Guter Rat
Beiräte in mittelständischen Unternehmen
Von Dr. iur. Bernhard König, DetmoldDer Gesetzgeber hat ein Kontroll- und Beratungsgremium im Aktiengesetz in Form des Aufsichtsrats eingehend geregelt.
Vergleichbare gesetzliche Vorschriften für Beiräte in mittelständischen Unternehmen gibt es nicht, abgesehen von mitbestimmungsrechtlichen Sonderfällen, in denen der Gesetzgeber für bestimmte Unternehmensträger zwingend die Bildung eines Aufsichtsrats unter Beteiligung von Arbeitnehmern vorschreibt (Mitbestimmungsgesetz, Drittel-Beteiligungsgesetz, Montan-Mitbestimmungsgesetz, Kapitalanlagegesellschaften). Inhaber mittelständischer Unternehmen, die Beiräte schaffen wollen, genießen daher große Gestaltungsfreiheit. Wer einen Beirat gründen will, kann ihn den spezifischen Besonderheiten und Erfordernissen seines Unternehmens anpassen.
Unterschiedliche Funktionen von Beiräten
Beiräte können je nach spezieller Situation im jeweiligen Unternehmen eine unterschiedliche Funktion erfüllen. Typische Fallkonstellationen, in denen Beiräte gebildet werden, können hier nur kurz dargestellt werden:
Beirat mit Beratungsfunktion
Der Unternehmer und / oder die Gesellschafter haben Interesse daran, sich in Fragen der strategischen Unternehmensentwicklung oder auf einzelnen Geschäftsfeldern von externen Dritten beraten zu lassen. Durch den Beirat wird ein nicht durch „Betriebsblindheit“ getrübter Blick außenstehender Dritter in Entscheidungsprozesse integriert. Durch Berufung entsprechend qualifizierter Beiratsmitglieder kann Sachverstand in Bereichen, die in Unternehmen nicht oder nicht ausreichend repräsentiert sind, in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Ein solcher Beirat entscheidet nicht, er berät nur die Entscheider (Geschäftsführer und Gesellschafter).
Der Beirat als „Aufsichtsrat“
Der Beirat kann die Aufgabe haben, die Geschäftsführung zu überwachen, die Geschäftsführung zu bestellen und abzuberufen, alle Rechtsgeschäfte mit der Geschäftsführung abzuschließen. Er kann darüber hinaus die Aufgabe bekommen, in bestimmten Fragen anstelle der Gesellschafterversammlung die Entscheidungen zu treffen. Die Kompetenzen eines solchen „starken Beirats“ können frei gestaltet werden – bis zur Grenze der unentziehbaren Kernkompetenzen anderer Gesellschaftsorgane wie der Gesellschafterversammlung oder der Geschäftsführung.
Beirat als „Schiedsrichter“
In Konfliktsituationen zwischen den Gesellschaftern oder zwischen den Gesellschaftern und der Geschäftsführung kann ein Beirat vermitteln. Diese Vermittlungsfunktion ist häufig gefragt, wenn in Familiengesellschaften Fremdgeschäftsführer eingesetzt sind oder Konfliktsituationen unter Gesellschaftern bestehen, z. B. dann, wenn mehrere Familienstämme Gesellschafter sind oder infolge mehrfacher Erbfolge der Kreis der Gesellschafter sehr heterogen geworden ist. Soll der Beirat Spannungen auflösen und die Entscheidungsfähigkeit der Gesellschafterversammlung sicherstellen, kann er das durch Vermittlung unter den Beteiligten, je nach Ausgestaltung im Einzelfall, aber auch durch Entscheidungsrechte in sonst nicht auflösbaren Konfliktsituationen. Der Beirat hat in diesen Fällen die Aufgabe, das Unternehmensinteresse gegenüber den möglichen Partikularinteressen von beteiligten Gesellschaftergruppen zu wahren.
Instrument einer Nachfolgeregelung
Beiräte werden häufig gebildet, um den Übergang auf Geschäftsführungs- und Gesellschafterebene von einer Generation auf die nächste Generation der Familie zu begleiten und Kontinuität im Übergang sicherzustellen. Übergibt der Vater seinen Kindern die Unternehmensleitung, ist ein Beirat häufig das geeignete Instrument, auf der einen Seite die Erfahrung der bisherigen Unternehmensleiter weiter einzubinden und auf der anderen Seite ein geeignetes Kontrollgremium zu installieren, in dem neben dem „Altgeschäftsführer“ auch externer Sachverstand beteiligt wird. Ein solcher Beirat kann Konflikte zwischen Alt und Jung bei Nachfolgeregelungen versachlichen.
Beirat als Instrument der Erbregelung
Starke Beiräte mit Entscheidungskompetenzen können ein begleitendes Instrument zur Sicherstellung von Erbfolgeregelungen sein. Will ein Familienunternehmer sein Unternehmen innerhalb der Familie vererben, in der er ausreichenden unternehmerischen Sachverstand nicht erkennen kann, kann ein kompetent besetzter Beirat mit Entscheidungskompetenzen (starker Beirat) und Kontrollfunktion gegenüber einer Fremdgeschäftsführung sicherstellen, dass das Unternehmensinteresse Vorrang vor möglicherweise divergierenden Interessen der Erben behält. Anordnungen zu Beiräten können in solchen Fällen auch (begleitend) im Testament getroffen werden.
Diese unterschiedlichen Interessenlagen, die für die Gründung eines Beirats sprechen, können sich auch überlappen.
Schon diese wenigen Beispiele typischer Interessenkonstellationen zeigen: In vielen sehr unterschiedlichen Konstellationen kann ein Beirat ein geeignetes Instrument der Unternehmensverfassung sein.
Rechtliche Absicherung des Beirats
Wie der Beirat rechtlich abgesichert wird, hängt von seiner Funktion ab. Ein beratender Beirat ohne Entscheidungskompetenzen braucht in der Satzung einer GmbH oder im Vertrag einer Gesellschaft nicht abgesichert zu werden. Einen solchen beratenden Beirat kann der Unternehmer aufgrund von Verträgen, die er mit den Beiratsmitgliedern schließt, berufen. Wenn der Beirat institutionell abgesichert werden soll, ist auch ein solcher beratender Beirat in der Satzung bzw. im Gesellschaftervertrag zu regeln. Beiräte mit Kontroll- und Entscheidungskompetenzen müssen im Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung einer GmbH geregelt werden. Die Gesellschafter behalten letztlich die Hoheit auch über den Beirat: Es steht ihnen jederzeit frei, einen einmal geschaffenen Beirat durch entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrages bzw. der Satzung wieder aufzulösen.
Inhaltlich sind die Gesellschafter frei, die Kompetenzen des Beirates so „schwach“ oder so „stark“ zu regeln, wie sie es in der jeweiligen Situation und Interessenlage für richtig halten. Soll ein „starker“ Beirat mit Entscheidungskompetenzen gebildet werden, ist die „Macht“ des Beirats in allen gewünschten Abstufungen frei regelbar: Von einer Entscheidungskompetenz des Beirats nur in Fragen, in denen sich die Gesellschafter nicht einigen können oder in denen Konflikte zwischen Geschäftsführern oder Gesellschaftern bestehen, über eine die Gesellschafterversammlung teilweise verdrängende Entscheidungskompetenz in bestimmten Fragen (z. B. Zustimmung zu zustimmungsbedürftigen Geschäften der Geschäftsführung, Stellung und Abberufung von Geschäftsführern, Abschluss von Dienstverträgen mit Geschäftsführern, Feststellung Jahresabschluss etc.) bis zu einer weitgehenden Verdrängung der Gesellschafterversammlung durch einen Beirat.
Die Satzung regelt auch die Zahl der Beiratsmitglieder (üblich sind drei oder maximal fünf), das Verfahren, in dem sie bestellt werden (Wahl, Benennung durch einzelne Gesellschafter oder Gesellschafterstämme, Entsendungsrechte), ihre Abberufung und die Dauer der Amtsperiode.
Fragen des Verfahrens innerhalb des Beirats (Vorsitz, Einladungen, Sitzungen, Tagesordnung etc.) können außerhalb der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages in einer Geschäftsordnung für den Beirat geregelt werden.
Kosten des Beirats
Wer seinen Beirat durch qualifizierte Personen besetzen will, muss deren Tätigkeit angemessen vergüten. Die Vergütung des Beirats kann in einer Geschäftsordnung des Beirats geregelt werden. Es gibt verschiedene Vergütungsmodelle. Beiratsmitglieder werden entweder nach Stundenaufwand auf der Basis von Stundensätzen vergütet (insbesondere bei beratenden Beiräten) oder sie erhalten eine Vergütung in Kombination einer Festvergütung und eines Stundenhonorars.
Verantwortung und Haftung
Mitglieder eines Beirats, insbesondere eines Beirats mit Kontroll- und Entscheidungskompetenzen, leben nicht ungefährlich. Wenn sie kraft Satzung oder Gesellschaftsvertrag Organ des Unternehmens sind, haben sie bei der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organmitglieds zu handeln. Haftungsrisiken bestehen, wenn Beiratsmitglieder ihre Kontrollfunktion gegenüber der Geschäftsführung nicht wahrnehmen, wenn sie außergewöhnliche Geschäfte der Geschäftsführung genehmigen, ohne konkret nachzufragen, oder Maßnahmen der Geschäftsführung zustimmen, obwohl erkennbar die Entscheidungsgrundlagen weder bei der Geschäftsführung noch bei den Beiratsmitgliedern ausreichen. Bei unternehmerischen Entscheidungen gilt allerdings für Beiratsmitglieder genauso wie für Geschäftsführer und Vorstände von Aktiengesellschaften, dass der Entscheidende ein unternehmerisches Ermessen hat und nur dann für falsche unternehmerische Entscheidungen in Haftung genommen werden kann, wenn er entweder die Grundlagen der Entscheidung nicht ausreichend ermittelt oder eine völlig unvernünftige und unvertretbare Entscheidung getroffen hat.
Die Haftung der Beiratsmitglieder kann in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag auf die Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit beschränkt werden. Außerdem sollte das Unternehmen darauf hinwirken, dass die Beiratsmitglieder über die D&O-Versicherung des Unternehmens Deckungsschutz genießen, sodass ihr evtl. schadensverursachendes Handeln – mit Ausnahme des vorsätzlichen Handelns, das nicht versicherbar ist – durch die Versicherung gedeckt ist.
Auswahl der Beiratsmitglieder
Die Kunst liegt neben der auf den Einzelfall maßgeschneiderten Konstruktion des Beirats vor allem in der Auswahl seiner Mitglieder. Das Anforderungsprofil an Beiratsmitglieder hängt davon ab, welche Funktion der Beirat erfüllen soll. In jedem Fall sollten die Gesellschafter darauf Wert legen, dass die Beiratsmitglieder fachlich qualifiziert und persönlich unabhängig sind und durch ihr Wissen und ihre Persönlichkeit eine Gewähr dafür bieten, dass der Beirat die Ziele erreichen kann, die die Gesellschafter mit ihm verfolgen.
Insgesamt kann in vielen Situationen ein Beirat, klug konstruiert und richtig besetzt, ein Instrument der Unternehmenssicherung im Mittelstand sein.