Artikel erschienen am 01.01.2012
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Neue Incoterms

Grundsätzliche Strukturen

Von Prof. Dr. iur. Burghard Piltz, Bielefeld

Seit dem 01.01.2011 gelten die neuen Incoterms® 2010 der Internationalen Handelskammer mit Hauptsitz in Paris (ICC). Durch Verwendung einer Klausel der Incoterms können die im Export / Import aufkommenden Pflichten des grenzüberschreitend tätigen Käufers bzw. Verkäufers in einer praktikablen Kurzformel vereinbart werden, ohne dass es dazu langatmiger Ausführungen bedarf. Zugleich gewährleistet die Verwendung der Incoterms, dass damit alle für die Durchführung eines grenzüberschreitenden Liefervertrages wesentlichen Pflichten angesprochen werden und nicht unbedacht bleiben. Die Incoterms regeln jedoch nicht alles, was Gegenstand eines Kaufvertrages sein könnte, sondern konzentrieren sich auf die gerade bei Außenhandelsgeschäften bedeutsamen Pflichten des Käufers und des Verkäufers.

So treffen die Incoterms etwa keine Aussage zum Abschluss des Kaufvertrages oder der Einbeziehung von AGB, zu den Modalitäten und der Sicherung der Kaufpreiszahlung, zu den Eigentumsverhältnissen an der Ware (keine Regelung zum Eigentumsvorbehalt!) und insbesondere nicht zu den Konsequenzen von Leistungsstörungen. Diese Fragen beurteilen sich nach dem für den Liefervertrag ansonsten maßgeblichen Recht, in weitem Umfang heute nach dem UN-Kaufrecht / CISG. Stattdessen regeln die Incoterms namentlich, welche Partei welche Beförderungs- und Versicherungsverträge abzuschließen hat, den Liefer- und den Abnahmeort, den Gefahrenübergang, die Kostentragung, die Verantwortung für Lizenzen, Genehmigungen, Sicherheitsfreigaben und sonstige Formalitäten, welche Dokumente an die andere Partei zu übergeben sind sowie die wechselseitig obliegenden Benachrichtigungspflichten.

Mit den Incoterms® 2010, die nunmehr auch für nationale Geschäfte gedacht sind, wurden die Incoterms auf elf Klauseln reduziert. Die noch in den Incoterms 2000 enthaltenen Klauseln DAF, DES, DEQ und DDU sind weggefallen. Neu hinzugekommen sind stattdessen die Klauseln DAP und DAT.

Jede Klausel besteht wie bisher aus einem Drei-Buchstaben-Code. Nach den Anfangsbuchstaben der englischsprachigen Fassung sortierend gliedern sich die Incoterms in vier Hauptgruppen. Jede Hauptgruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass die Kosten- und Risikotragung innerhalb der Gruppe nach dem gleichen Prinzip, aber unterschiedlich gegenüber den anderen Hauptgruppen ausgestaltet ist. Die Pflichten des Verkäufers nehmen von der E- über die F- und die C- bis zu den D-Klauseln zu, während sich die Verantwortung des Käufers entsprechend reduziert:

E-Gruppe

Die einzige Klausel dieser Gruppe (EXW – ab Werk) verlangt von dem Verkäufer lediglich, dass er die Ware verpackt und gekennzeichnet dem Käufer zur Abholung zur Verfügung stellt. Die Verladung ist bereits Sache des Käufers. Erst recht hat sich der Verkäufer nicht um den Transport zu kümmern.

F-Gruppe

Auch nach den Klauseln der F-Gruppe (FCA – frei Frachtführer, FAS – frei Längsseite Seeschiff, FOB – frei an Bord) ist der Käufer für den Haupttransport der Ware verantwortlich. Der Verkäufer ist im Unterschied zu EXW jedoch verpflichtet, die Ware bis zu dem benannten Lieferort zu befördern und sie für den Export freizumachen. Die Durchfuhr durch dritte Staaten und die Einfuhr in das Bestimmungsland ist Angelegenheit des Käufers. Während die Klauseln FAS und FOB nur für Schiffsbeförderungen geeignet sind, ist die Klausel FCA für sämtliche Transportarten und insbesondere für die Versendung von Containern konzipiert.

C-Gruppe

Die Klauseln CFR (Kosten und Fracht) und CIF (Kosten, Versicherung und Fracht) sind nur für den Schiffstransport geeignet, während die Klauseln CPT (frachtfrei) und CIP (frachtfrei versichert) für jede Transportart und namentlich bei der Verwendung von Containern eingesetzt werden können. Gemeinsam ist allen Klauseln, dass der Verkäufer anders als bei der F-Gruppe zwar den Haupttransport auf eigene Kosten abzuschließen hat, die Gefahr jedoch ebenso wie bei der F-Gruppe bereits mit der Übergabe an den Frachtführer des Haupttransports auf den Käufer übergeht. Die Annahme der Ware durch den Käufer erfolgt anders als bei den F-Klauseln nicht bereits an dem Liefer-, sondern erst an dem bezeichneten Bestimmungsort. Wegen der unterschiedlichen Schnittstellen für Lieferort und Gefahrübergang einerseits und Abnahmeort und Kostenübergang andererseits kann der Verkäufer verpflichtet werden, für die Ware eine Transportversicherung abzuschließen (CIF bzw. CIP), die in der Regel jedoch lediglich eine in der Praxis nicht ausreichende Mindestversicherung umfasst.

D-Gruppe

Als typisches Charakteristikum sämtlicher Klauseln der D-Gruppe (DAP – geliefert benannter Ort, DAT – geliefert Terminal, DDP – geliefert verzollt) hat der Verkäufer alle Kosten und Risiken bis zum Eintreffen der Ware an dem benannten Bestimmungsort zu tragen, der zugleich der Lieferort ist. Die D-Klauseln bilden demzufolge weitgehend die Umkehrregelung zur F-Gruppe, DDP kann bei entsprechender Ausgestaltung das Gegenstück zu EXW darstellen.

Bild: Busja

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