Die Haftung der Geschäftsleiter für ihre Mitarbeiter
Von Oliver Förster LL.M. (UC Hastings), HamburgKommt es zu Schäden durch Fehler von Mitarbeitern, scheint die Darlegung eines Schadensersatz auslösenden pflichtwidrigen Verhaltens des Geschäftsleiters auf den ersten Blick schwierig, denn schließlich hat nicht er, sondern der Mitarbeiter fehlerhaft gehandelt. In der Praxis wird dem Geschäftsleiter aber zunehmend die Verletzung seiner Pflicht zur Unternehmensorganisation vorgeworfen, frei nach dem Motto: „Wäre das Unternehmen ordnungsgemäß organisiert gewesen, hätte der Mitarbeiter keinen Schaden anrichten können.“
Nach der dem Geschäftsleiter obliegenden Pflicht zur Unternehmensorganisation ist dem Unternehmen ein organisatorisches Grundgerüst zu geben, es ist in funktionsfähige und aufeinander abgestimmte Einheiten zu gliedern und es ist der unternehmensinterne Informationsfluss zu sichern. Es muss zudem ein Überwachungssystem eingerichtet werden, mit dem die Risiken für die Unternehmensfortführung erfasst und kontrolliert werden können. Der konkrete Inhalt dieser Pflichten richtet sich freilich stets nach Art und Größe des betreffenden Unternehmens. Dem Geschäftsleiter ist ein unternehmerisches Ermessen zuzubilligen.
Delegiert der Geschäftsleiter Aufgaben an Mitarbeiter, hat er nicht ständig zu argwöhnen, dass seine Mitarbeiter pflichtvergessen sind und sie auf Schritt und Tritt überwacht werden müssen. Er darf sich im Allgemeinen darauf verlassen, dass seine Delegatare die ihnen übertragenen Aufgaben pflichtgemäß erfüllen. Dies gilt jedenfalls so lange, als dass der Geschäftsleiter der bei ihm trotz Delegation verbleibenden Aufsichtspflicht genügt, insbesondere kein Anlass dazu besteht, an der gehörigen Erfüllung der übertragenen Aufgaben zu zweifeln.
Macht der Geschäftsleiter von seiner Delegationsbefugnis Gebrauch, lässt die Delegation seine Verantwortung nicht zur Gänze entfallen, sondern gibt ihr einen anderen Inhalt. Der Geschäftsleiter hat in diesem Falle für (1.) eine ordnungsgemäße Auswahl der Mitarbeiter (Auswahlpflicht), (2.) ihre den Aufgaben angemessene Einweisung und Information (Einweisungspflicht) sowie (3.) die erforderliche Überwachung (Überwachungspflicht) einzustehen.
Sofern die Größe des Unternehmens und die Komplexität der anfallenden Aufgaben dies erfordert, darf der Geschäftsleiter die Überwachung der Mitarbeiter ebenfalls delegieren (Meta-Überwachung).
Sind die mit der Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe betrauten Personen sorgfältig ausgewählt und eingewiesen, d. h., existiert die erforderliche Überwachungsorganisation, darf sich der Geschäftsleiter auf die Überwachung der Überwacher beschränken.
Hat der Geschäftsleiter keinen konkreten Anlass, daran zu zweifeln, dass die von ihm eingesetzten Überwacher ihre Aufgaben korrekt erfüllen, und hat er darüber hinaus dafür Sorge getragen, dass er möglichst zuverlässig und früh von möglichen Missständen in der ansonsten sachgerecht eingerichteten Organisation erfährt, kann er auf das Funktionieren dieser Organisation vertrauen. Besteht hingegen ein konkreter Anlass zu Zweifeln, trifft ihn eine Interventions- bzw. Eingreifpflicht.
Nach alledem ist dem Geschäftsleiter anzuraten, die von ihm gewählte Unternehmensorganisation sorgfältig, auch bezüglich ihrer Gründe, zu dokumentieren. Die Organisation ist ständig darauf zu prüfen, ob sie einer Anpassung bedarf. Von großer Bedeutung ist ferner die regelmäßige, insbesondere aber auch stichprobenartige Überprüfung der Mitarbeiter und gegebenenfalls die Verhängung von Sanktionen. Hat der Geschäftsleiter Anlass zu der Annahme, dass ein Mitarbeiter seine Aufgaben nicht pflichtgemäß erfüllt, muss der Geschäftsleiter sofort einschreiten. Missachtet der Geschäftsleiter diese Grundsätze, wird er sich schnell dem Vorwurf der Verletzung seiner Organisationspflichten ausgesetzt sehen und wegen der ihn treffenden Last zum Nachweis der Erfüllung seiner Pflichten in eine schwierige Lage gelangen. Er wird dann für Fehler seiner Mitarbeiter haften.