn der T betrug im Jahr 2011 aus diesen Lieferungen 600 000 Euro. Die Steuerbescheide der T für 2011 sind bereits bestandskräftig. Eine Verrechnungspreisdokumentation wurde nicht erstellt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der D-GmbH geht der Betriebsprüfer nur von einem angemessenen Gewinnaufschlag von 15 % aus.

Lösung

Der Aufwand der D-GmbH im Jahr 2011 wird um 300 000 Euro gekürzt. Die sich hieraus ergebene zusätzliche Steuerbelastung (KSt., Soli und GewSt.) beträgt für die D-GmbH rd. 90 000 Euro. Die Veranlagung der T kann nicht mehr geändert werden. Dieses Beispiel verdeutlicht exemplarisch die steuerliche Brisanz der Verrechnungspreise.

Die deutsche Finanzverwaltung wendet bei der Angemessenheitsprüfung zur Konkretisierung des Fremdvergleichs sog. Standardmethoden wie die Preisvergleichs-, Wiederverkaufspreis- und die Kostenaufschlagsmethode an, die auch international Anerkennung gefunden haben. Hierbei akzeptiert die Finanzverwaltung auch Kombinationen dieser Standardmethoden und Ergänzungen durch weitere Elemente.

Der Unternehmer hat zusätzlich Aufzeichnungen über die Angemessenheit seiner Verrechnungspreise zu erstellen. Die Aufzeichnungen müssen belegen, dass er sich ernsthaft bemüht hat, den Grundsatz des Fremdverhaltens bei der Abgrenzung der Einkünfte zu beachten. Die Aufzeichnungen sollen die angestellten Überlegungen widerspiegeln und nachvollziehbar machen. Hierfür muss der Steuerpflichtige aus seiner Sicht die Eignung der angewendeten Verrechnungspreismethode sowie die Angemessenheit der steuerlich zugrunde gelegten Preise bzw. Ergebnisse begründen. Die erforderlichen Aufzeichnungen sind im Rahmen einer Außenprüfung in Deutschland innerhalb einer Frist von 60 Tagen nach Aufforderung vorzulegen. Zu beachten ist aber, dass im Ausland z. T. deutlich kürzere Fristen gelten. Aus diesem Grund sollten die erforderlichen Aufzeichnungen unabhängig von einer Betriebsprüfung erstellt werden und fortlaufend aktualisiert werden.

Verletzt der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungspflichten, indem er die Dokumentation entweder gar nicht oder zu spät vorlegt oder die vorgelegten Aufzeichnungen unverwertbar sind, sieht das Gesetz eine Veränderung der Beweislastverteilung vor: Die Finanzverwaltung kann – wenn auch widerlegbar – höhere inländische Einkünfte schätzen, insbesondere die Bandbreite möglicher Verrechnungspreise zulasten des Steuerpflichtigen ausschöpfen und einen „Strafzuschlag“ von 5  v. H. bis 10 v. H. des Betrags der Einkünftekorrektur festsetzen.

Zur Vermeidung steuerlicher Risiken sollte daher das Thema „Verrechnungspreise“ bereits mit der Gründung der ausländischen Tochtergesellschaft berücksichtigt werden.

Foto: Panthermedia/Nosonjai

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