Artikel erschienen am 14.01.2013
E-Paper

„Die Perspektive stimmt“

Die private Hochschule im Fokus: Interview mit Prof. Dr. Franz Wagner

Von Prof. Dr. rer. nat. Franz Wagner, Paderborn

Die Wahl des passenden Studiengangs ist das eine. Die Frage nach der richtigen Hochschule – privat oder staatlich – ist das andere. Beides gehört zusammen und bildet in Summe die Grundlage für einen erfolgreichen Karrierestart. Prof. Dr. Franz Wagner, Präsident der Fachhochschule der Wirtschaft mit dem Hauptsitz in Paderborn sowie den Standorten Bielefeld, Bergisch Gladbach und Mettmann, reflektiert im Interview die Grundzüge eines Studiums an einer privaten Hochschule.

Die Kardinalfrage gleich vorab: Welche Einrichtung ist für einen jungen Menschen, der vor dem Studienbeginn steht, die richtige Wahl – die private oder staatliche Hochschule?
Prof. Dr. Franz Wagner: Ich breche hier bewusst eine Lanze für die private Fachhochschule, ohne das Studium an einer staatlichen Universität als Alternative kategorisch auszuschließen. Meiner Erfahrung nach ist das konzeptionelle Gerüst einer privaten Fachhochschule zum Beispiel im Bereich Wirtschaftswissenschaften zeitgemäßer, weil praxisorientierter. Nebenbei bemerkt, lässt sich durchaus von einer gesunden Koexistenz staatlicher und privater Hochschulen sprechen. Teils befriedigen private Hochschulen Studierendenbedürfnisse, die das vorhandene staatliche System derzeit nicht oder nur unzureichend abdeckt. Was im Endeffekt bereits zu einer Bereicherung und Differenzierung im Hochschulsystem geführt hat.

Zwischen 2000 und 2010 hat sich die Studierendenzahl an privaten Hochschulen auf insgesamt 95 000 vervierfacht. Was macht den Reiz der aktuell 90 anerkannten deutschen Hochschulen in privater Trägerschaft – davon 79 Fachhochschulen – aus?
Prof. Dr. Franz Wagner: Auch wenn die private Hochschullandschaft ein heterogenes Bild abgibt, bietet das Gros den Studierenden doch ein zielgerichtetes und zügiges Studium mit großer Praxisnähe, ausgeprägter Arbeitsmarktorientierung und sehr guten Karriereaussichten. Die Perspektive stimmt.

Inwiefern bieten sich Absolventen die besseren Aussichten – welches Konzept liegt dem zugrunde?
Prof. Dr. Franz Wagner: Private Hochschulen haben den Anspruch, ihren Studierenden ein von der Praxis geprägtes Studienangebot zu bieten, die Konzentration liegt auf Anwendungswissen und der Vermittlung arbeitsmarktrelevanter Kompetenzen. Institutionalisierte Auslandsaufenthalte während des Studiums sowie die Nähe zu fördernden Unternehmen erhöhen die Chance auf einen direkten Eintritt ins Berufsleben nach Studienende.

Das „Duale Studium“ wird in diesem Zusammenhang als ultima ratio benannt – in Deutschland sind derzeit über 61 000 Studierende in mehr als 900 dualen Studiengängen eingeschrieben. Was hat es mit diesem Studienformat auf sich?
Prof. Dr. Franz Wagner: Charakteristisch für duale Studiengänge ist die inhaltliche Verknüpfung von Theorie und Praxis. Das Studium setzt sich aus Studienzeiten mit Vorlesungen und Seminaren an der Hochschule und Praxiszeiten in diversen Abteilungen kooperierender Unternehmen zusammen. Diese Konstellation bietet allen Beteiligten eine Win-win-Situation.

Profitiert nur das Unternehmen bei der Personal-beschaffung oder auch der Studierende?
Prof. Dr. Franz Wagner: Definitiv beide Seiten. Das Studienformat bietet den größten Mehrwert, da es die Ausbildungsanforderungen des Unternehmens und die Ausbildungswünsche der jungen Menschen am besten vereint. Junge Menschen verwirklichen ihren Studienwunsch und erhalten zugleich eine betriebsnahe Vorbereitung auf das Berufsleben. Unternehmen gewinnen qualifizierte Nachwuchskräfte und bereiten sie gezielt und in verhältnismäßig kurzer Zeit auf verantwortungsvolle Tätigkeiten im Unternehmen vor.

Duales Studium“ ist nicht gleich „Duales Studium“ – wo liegen die Unterschiede?
Prof. Dr. Franz Wagner: Ausbildungsintegrierende Studiengänge – rund die Hälfte aller dualen Studienangebote – verbinden ein Hochschulstudium mit einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf und führen zum Abschluss im entsprechenden Ausbildungsberuf und zum Studienabschluss der beteiligten Hochschule, im Regelfall dem Bachelor. Der andere große Bereich – praxisintegrierende Studiengänge – setzen sich aus Studienphasen und längeren Praxisphasen im Unternehmen zusammen und führen allein zum Erwerb eines Hochschulabschlusses. Die Koordination erfolgt in Absprache zwischen Unternehmen und Hochschule. Zudem gibt es berufsbegleitende Formen des „Dualen Studiums“.

Den Regelfall vor Augen: Auf dem Weg zum Bachelor durchläuft der Studierende ein „Duales Studium“. Was kommt ihm zugute?
Prof. Dr. Franz Wagner: Insbesondere die Verbindung von praktischer Tätigkeit und wissenschaftlichem Studium ermöglicht ein schnelleres und verbessertes Verständnis beider Felder. Relativ kleine, persönliche Studiengruppen abseits überfüllter Hörsäle – ohnehin ein Alleinstellungsmerkmal der privaten Hochschulen – erlauben eine individuelle Betreuung der Studierenden. Das motiviert alle Seiten und verkürzt die tatsächliche Studiendauer signifikant. Je nach Ausgestaltung des „Dualen Studiums“ ermöglicht die verkürzte Gesamtausbildungsdauer einen frühzeitigen Einstieg in das Erwerbsleben, wobei der Abschluss eines dualen Bachelorstudiums in der Regel auch den Zugang zu Masterstudiengängen bietet. Zuletzt bedeutet die Ausbildungs- bzw. Praktikumsvergütung für die Studierenden finanzielle Sicherheit. Das kann im Einzelfall sogar die Finanzierung der gesamten Studiengebühren bedeuten. Gerade jungen Menschen aus einkommensschwächeren Familien kann dies den Weg zum Bildungsaufstieg ebnen. Übernahmequoten von teils über 80 % nach Abschluss des Studiums sind keine Seltenheit und sprechen ebenfalls für hervorragende Aussichten der Absolventen auf einen adäquaten Arbeitsplatz.

Warum stehen duale Studierende bei Unternehmen – gerade auch kleinen und mittelständischen Betrieben – so hoch im Kurs?
Prof. Dr. Franz Wagner: Weil den Studierenden beides vermittelt wird: eine wissenschaftliche Qualifikation und fundierte Praxiserfahrung, die sich frühzeitig an den Erfordernissen des Unternehmens ausrichtet. Ferner lässt sich qualifizierter Nachwuchs direkt ans Unternehmen binden und bereits während des Studiums mit den betrieblichen Arbeitsabläufen vertraut machen. Duale Studiengänge sind daher für Unternehmen ein wichtiges Instrument der frühzeitigen Fachkräftesicherung für anspruchsvolle Zielpositionen. Die gesammelten Erfahrungen haben zudem aufgezeigt, dass sich dual Studierende durch ein sehr gutes Leistungsprofil, ein hohes Maß an Belastbarkeit, Motivation und Selbstorganisation auszeichnen.

Selbst die Hochschule partizipiert.
Prof. Dr. Franz Wagner: Schon weil das Ergebnis zufriedenstellt: Hohe Erfolgsquoten, die weitgehende Einhaltung der Regelstudienzeit, eine sehr geringe Studienabbruchquote und die hohe Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen spricht für das Konzept. Die Lehr- und Lernqualität steigt mit zunehmendem Austausch im Dreiecksverhältnis von Hochschule-Studierendem-Unternehmen an, selbst in der anwendungsorientierten Forschung und beim Wissens- und Technologietransfer ergeben sich neue Möglichkeiten.

Sie sprechen die Einhaltung der Regelstudienzeit auch als Beispiel für ein gut und straff durchorganisiertes Studium an.
Prof. Dr. Franz Wagner: Es dürfte inzwischen bekannt sein, dass sich die Studierendenleistung an einer privaten Hochschule nicht in der Organisation des Studiums erschöpft. Im Gegenteil. Ablauf und Gestaltung der Studieninhalte stehen schon fest und sind bis ins Detail aufeinander abgestimmt. Die oftmals hemmende, unpersönliche Atmosphäre in großen Hochschuleinrichtungen ersetzen private Hochschulen außerdem durch Studiengruppen, die im Regelfall maximal so groß wie eine Schulklasse sind. Und die Dozenten kennen ihre Studierenden.

Zumindest unterschwellig kursiert der Vorwurf, dass der Abschluss an einer privaten Hochschule quasi garantiert sei – aufgrund der Tatsache, dass Studierende als ‚Kunden‘ der privaten Hochschule das Studium aus eigener Tasche finanzieren müssen.
Prof. Dr. Franz Wagner: Drei Anmerkungen dazu: Zunächst ist der Eintritt in eine private Hochschule im Regelfall nicht allein zeugnisabhängig wie bei einer staatlichen Einrichtung. Im persönlichen Gespräch respektive Auswahlverfahren wird die Eignung bereits vor Studienbeginn geprüft. Hier ist die Hürde also schon höher. Darüber hinaus träte bei einem Qualitätsverlust der Lehre ein Glaubwürdigkeitsverlust auf, mit dem die Hochschule ihre gesamte Existenz aufs Spiel setzte. Ein exzellentes akademisches Niveau muss selbstverständlich sein. Natürlich sollte darauf geachtet werden, dass eine private Hochschule staatlich anerkannt, also akkreditiert ist.

Welche Maßstäbe legt der Wissenschaftsrat bei der Akkreditierung privater Hochschulen an?
Prof. Dr. Franz Wagner: Geprüft werden Leitbild, Governance, Organisation, Studium/Lehre, Forschung, Finanzierung, Kooperationen und Qualitätssicherung. Dies geschieht in einem bewährten Verfahren, das den Besonderheiten der jeweiligen Einrichtung Rechnung trägt.

Ähnliche Artikel

Finanzen Steuern Recht

Generalistisches Rechnungswesen-Studium

WiWi-Bachelor an der Universität Bielefeld mit Verkürzungsmöglichkeit des WP-Examens

Die Universität Bielefeld bietet mit dem Bachelorstudiengang Wirtschaftswissenschaften einen breit gefächerten Studiengang an. Wird aufbauend auf der fachlichen Basis eine spezielle rechnungswesenorientierte Modulwahl im Profil „Accounting, Taxes, Finance“ studiert, so kann mit diesem generalistischen Studium mit Schwerpunktsetzung Rechnungswesen das Wirtschaftsprüfungsexamen verkürzt werden.

Ostwestfalen/Lippe 2016 | Prof. Dr. rer. pol. Matthias Amen, Bielefeld

Gesundheit

Kinder, Kinder…

Kinder sind wichtig! Sie sind unsere Zukunft! Das hat aufgrund der demografischen Entwicklung auch die Politik erkannt. Man möchte die Geburtenrate erhöhen, indem man in winzig kleinen Schritten und Summen, leider auf häufig sehr bürokratischem Wege, den Eltern Erleichterungen anbietet. Auch im Steuerrecht spielt dieses Thema eine große Rolle.

Braunschweig 2012 | Ulrike Andrulat, Wolfenbüttel