Artikel erschienen am 01.01.2012
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Family Governance

So schaffen Sie die Balance zwischen Familien- und Unternehmens­interessen

Von Dr. iur. Uwe Hohage, Bielefeld | Andreas Stephan Ernst, Bielefeld

Für eine über Generationen hinausgreifende erfolgreiche Family Governance ist die Balance zwischen den in erster Linie betriebswirtschaftlichen Zielen der operativen Unternehmensleitung und den übergreifenden Interessen der Unternehmerfamilie in ihrer Funktion als Inhaber des Unternehmens zu wahren.

Familienunternehmen sind auf einen generationsübergreifenden Fortbestand, aber auch auf Werteerhalt ausgerichtet. Alle Familienmitglieder müssen deshalb eine von allen zu tragende Philosophie erarbeiten, diese dokumentieren und leben – sowohl untereinander in der Familie als auch im Umgang mit dem Familienunternehmen und Dritten. Die wichtigste Aufgabe für die Unternehmerfamilie ist es darum zunächst, ihre langfristigen Ziele zu erarbeiten, Werte zu bestimmen, Strategien festzulegen und das Ganze dann zum Beispiel in einer Familienverfassung bindend zu vereinbaren. Das gilt unabhängig von der Rechtsform des Familienunternehmens und ungeachtet der Ausgestaltung etwaiger Gesellschaftsverträge.

In der praktischen Umsetzung hat jeder Einzelne aus der Familie dann gemäß den Zielvorgaben und Leitsätzen der Familie zu handeln – innerhalb der Familie, aber ebenso im Außenverhältnis. Das bedeutet letztlich, dass zwei Philosophien ineinandergreifen müssen – die familienintern wirkende sowie die unternehmensrelevant ausgerichtete. Denn nur als Einheit wird ein Familienunternehmen zu einer fortdauernden Erfolgsstory. Sonst kann weder das operative Management, ob es nun aus der Familie kommt oder familienfremd ist, erfolgreich arbeiten, noch herrscht Friede in der Familie. Um diese Einheit herzustellen, gibt es grundsätzlich zwei Extrempositionen –„family first“ oder „business first“. „Family first“ bedeutet, dass seitens des Unternehmens immer Kompromisse einzugehen sind, um die Interessen der Familie zu befriedigen und letztlich den Familienfrieden zu wahren. Bei „business first“ dagegen treten die Partikularinteressen der Familie hinter den Unternehmensinteressen zurück. Für diese Option spricht, dass nur ein erfolgreiches Unternehmen den generationsübergreifenden Werterhalt des Familienvermögens sichert. Dagegen spricht, dass gerade nicht das (externe) Management, sondern die Familie als Eigentümerin die strategische Ausrichtung des Unternehmens und die Lebensweise der Familie bestimmen sollte.

Als beste Lösung gilt daher ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den beiden Positionen „business first“ und „family first“, idealerweise in einer Familienverfassung mit mindestens den folgenden fünf Punkten dokumentiert:

1. Abstimmungsverhalten

Es spricht für gute Family Governance, wenn die Familie gegenüber dem Management mit nur einer Stimme spricht – sowohl bezüglich der Gewinnverwendung als auch in der strategischen Ausrichtung. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein genaues Procedere für Abstimmungen in der Familie im Vorfeld der Gesellschafterversammlung zu schaffen und in der Familiensatzung bzw. im Gesellschaftsvertrag festzulegen.

2. Nachfolgeregelung

In die Familienverfassung gehören ebenfalls Regelungen zur Gestaltung der unternehmerischen Nachfolge. Konkret: Welches Können benötigt ein Familienmitglied beziehungsweise der Vertreter eines Familienstamms, um beispielsweise für den Aufsichts- oder Beirat des Familienunternehmens zu kandidieren.

3. Veränderungen im Gesellschafterkreis

Wer kann Gesellschafter werden? Was geschieht, wenn ein Gesellschafter ausscheiden will oder muss? Wie und von wem werden die Anteile dann bewertet? Und vor allem: Unter welchen Bedingungen dürfen Anteile übertragen werden? Das kann zum Beispiel im Wege einer Kaskade geschehen: Zunächst gehen die Anteile an die eigenen Abkömmlinge. Sind keine vorhanden, folgen die Kinder desselben Stammes. Erst danach werden die Anteile stammübergreifend innerhalb der Familie weitergegeben.

4. Operative Mitarbeit von Familienmitgliedern

Ein Muss ist eine Absprache der Familie darüber, ob Mitglieder der Familie aktiv im Unternehmen mitarbeiten dürfen, in welcher Funktion das möglich ist und welche Kompetenzen solche „Inhouse“-Kandidaten mitzubringen haben.

5. Transparenz

Alle Spielregeln werden von der Familienversammlung verabschiedet. Die Familienverfassung muss transparent sein und auch Wege vorsehen, wie interne oder externe Konflikte gelöst werden.

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