Artikel erschienen am 01.03.2014
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Die Unternehmenstransaktion als multidisziplinärer Prozess

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Unter den Begriff Unternehmenstransaktion lässt sich eine Vielzahl von Vorgängen aus dem – neudeutsch auch mit M&A – umrissenen Bereich des An- und Verkaufes von Unternehmen oder Unternehmensteilen subsumieren. Aus Sicht mittelständischer Käufer oder Verkäufer werden Wachstums- oder Desinvestitionsstrategien verfolgt, Geschäftsfelder abgegeben oder neu aufgebaut oder unliebsame Konkurrenten vom Markt gekauft. Ebenso kommt es vor, dass allein eine zukunftsfähige Technologie oder Entwicklung übernommen werden soll, um sie im vorhandenen Betrieb und bei bereits bestehenden Strukturen schnell an den Markt – und den Mann oder die Frau – bringen zu können. Nicht zuletzt fällt auch die familien- oder unternehmensbezogene Unternehmensnachfolge in die Kategorie Unternehmenstransaktion.

Auch wenn die Unternehmenstransaktion viele unterschiedlich motivierte Aktivitäten und Beteiligte kennt, ist der zugrunde liegende Prozess in seinen wesentlichen Schritten stets gleich:

I. Analyse des Status quo → II. Ableitung konkreter Anforderungen → III. Auswahlverfahren und Prüfung → IV. Verhandlung und (vertragliche) Festlegung → V. Umsetzung und Integration

Bei der mittelständischen Unternehmensnachfolge in der Familie handelt es sich dann beispielsweise um I. die Vermögensanalyse einschließlich der Motivanalyse, II. die Definition der Anforderungen an den Nachwuchs, III. die Festlegung der Rollen – Gesellschafter, Beirat, Geschäftsführung – der Familienmitglieder und zunehmend auch externer Manager, IV. die Einigung auf eine für alle Familienmitglieder tragfähige und interessengerechte Lösung. Auch dies erfordert Verhandlungen und oftmals mehr als lediglich ein Testament als „einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung“ und damit einen richtigen Vertrag und V. die erfolgreiche Umsetzung des Vereinbarten, die den Senioren oft ungewohnte Zurückhaltung auferlegt und den Nachfolgern meist noch unterentwickeltes Fingerspitzengefühl abverlangt.

Ebenso vielfältig wie die Anlässe für eine Unternehmenstransaktion sind die Anzahl der Beteiligten und die zu bearbeitenden Fragestellungen. Nur in den seltensten Fällen sind sich Verkäufer und Käufer allein genug und zudem ausreichend finanziert, personell ausgestattet und – auch dies ist die Regel – ausreichend qualifiziert, um den Prozess ohne externe Beteiligte zügig und fehlerfrei zum gewünschten Ergebnis zu bringen. Neben der obligatorischen Bank – gerne auch einer Sparkasse –, die im Mittelstand eher selten durch eine Venture-Capital-Gesellschaft oder Private Equity ersetzt wird, sind es Rechts- und Steuerberater, oft auch Wirtschaftsprüfer, zudem Gutachter und weitere Technikspezialisten, die den multidisziplinären Prozess begleiten.

Da die beteiligten Unternehmer den relevanten Markt und die Teilnehmer, d. h. Kunden, Lieferanten, aber auch Mitarbeiter oft aus eigener Erfahrung am besten kennen, wird für diesen Bereich externe Expertise nur in besonderen Konstellationen – beispielsweise bei universitären Spinn-offs – benötigt. Dagegen ist kompetente Beratung für die Bereiche Finanzen, Recht und Steuern – die Aufzählung ist nicht präjudiziell – unerlässlich und damit es funktioniert, müssen diese Bereiche auch noch gemeinsam und koordiniert – d. h. multidisziplinär – bearbeitet werden.

Auch wenn mittlerweile unzählige Leitfäden – meist für den Verkauf mittelständischer Unternehmen – existieren, ist der autodidaktische Ansatz nicht zu empfehlen. Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen hinreichend die Bedeutung des Verständnisses für den Prozess und die Fähigkeit, über den Tellerrand der eigenen Spezialisierung blicken zu können, um multidisziplinär eine Auflösung des natürlichen Interessengegensatzes zwischen Käufer und Verkäufer zu erreichen.

Fazit

Auch wenn der Facettenreichtum einer Unternehmenstransaktion dazu führt, dass jeder einzelne Vorgang – insbesondere für die Akteure – als Solitär erscheint, denn welcher Mittelständler verkauft in seinem Leben zwei und mehr Unternehmen, ist er dies für die beteiligten Banker und Berater nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn sie Unternehmenstransaktionen als gelebten multidisziplinären Prozess begreifen und routiniert begleiten.

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