Artikel erschienen am 01.01.2012
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Guter Rat

Beiräte in mittelständischen Unternehmen

Von Dr. iur. Bernhard König, Detmold

Mittelständische Unternehmen gründen in wachsender Zahl Beiräte. Sie installieren damit ein zusätzliches Beratungs- und Kontrollgremium zwischen Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung, das im Einzelfall verschiedene Funktionen erfüllen soll.

Der Gesetzgeber hat ein Kontroll- und Beratungsgremium im Aktiengesetz in Form des Aufsichtsrats eingehend geregelt.

Vergleichbare gesetzliche Vorschriften für Beiräte in mittelständischen Unternehmen gibt es nicht, abgesehen von mitbestimmungs­rechtlichen Sonderfällen, in denen der Gesetz­geber für bestimmte Unternehmen­sträger zwingend die Bildung eines Aufsichtsrats unter Beteiligung von Arbeit­nehmern vorschreibt (Mit­bestim­mungs­gesetz, Drittel-Beteiligungs­gesetz, Montan-Mit­bestimmungs­gesetz, Kapital­anlage­gesellschaften). Inhaber mittel­ständischer Unternehmen, die Beiräte schaffen wollen, genießen daher große Gestal­tungs­freiheit. Wer einen Beirat gründen will, kann ihn den spezifischen Besonder­heiten und Erfordernissen seines Unternehmens anpassen.

Unterschiedliche Funktionen von Beiräten

Beiräte können je nach spezieller Situation im jeweiligen Unternehmen eine unterschiedliche Funktion erfüllen. Typische Fallkonstellationen, in denen Beiräte gebildet werden, können hier nur kurz dargestellt werden:

Beirat mit Beratungsfunktion

Der Unternehmer und / oder die Gesellschafter haben Interesse daran, sich in Fragen der strategischen Unternehmens­entwicklung oder auf einzelnen Geschäftsfeldern von externen Dritten beraten zu lassen. Durch den Beirat wird ein nicht durch „Betriebs­blindheit“ getrübter Blick außenstehender Dritter in Entscheidungs­prozesse integriert. Durch Berufung entsprechend qualifizierter Beiratsmitglieder kann Sachverstand in Bereichen, die in Unternehmen nicht oder nicht ausreichend repräsentiert sind, in Entscheidungs­prozesse einbezogen werden. Ein solcher Beirat entscheidet nicht, er berät nur die Entscheider (Geschäftsführer und Gesellschafter).

Der Beirat als „Aufsichtsrat“

Der Beirat kann die Aufgabe haben, die Geschäfts­führung zu überwachen, die Geschäfts­führung zu bestellen und abzuberufen, alle Rechtsgeschäfte mit der Geschäfts­führung abzuschließen. Er kann darüber hinaus die Aufgabe bekommen, in bestimmten Fragen anstelle der Gesell­schafter­versammlung die Entscheidungen zu treffen. Die Kompetenzen eines solchen „starken Beirats“ können frei gestaltet werden – bis zur Grenze der unentziehbaren Kernkompetenzen anderer Gesellschafts­organe wie der Gesellschafter­versammlung oder der Geschäfts­führung.

Beirat als „Schiedsrichter“

In Konfliktsituationen zwischen den Gesellschaftern oder zwischen den Gesellschaftern und der Geschäfts­führung kann ein Beirat vermitteln. Diese Vermittlungs­funktion ist häufig gefragt, wenn in Familien­gesellschaften Fremdgeschäfts­führer eingesetzt sind oder Konflikt­situationen unter Gesellschaftern bestehen, z. B. dann, wenn mehrere Familien­stämme Gesellschafter sind oder infolge mehrfacher Erbfolge der Kreis der Gesellschafter sehr heterogen geworden ist. Soll der Beirat Spannungen auflösen und die Entscheidungs­fähigkeit der Gesellschafter­versammlung sicherstellen, kann er das durch Vermittlung unter den Beteiligten, je nach Ausgestaltung im Einzelfall, aber auch durch Entscheidungs­rechte in sonst nicht auflösbaren Konfliktsituationen. Der Beirat hat in diesen Fällen die Aufgabe, das Unternehmens­interesse gegenüber den möglichen Parti­kular­interessen von beteiligten Gesellschaftergruppen zu wahren.

Instrument einer Nachfolgeregelung

Beiräte werden häufig gebildet, um den Übergang auf Geschäfts­führungs- und Gesell­schafter­ebene von einer Generation auf die nächste Generation der Familie zu begleiten und Kontinuität im Übergang sicherzustellen. Übergibt der Vater seinen Kindern die Unternehmens­leitung, ist ein Beirat häufig das geeignete Instrument, auf der einen Seite die Erfahrung der bisherigen Unternehmens­leiter weiter einzubinden und auf der anderen Seite ein geeignetes Kontroll­gremium zu installieren, in dem neben dem „Altgeschäftsführer“ auch externer Sachverstand beteiligt wird. Ein solcher Beirat kann Konflikte zwischen Alt und Jung bei Nachfolgeregelungen versachlichen.

Beirat als Instrument der Erbregelung

Starke Beiräte mit Entscheidungs­kompetenzen können ein begleitendes Instrument zur Sicherstellung von Erbfolgeregelungen sein. Will ein Familienunternehmer sein Unternehmen innerhalb der Familie vererben, in der er ausreichenden unternehmerischen Sachverstand nicht erkennen kann, kann ein kompetent besetzter Beirat mit Entscheidungs­kompetenzen (starker Beirat) und Kontrollfunktion gegenüber einer Fremdgeschäfts­führung sicherstellen, dass das Unternehmensinteresse Vorrang vor möglicherweise divergierenden Interessen der Erben behält. Anordnungen zu Beiräten können in solchen Fällen auch (begleitend) im Testament getroffen werden.

Diese unterschiedlichen Interessenlagen, die für die Gründung eines Beirats sprechen, können sich auch überlappen.

Schon diese wenigen Beispiele typischer Interessen­konstellationen zeigen: In vielen sehr unterschiedlichen Konstellationen kann ein Beirat ein geeignetes Instrument der Unternehmensverfassung sein.

Rechtliche Absicherung des Beirats

Wie der Beirat rechtlich abgesichert wird, hängt von seiner Funktion ab. Ein beratender Beirat ohne Entscheidungs­kompetenzen braucht in der Satzung einer GmbH oder im Vertrag einer Gesellschaft nicht abgesichert zu werden. Einen solchen beratenden Beirat kann der Unternehmer aufgrund von Verträgen, die er mit den Beiratsmitgliedern schließt, berufen. Wenn der Beirat institutionell abgesichert werden soll, ist auch ein solcher beratender Beirat in der Satzung bzw. im Gesell­schafter­vertrag zu regeln. Beiräte mit Kontroll- und Entscheidungs­kompetenzen müssen im Gesellschafts­vertrag bzw. der Satzung einer GmbH geregelt werden. Die Gesellschafter behalten letztlich die Hoheit auch über den Beirat: Es steht ihnen jederzeit frei, einen einmal geschaffenen Beirat durch entsprechende Änderung des Gesellschafts­vertrages bzw. der Satzung wieder aufzulösen.

Inhaltlich sind die Gesellschafter frei, die Kompetenzen des Beirates so „schwach“ oder so „stark“ zu regeln, wie sie es in der jeweiligen Situation und Interessenlage für richtig halten. Soll ein „starker“ Beirat mit Entscheidungs­kompetenzen gebildet werden, ist die „Macht“ des Beirats in allen gewünschten Abstufungen frei regelbar: Von einer Entscheidungs­kompetenz des Beirats nur in Fragen, in denen sich die Gesellschafter nicht einigen können oder in denen Konflikte zwischen Geschäftsführern oder Gesellschaftern bestehen, über eine die Gesellschafter­versammlung teilweise verdrängende Entscheidungs­kompetenz in bestimmten Fragen (z. B. Zustimmung zu zustim­mungs­bedürftigen Geschäften der Geschäfts­führung, Stellung und Abberufung von Geschäfts­führern, Abschluss von Dienst­verträgen mit Geschäfts­führern, Feststellung Jahres­abschluss etc.) bis zu einer weitgehenden Verdrängung der Gesellschafter­versammlung durch einen Beirat.

Die Satzung regelt auch die Zahl der Beiratsmitglieder (üblich sind drei oder maximal fünf), das Verfahren, in dem sie bestellt werden (Wahl, Benennung durch einzelne Gesellschafter oder Gesellschafterstämme, Entsendungsrechte), ihre Abberufung und die Dauer der Amtsperiode.

Fragen des Verfahrens innerhalb des Beirats (Vorsitz, Einladungen, Sitzungen, Tagesordnung etc.) können außerhalb der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages in einer Geschäftsordnung für den Beirat geregelt werden.

Kosten des Beirats

Wer seinen Beirat durch qualifizierte Personen besetzen will, muss deren Tätigkeit angemessen vergüten. Die Vergütung des Beirats kann in einer Geschäfts­ordnung des Beirats geregelt werden. Es gibt verschiedene Vergütungs­modelle. Beiratsmitglieder werden entweder nach Stunden­aufwand auf der Basis von Stundensätzen vergütet (insbesondere bei beratenden Beiräten) oder sie erhalten eine Vergütung in Kombination einer Festvergütung und eines Stundenhonorars.

Verantwortung und Haftung

Mitglieder eines Beirats, insbesondere eines Beirats mit Kontroll- und Entscheidungs­kompetenzen, leben nicht ungefährlich. Wenn sie kraft Satzung oder Gesellschafts­vertrag Organ des Unternehmens sind, haben sie bei der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organmitglieds zu handeln. Haftungsrisiken bestehen, wenn Beiratsmitglieder ihre Kontrollfunktion gegenüber der Geschäftsführung nicht wahrnehmen, wenn sie außergewöhnliche Geschäfte der Geschäftsführung genehmigen, ohne konkret nachzufragen, oder Maßnahmen der Geschäftsführung zustimmen, obwohl erkennbar die Entschei­dungs­grundlagen weder bei der Geschäftsführung noch bei den Beirats­mitgliedern ausreichen. Bei unternehmerischen Entscheidungen gilt allerdings für Beirats­mitglieder genauso wie für Geschäfts­führer und Vorstände von Aktien­gesell­schaften, dass der Entscheidende ein unternehmerisches Ermessen hat und nur dann für falsche unternehmerische Entscheidungen in Haftung genommen werden kann, wenn er entweder die Grundlagen der Entscheidung nicht ausreichend ermittelt oder eine völlig unvernünftige und unvertretbare Entscheidung getroffen hat.

Die Haftung der Beirats­mitglieder kann in der Satzung bzw. im Gesellschafts­vertrag auf die Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit beschränkt werden. Außerdem sollte das Unternehmen darauf hinwirken, dass die Beirats­mitglieder über die D&O-Versicherung des Unternehmens Deckungs­schutz genießen, sodass ihr evtl. schadens­verursachendes Handeln – mit Ausnahme des vorsätzlichen Handelns, das nicht versicherbar ist – durch die Versicherung gedeckt ist.

Auswahl der Beiratsmitglieder

Die Kunst liegt neben der auf den Einzelfall maßgeschneiderten Konstruktion des Beirats vor allem in der Auswahl seiner Mitglieder. Das Anforderungs­profil an Beirats­mitglieder hängt davon ab, welche Funktion der Beirat erfüllen soll. In jedem Fall sollten die Gesell­schafter darauf Wert legen, dass die Beirats­mitglieder fachlich qualifiziert und persönlich unabhängig sind und durch ihr Wissen und ihre Persönlichkeit eine Gewähr dafür bieten, dass der Beirat die Ziele erreichen kann, die die Gesellschafter mit ihm verfolgen.

Insgesamt kann in vielen Situationen ein Beirat, klug konstruiert und richtig besetzt, ein Instrument der Unternehmenssicherung im Mittelstand sein.

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