Be prepared:
Optimale Krisenkommunikation dank Vorbereitung und Prävention
Von Raik Packeiser, Hannover
Foto: Adobe Stock/ ra2 studio
Ob es sich um einen Brand, einen Cyberangriff oder einen durch KI-Manipulationen ausgelösten Skandal handelt – Krisen können erheblichen Schaden anrichten. Wie in diesen Phasen kommuniziert oder auch nicht kommuniziert wird, entscheidet darüber, ob die Auswirkungen des eigentlichen Ereignisses verstärkt oder abgemildert werden. Prävention und Vorbereitung sind hierbei zentrale Elemente für eine erfolgreiche Krisenbewältigung.
Was und ab wann ist Krise?
Krisen sind unerwartete Ereignisse, die den normalen Geschäftsablauf erheblich stören. Unfälle, Datenpannen, Managementfehler oder individuelles Fehlverhalten – was tatsächlich zur Krise wird, hängt nicht zuletzt von der öffentlichen Wahrnehmung ab. Sobald ein Ereignis signifikante mediale Aufmerksamkeit erlangt und die Reputation des Unternehmens gefährdet, ist aus PR-Sicht die Krise da. Krisen sind gekennzeichnet durch hohe Unsicherheit, Dynamik, Emotionalität und Handlungsdruck. Dass Krise aber nicht automatisch heißt, einer Lage völlig ausgeliefert zu sein, legt bereits das Wort selbst nahe: „Krise“ stammt vom Altgriechischen krisis ab, das ursprünglich unter anderem „Entscheidung“ bedeutet. Es kommt also trotz allem auf das eigene, aktive Handeln an.
Kopf in den Sand? Keine gute Option!
Drei Gründe sprechen dafür, in der Krise die Initiative zu ergreifen bzw. zu erhalten:
Erstens erlaubt aktive Krisenkommunikation, die Deutungshoheit zu bewahren. Nicht-alltägliches, spektakuläres Geschehen hat hohen Nachrichtenwert und ist ein gefundenes Thema für (Soziale) Medien. Dabei bedarf es heute keines Reporters oder Filmteams mehr, um ein Millionenpublikum zu erreichen – jede und jeder mit einem Smartphone ist dazu potenziell in der Lage. Wer als Unternehmen nicht selbst kommuniziert, überlässt das Feld also anderen. Wichtige Stakeholder erreichen dann (Falsch-)Informationen aus fremder Quelle – oder sie entstehen sogar dort: Die eigenen Beschäftigten, die heute in Social Media oder Messenger-Diensten ebenso Urheber bzw. Sender von News sein können, sind dabei ein zu berücksichtigender Faktor. Gerade wenn große Unternehmen betroffen sind, bedienen Handybilder oder Screenshots aus dem Firmen-Innenleben oft geläufige Narrative wie „gesichtsloser Konzern gegen wehrlosen Einzelkämpfer“, „Profitgier gegen Aufrichtigkeit“, „David gegen Goliath“. Die Konsequenzen lauten daher: intern vor extern kommunizieren und die eigenen Kanäle zur maßgeblichen Anlaufstelle für verlässliche, aktuelle Informationen aus erster Hand machen – Website, Intranet, Social-Media-Präsenzen, Newsletter etc.
Zweitens beeinflusst eine gelungene Krisenkommunikation, wie die Öffentlichkeit den Umgang mit einem Krisenereignis beurteilt und die Krise in Erinnerung behält – oft mehr noch als die eigentliche Bewältigung der Krisenursache. Nicht selten entsteht der größere Schaden daher durch die (unterbliebene) Kommunikation in der Krise, durch mangelnde Empathie oder zu langes Zögern. Souveräne Krisenkommunikation ist deswegen ein essenzieller Bestandteil des unternehmerischen Krisenmanagements und wichtiges Element, um die Krise zu überwinden.
Drittens schützt Krisenkommunikation das langfristig aufgebaute Markenimage. Krisen haben das Potenzial, die Ergebnisse dieses Aufwands in Windeseile zu ramponieren. Als Folge des Vertrauens- und Reputationsverlusts drohen nicht nur Umsatzeinbußen. Die Zusammenarbeit mit Anwohnern, Politik oder Verwaltung erschwert sich, erfahrene Fachkräfte sehen sich lieber nach anderen Stellen um, langjährige Kooperationspartner wenden sich ab. Den Ruf zu reparieren, frisst abermals Ressourcen – viel mehr als Investitionen in Präventions- oder Vorbereitungsmaßnahmen gekostet hätten.
Krisenprävention und -vorbereitung: A und O der Krisenkommunikation
Aktivitäten zur Prävention und Vorbereitung auf die wahrscheinlichsten Krisenkommunikationsszenarien sind also gut investiert. Was sind die Essentials?
Wichtigstes Instrument ist das – kontinuierlich aktualisierte – Krisenhandbuch. Es dokumentiert die Ergebnisse der organisatorischen und inhaltlichen Vorbereitung auf die bedeutendsten Krisenszenarien und gibt konkrete Handlungsweisungen vor. Behandelt werden darin organisatorische, technische und inhaltliche Aspekte, etwa die Krisenstab-Zusammensetzung, Leitung, Rollen, Zuständigkeiten, Räume, Ausstattung etc. Entscheidungsbefugnisse und Informationsflüsse werden darin ebenso beschrieben wie Freigabeprozesse. Ein konkreter Fahrplan für die ersten unmittelbaren Schritte im Krisenfall wird festgelegt. Hilfreich ist, die für den Krisenfall geplante Schritte im Vorfeld mit der Rechtsabteilung und anderen Unternehmensbereichen abzustimmen. Bestenfalls werden die Abläufe zudem bei Übungen auf den Prüfstand gestellt und verinnerlicht.
Für die meisten Krisenszenarien lassen sich Mustertexte und generische Wordings präparieren. Dazu zählen insbesondere Holding-Statements, die eine schnelle Reaktion ermöglichen, bevor umfangreichere Informationen vorliegen. Auch Pressemitteilungen oder Social-Media-Posts können im gewissen Rahmen bereits vorformuliert, (rechtlich) abgestimmt und freigegeben werden, sodass im akuten Fall lediglich Lücken ausgefüllt werden. Hinzu kommen FAQ-Listen, Richtlinien und Verhaltensregeln für Beschäftigte, ein aktuelles Factsheet, adäquates Bild- und Videomaterial sowie Dark-Sites, die im Bedarfsfall die eigentliche Unternehmenswebsite ersetzen können. All das erleichtert die Krisenbewältigung erheblich, weil Ressourcen für anderes frei bleiben.
Für die nötige Sicherheit im öffentlichen Auftritt bzw. vor Journalisten können regelmäßige Kommunikationstrainings bei den verantwortlichen Akteuren das Bewusstsein für die wesentlichen Regeln schärfen, auf die es bei der Krisenkommunikation sowohl auf rationaler als auch emotionaler, unterbewusster Ebene ankommt. Solche Trainings unterstützen dabei, Selbst- und Fremdbild abzugleichen und miteinander in Einklang zu bringen.
Der bedeutendste Grundstein für gelungene Krisenkommunikation wird nach meiner Erfahrung allerdings bereits viel früher gelegt: Durch aktive, strategische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und verlässliche, umsichtige Kommunikation in ruhigen Zeiten lässt sich bei allen wichtigen Anspruchsgruppen von Kunden über Lieferanten und Beschäftigten bis hin zur allgemeinen Öffentlichkeit ein Kredit an Akzeptanz und Vertrauen aufbauen, von dem in Krisenzeiten erheblich profitiert werden kann. Daran erweisen sich im Übrigen der Sinn und die Notwendigkeit von Public Relations, die hinter dem (Content-)Marketing heute leider oft genug zurückstehen muss.
Fazit: Krisen sind unvermeidbar – doch ihre Auswirkungen lassen sich durch gezielte Vorbereitung und Kommunikation entscheidend mildern. „Be prepared!“ lautet deshalb das Motto für erfolgreiche Krisenkommunikation. Gezielte Vorbereitung auf Krisenszenarien, ein klares Handbuch für den Falle eines Falles, Schulungen und Trainings für die wichtigsten Akteure sind deshalb lohnende Investitionen. Nicht zuletzt allerdings bleibt die beste Krisenprävention eine kontinuierliche, konzeptionell gesteuerte Unternehmenskommunikation. Damit aufgebautes Vertrauen bildet das Fundament, das den besten Halt bietet, wenn es ernst und stürmisch wird.
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