Die missglückte Unternehmensnachfolge
Risiken der Erbfolgegestaltung bei Betriebsaufspaltungen
Von Dr. iur. Thomas Beckmann, Bielefeld | Lutz Scholz, BielefeldI. Problem
Diese Nachfolgeplanung kann zivilrechtlich erreicht werden, führt jedoch zu verheerenden steuerlichen Folgen, wie das nachstehende Beispiel verdeutlichen soll:
Vater V ist Alleingesellschafter einer GmbH, an die er ein Betriebsgrundstück vermietet. In seinem Testament setzt V seine beiden Kinder als Erben ein und bestimmt, dass sein Sohn S die GmbH-Beteiligung, seine Tochter T das Grundstück erben soll.
1. Zivilrecht
Entgegen der „landläufigen“ Meinung erwirbt der Sohn nicht unmittelbar die GmbH-Beteiligung bzw. die Tochter nicht das Grundstück, da eine direkte Zuordnung von Nachlassgegenständen nur durch Vermächtnisse möglich ist. Tochter und Sohn sind Miterben in einer Erbengemeinschaft geworden. Es liegt zudem eine Erbquotenregelung mit Teilungsanordnung vor, wonach sich Sohn und Tochter nach dem Erbfall entsprechend auseinandersetzen müssen / sollen.
2. Steuerliche Folgen
Durch die Erbauseinandersetzung tritt Folgendes ein:
a) Ertragsteuerliche Auswirkungen
Zu Lebzeiten des Vaters bestand eine sogenannte Betriebsaufspaltung, die unter anderem zur Folge hatte, dass sowohl das Grundstück als auch die GmbH-Beteiligung zu dem Betriebsvermögen des Vaters gehörten. Diese Folge beruht auf einer steuerlichen Fiktion.
Durch die Erbauseinandersetzung wird die Betriebsaufspaltung und damit der (fiktive) Gewerbebetrieb automatisch beendet, wodurch sämtliche stillen Reserven im Grundstück und in der GmbH-Beteiligung aufgedeckt und durch die Erben voll versteuert werden. Dies kann zu einer Einkommensteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) von bis zu 50 % führen. Gewerbesteuer fällt nicht an.
b) Erbschaftsteuerliche Auswirkungen
Durch die Erbauseinandersetzung verliert das Grundstück seine Betriebsvermögensqualität und dadurch die Begünstigungsfähigkeit nach dem ErbStG (85 % bzw. 100 % Verschonungsabschlag). Aufgrund unklarer Richtlinienlage kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass auch die GmbH-Beteiligung durch die Auseinandersetzung die Begünstigungsfähigkeit verliert. Der Verkehrswert des Grundstückes und der GmbH-Beteiligung unterliegt dann in vollem Umfang der Erbschaftsteuer. Diese beträgt für Kinder bis zu 30 %.
c) Ergebnis
Durch den Erbfall und die Erbauseinandersetzung kommt es zu einer Steuerbelastung von bis zu 80 % der Verkehrswerte des Betriebsvermögens ohne Liquiditätszufluss. Durch diese Substanzbesteuerung besteht ein großes Risiko für das Unternehmen mit der Folge der Vernichtung von Nachlasswerten. Im Zweifel muss das ererbte Vermögen verkauft werden, um die Steuern zu finanzieren.
II. Lösungsvorschläge
Um derartige ungewollte und teils existenzbedrohende Steuerbelastungen zu vermeiden, sind die nachstehend aufgeführten Maßnahmen zu überdenken, die jedoch auf den jeweiligen Einzelfall exakt angepasst sein müssen:
1. Beendigung Betriebsaufspaltung
Durch eine steuerneutrale Einlage des Grundstücks in die GmbH gehen im Erbfall nur GmbH-Anteile über, die erbschaftsteuerlich begünstigt sind. Allerdings entsteht eine größere „Haftungsmasse“ bei der GmbH sowie Grunderwerbsteuer.
2. Umwandlung der GmbH in eine Personengesellschaft
Durch Umwandlung der GmbH in eine Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) wird die Betriebsaufspaltung steuerneutral beendet und das Grundstück, das weiterhin im Eigentum des Unternehmers steht, zu sogenanntem Sonderbetriebsvermögen. Im Erbfall und der anschließenden Erbauseinandersetzung kommt es ertragsteuerlich nur zur Versteuerung der stillen Reserven in dem Grundstück. Für den Grundstückswert fällt auch Erbschaftsteuer an. Erbschaftsteuerlich bleibt zumindest die Gesellschaftsbeteiligung begünstigungsfähig.
Im Ergebnis geht die Beteiligung an der GmbH & Co. KG ohne jede Steuerbelastung über. Der Übergang des Grundstücks löst wie im Ausgangsfall Steuern von bis zu 80 % aus. Insgesamt ist die Steuerbelastung aber deutlich niedriger als im Ausgangsfall.
3. Alleinerbenstellung
Um zu vermeiden, dass das aufgespaltene betriebliche Vermögen an verschiedene Person fällt und dadurch die oben beschriebenen Folgen eintreten, kann eine Person als Alleinerbe bestimmt werden. Die Betriebsaufspaltung bleibt bestehen, das Betriebsvermögen (GmbH-Beteiligung und Grundstück) ist bei S erbschaftsteuerlich begünstigt. Der Erbe hat Ausgleichszahlungen an die „weichenden Erben“ zu leisten, die bei diesen erbschaftsteuerpflichtig sind.
4. Gesellschaftsrechtliche Lösung
Ist kein sonstiges Vermögen vorhanden, welches die nicht in das Unternehmen nachfolgenden Erben zum Ausgleich erhalten können und soll der Unternehmensnachfolger auch nicht mit Abfindungen belastet werden, kommt nur eine unternehmerische Mitbeteiligung aller Erben in Betracht. Hierbei ist durch die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen und Vertretungsregelungen sicherzustellen, dass der Erbe, der als geeigneter Nachfolger angesehen wird, den maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensgeschicke erhält. Mitbestimmungsrechte sonstiger Erben können begrenzt werden, sodass diesen im Wesentlichen nur noch die Gewinnbezugsrechte und Anteile an den stillen Reserven zustehen. Erbschaftsteuerlich sind dann alle Erben begünstigt.
III. Fazit
Der Wille des V, sein Vermögen nach seinem Tod zu trennen (operative Einheit an S, Grundbesitz an T) führt im Beispielsfall zu erheblichen Steuerbelastungen. Diese sind im Zweifel so hoch, dass andere Gestaltungen gesucht werden müssen.
Es gilt, für den Einzelfall eine Lösung zu finden, die den Vorstellungen des Erblassers möglichst nahe kommt. Dabei muss vermieden werden, dass es im Erbfall zu unvorhergesehenen Steuerzahlungen kommt, die letztendlich das Unternehmen und dessen Existenz gefährden. Um die beste Lösung bei den unterschiedlichen Zielen zu erreichen, sollten diese Fragen frühzeitig erörtert werden. Dabei ist zivil- und steuerrechtliche Beratung dringend zu empfehlen.
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