Artikel erschienen am 10.01.2025
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Franchising

Franchising Expansionspotenziale für Unternehmer durch schlüsselfertige Geschäftskonzepte

Von Dipl.-Volkswirt, Rechtsanwalt, Joachim Rudo, Hannover

Foto: Adobe Stock/ andranik123

Bedeutung des Franchisings

Franchise wird zwar überwiegend mit erfolgreichen Unternehmen aus der Systemgastronomie wie McDonald’s oder Burger King in Verbindung gebracht. Tatsächlich haben sich Franchisesysteme aber in allen bedeutenden Branchen etabliert und agieren u.a. in Dienstleistung, Handel und Gastronomie, aber auch im Handwerk. 2023 waren in Deutschland rund 910 Franchisesysteme am Markt, die von über 147 000 Franchisenehmern mit über 190.000 Franchisebetrieben und 800.000 Beschäftigten genutzt wurden.

Partnerschaft und Arbeitsteilung

Die Idee des Franchisings basiert auf Partnerschaft und Arbeitsteilung. Der Franchisegeber bietet ein bewährtes, schlüsselfertiges Geschäftskonzept, das der Franchisenehmer gegen Gebühr nutzen darf. Franchisenehmer sind selbstständige Unternehmer, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung arbeiten. Der Franchisenehmer erhält nicht nur eine starke Marke mit einem hohen Bekanntheitsgrad, sondern kann auf ein Gesamtpaket zurückgreifen, das z.B. erprobte Marketing- und Vertriebskonzepte, aufwendige Standort- und Marktanalysen und regelmäßige Schulungen beinhaltet. Im Gegenzug kann der Franchisegeber von vielen Franchisenehmern wichtige Informationen über neueste Trends und Kundenwünsche erhalten, die zügig in die stetige Optimierung des Geschäftskonzepts einfließen können.

Vor- und Nachteile für Franchisenehmer

Je nach Branche und Ausgestaltung des Franchisesystems winken dem Franchisenehmer meist folgende Vorteile:

  • Geringes Gründungsrisiko: Franchisenehmer profitieren von Anfang an vom Know-How des Franchisegebers und können Anfängerfehler bei der Gründung weitgehend vermeiden.
  • Kapitalbeschaffung: Das Unternehmerrisiko in einem etablierten Franchisesystem ist oft deutlich geringer als bei Einzelkämpfern als Gründer, was den Zugang zu Fremdkapital und die Verhandlungsposition bei Finanzierungen verbessert. Schneller Markteintritt: Ein etabliertes Franchisekonzept erleichtert den Markteintritt deutlich, insbesondere durch die aktive Unterstützung des Franchisegebers bei der
  • Standortanalyse und Immobilienauswahl.
  • Ausgereifte Marketingstrategie: Franchisenehmer können sich auf die Professionalität der Systemzentrale und gemeinsame Marketingaktivitäten verlassen und haben andere Kosten und Lernkurven als Einzelkämpfer.
  • Arbeitsteilung/Kernkompetenzen: Der Franchisenehmer kann und muss sich vor Ort auf seine Kernkompetenzen, meist den Kundenkontakt, konzentrieren, während er bzgl. Marketing, Weiterentwicklung, Verwaltung (z.B. bei AGB, Kundenverwaltung, Datenschutz) und Controlling auf die Erfahrung und Hilfestellung des Franchisegebers vertraut.

Nachteilig erscheinen potentiellen Franchisenehmern außer den anfänglichen und den regelmäßigen Lizenzgebühren die begrenzten unternehmerischen Freiheiten:

Die Kehrseite der Risikobegrenzung durch erprobte und etablierte standardisierte Produkte bzw. Dienstleistungen ist die Einschränkung der unternehmerischen Freiheiten vor allem im Marketing und bei der Produktauswahl. Die im Franchisevertrag und -handbuch definierten Spielregeln erlauben wenig Alleingänge.

Pflichten des Franchisegebers

Franchising ist in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Beim Aufbau und der Weiterentwicklung eines Franchisesystems bedarf es daher einer gründlichen und sorgfältigen Erarbeitung und Abbildung der beiderseitigen Rechte und Pflichten im Franchisevertrag, oft auch Lizenzvertrag genannt. Hierfür sind sowohl detaillierte Branchenkenntnisse als auch Erfahrungen mit der Dynamik von Franchisesystemen erforderlich. Ein Muster eines Franchisevertrags aus einer völlig anderen Branche kann nicht einfach unbesehen übernommen werden. Der Betreiber eines Fast-Food-Restaurants hat andere Interessen und Pflichten als ein Textilhändler oder Fitnessstudiobetreiber.

Zu den typischen Vertragspflichten gehören die Überlassung von Nutzungsrechten an Marken, Designs und Urheberrechten für Werbemittel sowie des Know-hows des Franchisegebers. Regelmäßige Pflicht ist auch die Schulung der Systempartner und ihrer Mitarbeiter und die Beratung beim Auf- und Ausbau der einzelnen Betriebe. Marketingmaßnahmen werden regelmäßig systemeinheitlich zentral vom Franchisegeber entwickelt und gesteuert. Die wesentlichen Inhalte des Franchisekonzepts finden sich im Franchise-Handbuch, welches dem Franchisenehmer vor Abschluss des Vertrages zur Einsicht zur Verfügung gestellt wird, um den vorvertraglichen Aufklärungspflichten zu genügen. Die tatsächliche Aushändigung des Handbuchs erfolgt dann erst nach dem verbindlichen Abschluss des Franchisevertrags.

Rechte und Pflichten des Franchisenehmers

Der Franchisenehmer ist vorrangig zur Zahlung der Eintrittsgebühr und der laufenden Franchisegebühren, die meist vom Umsatz abhängen, und zur Betriebsführung im Einklang mit den Vorgaben des Franchisesystems verpflichtet. Regelmäßig werden auch Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten bzgl. des zur Verfügung gestellten Know-hows vereinbart. Je nach Franchisekonzept können aber auch weitere Pflichten wie beispielsweise Warenabnahmepflichten oder Alleinbezugspflichten vorgesehen werden.

Konfliktvermeidende Gestaltung des Franchisevertrags

Beim Franchisesystem binden sich beide Seiten langfristig, mindestens 5 Jahre, meist sogar 10 Jahre oder noch länger. Interessengegensätze sollten frühzeitig erkannt und angesprochen werden, um (Rechts-)Streitigkeiten möglichst von vornherein zu vermeiden.

Typische Konfliktpotentiale und Streitpunkte sind

  • die unvollständige Umsetzung des Franchisekonzepts durch den Franchisenehmer,
  • der Umgang mit „Alleingängen“ von Franchisenehmern,
  • Bezugsbindungen,
  • Wettbewerbsverbote während und nach Ablauf des Lizenzvertrags,
  • und zum Vertragsende die Laufzeit und Fragen der außerordentlichen Kündigung.

Ein guter Franchisegeber sollte beim Aufbau des Franchisesystems und im laufenden Betrieb frühzeitig die möglichen Konflikte identifizieren und im Franchisevertrag angemessen berücksichtigen. Zur Vermeidung solcher Konflikte dienen

  • eine umfassende vorvertragliche Aufklärung,
  • sorgfältig formulierte, ausführliche und verständliche Lizenzverträge,
  • deren gründliche Lektüre durch den Franchiseinteressenten,
  • detaillierte Verhandlungen und Schulungen
  • sowie während des Franchisevertrags die ständige Einbeziehung der Erfahrungen der Franchisenehmer in die Weiterentwicklung des Konzepts.

Bei der Neueinführung eines Franchisesystems in einer Branche ist kaum möglich, alle wesentlichen zukünftigen Entwicklungen vorherzusehen. Franchiseverträge unterliegen typischerweise einer ständigen Weiterentwicklung aufgrund der anfänglichen Fehler, der Erfahrungen im Verhältnis der Franchisepartner und der geänderten Marktbedingungen.

Erfahrungen aus der Einführung und Entwicklung von Franchisesystemen in anderen Branchen können bei der Gestaltung und Weiteentwicklung der Franchiseverträge brauchbar sein. Die Herausforderung und die Kunst ist es dabei zu unterscheiden, welche Erfahrungen man von Sandwiches und Burgern auf Fitnessstudios, von Wein auf Bier oder von Amerika auf Deutschland übertragen kann und welche nicht.

 

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