Neuerungen durch das SanInsKG
Von Sascha Tessman, Hannover | Manuel Sack, Braunschweig
Das COVInsAG als Vorläufer
Das COVInsAG vom 27.03.2020 sollte einer aufgrund der COVID-19-Pandemie befürchteten Insolvenzwelle entgegenwirken. Dafür schuf der Gesetzgeber unter anderem eine vorrübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Die Aussetzung galt zunächst bis zum 30.09.2020 und nur für Unternehmen, bei denen eine Überschuldung nach § 19 InsO oder Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruhte. Es folgten mehrfache Änderungen und Verlängerungen bis zuletzt zum 30.04.2021.
Neben der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde durch das COVInsAG das Anfechtungsrisiko für Gläubiger reduziert, die insolvenzreifen Unternehmen während des Aussetzungszeitraums Kredite gewährten. Dabei wurden auch die zur Absicherung der Kredite geleisteten Sicherheiten geschützt. Darüber hinaus wurde Gläubigern die Aufrechterhaltung von Vertragsbeziehungen erleichtert, indem das Anfechtungsrisikos für empfangene Leistungen während des Aussetzungszeitraums beschränkt wurde, sofern diese der Befriedigung oder Sicherung von Forderungen dienten.
Als weitere Maßnahme wurde der Prognosezeitraum für das Vorliegen einer Überschuldung durch das COVInsAG für das Jahr 2021 von zwölf auf vier Monate reduziert, sofern die Überschuldung auf die Folgen der COVID-19-Pandemie zurückzuführen war.
Die Anpassung der Überschuldung durch das SanInsKG
Die Umbenennung des Gesetzes verdeutlicht, dass dieses zukünftig nicht mehr ausschließlich auf die COVID-19-Pandemie zugeschnitten ist. Die Neuregelungen des SanInsKG sollen stattdessen insbesondere die aus den rasant steigenden Kosten für Energie und Rohstoffe entstehenden wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen abmildern.
Die derzeitigen Preisvolatilitäten und Versorgungsengpässe können für Unsicherheiten und Schwierigkeiten bei der Erstellung von Prognosen im Hinblick auf die Fortführbarkeit eines Unternehmens sorgen. Hier knüpft das SanInsKG an eine bereits bekannte Regelung an: Der zwölfmonatige Prognosezeitraum im Hinblick auf die insolvenzrechtliche Fortführungsprognose ist bis zum 31.12.2023 auf vier Monate herabgesetzt. Solange ein Unternehmen seinen Zahlungspflichten über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten nachkommen kann, ist der Tatbestand der insolvenzrechtlichen Überschuldung somit nicht erfüllt. Die Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO bleibt hingegen unverändert bestehen.
Die verkürzten Prognosezeiträume gelten auch für Unternehmen, die bereits vor dem 09.11.2022 überschuldet waren, sofern die Fortführung des Unternehmens für die nächsten vier Monate überwiegend wahrscheinlich ist und der für eine rechtzeitige Antragstellung maßgebliche Zeitpunkt nach § 15a Abs. 1 S. 1 und 2 InsO noch nicht verstrichen ist.
Verlängerte Frist zur Insolvenzantragstellung bei Überschuldung
Als zweite zentrale Maßnahme ist im SanInsKG eine Verlängerung der Frist zur Stellung eines Insolvenzantrags infolge einer Überschuldung von derzeit sechs auf acht Wochen normiert worden. Durch die Verlängerung der Frist soll überschuldeten Unternehmen mehr Zeit für die Vorbereitung einer Sanierung durch ein Restrukturierungsverfahren oder ein Eigenverwaltungsverfahren gegeben werden. Die dreiwöchige Frist zur Antragstellung bei Zahlungsunfähigkeit bleibt unverändert bestehen.
Erleichterung der Planung für Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung
Darüber hinaus wird der Zeitraum für die Finanzplanungen bei Beantragung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung sowie für die Restrukturierungsplanung im Rahmen des vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens von sechs auf vier Monate verkürzt.
Ausblick
Der Gesetzgeber schafft mit dem SanInsKG ein Gesetz, mit dem über die COVID-19-Pandemie hinaus auf gegenwärtige und zukünftige Krisen mit insolvenzrechtlichen Milderungsmaßnahmen reagiert werden kann. Eine erneute Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sieht das SanInsKG nicht vor. Die Verkürzung des Prognosezeitraums für das Vorliegen einer Überschuldung ist vergleichbar mit der bereits im COVInsAG enthaltenen Regelung für das Jahr 2021. Damals wollte der Gesetzgeber insbesondere kurzzeitigen Umsatzeinbußen infolge der COVID-19-Pandemie entgegenwirken. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch in dem Verzicht auf ein Kausalitätserfordernis. Der Prognosezeitraum wird daher auch für Unternehmen verkürzt, bei denen eine Überschuldung nicht auf höhere Energiekosten oder Rohstoffpreise zurückzuführen ist.
Die Geschäftsleitung hat zu berücksichtigen, dass der zwölfmonatige Prognosezeitraum schon vor Ablauf des 31.12.2023 wieder bedeutsam werden kann. Denn wenn ein Unternehmen weniger als vier Monate vor dem 31.12.2023 Kenntnis von seiner Überschuldung nach dem ab 01.01.2024 maßgeblichen Prognosezeitraum von zwölf Monaten erlangt, ist dies bereits vorher für die Fortführungsprognose relevant.
Im Hinblick auf die verlängerte Antragsfrist von acht Wochen für den Insolvenzantragsgrund der Überschuldung ist zu beachten, dass die acht Wochen nur ausgeschöpft werden dürfen, sofern die begründete Aussicht auf eine Beseitigung der Überschuldung innerhalb dieses Zeitraums besteht.
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