Artikel erschienen am 06.01.2014
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Steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen Angehörigen

Von Dipl.-Betriebswirtin Regina Schmidt, Bielefeld | Mike Rickermann, M.A., Bielefeld

Angehörigenverträge bieten erhebliches Steueroptimierungspotenzial. Dieses wird auch häufig genutzt, weil der zwischen fremden Dritten bestehende Interessengegensatz im Familienkreis so nicht besteht. Die steuerliche Anerkennung vertraglicher Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen ist daher regelmäßig Streitgegenstand mit der Finanzverwaltung. Bei einer steuerlichen Nichtanerkennung sind Aufwendungen steuerlich nicht abziehbar und Einnahmen unterliegen nicht der Ertragsbesteuerung.

Welche Fälle sind insbesondere betroffen?
Nicht nur Verträge zwischen nahen Angehörigen, sondern auch Verträge zwischen einer Personengesellschaft und nahen Angehörigen der Gesellschafter fallen in den Anwendungsbereich.
Häufig handelt es sich um Darlehensverträge, Arbeitsverträge oder Mietverträge. Aber auch andere Vereinbarungen – wie beispielsweise Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen oder Nießbrauchsvereinbarungen – können betroffen sein.

Welche steuerlichen Vorteile bieten Angehörigenverträge?
Steuersparpotenzial für die Familie ergibt sich insbesondere, wenn dem Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug auf der einen Seite die Ausnutzung eines Grundfreibetrags (z. B. des Kindes ohne anderweitiges Einkommen) auf der anderen Seite gegenübersteht. Auch ein vergleichsweise geringerer persönlicher Steuersatz bei demjenigen, der die Einnahmen erzielt, führt insgesamt zu einer Steuerentlastung.
Die Rechtsverhältnisse und Verträge unter nahen Angehörigen so zu gestalten, dass ein steuerlich optimales Ergebnis herauskommt, ist nicht von vornherein schädlich. An deren steuerliche Anerkennung werden aber wegen der möglichen Steuerersparnisse besonders hohe Anforderungen gestellt.

Welche Anforderungen stellt die Finanzverwaltung/ Rechtsprechung für die steuerliche Anerkennung allgemein?
Verträge zwischen nahen Angehörigen werden allgemein nur dann steuerlich anerkannt, wenn

  • sie zivilrechtlich wirksam vereinbart worden sind,
  • sie tatsächlich entsprechend den getroffenen Vereinbarungen durchgeführt werden und
  • die Vereinbarungen und ihre tatsächliche Durchführung dabei dem unter Fremden Üblichen entsprechen (sog. Fremdvergleichsgrundsatz).

Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist der Gesamteindruck entscheidend, d. h., die Gesamtheit aller objektiven Umstände wird gewürdigt. Dabei kommt einzelnen Abweichungen indizielle Bedeutung hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung zu. Deshalb ist die Frage nach der steuerlichen Anerkennung einer vertraglichen Abrede zwischen nahen Angehörigen nicht pauschal zu beantworten – es kommt auf den Einzelfall an!

Umso wichtiger ist es, bei der Vertragsgestaltung und bei der Durchführung des Vereinbarten die durch die Finanzverwaltung aufgestellten Fremdvergleichskriterien genau im Blick zu haben, wobei regelmäßig die aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung zu beachten sind.

Was bedeutet das z. B. bei Darlehensverträgen?
Sind die getroffenen Darlehensvereinbarungen zivilrechtlich unwirksam, führt dies nicht zwingend zur steuerlichen Nichtanerkennung. Allerdings stellt die zivilrechtliche Unwirksamkeit ein Indiz gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen dar.

Beispiel: Bei Darlehensverträgen zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen, der für das Kind über den Vertragsabschluss entscheidet. Andernfalls wäre der Vertrag zivilrechtlich schwebend unwirksam und damit die steuerliche Anerkennung sehr schwierig durchzusetzen.

Umgekehrt führt ein zivilrechtlich wirksamer Darlehensvertrag zwischen nahen Angehörigen nicht automatisch zu einer steuerlichen Anerkennung. Vielmehr muss zusätzlich auch die vereinbarungsgemäße Durchführung erfolgen und die Fremdüblichkeit gegeben sein.
Fehlt es an der tatsächlichen Durchführung entsprechend der getroffenen Vereinbarungen, hilft in der Regel auch der beanstandungssichere Vertrag nichts mehr. Bei Darlehensverträgen stellt z. B. die Zahlung von Zinsen und Tilgungen eine Hauptpflicht des Darlehensnehmers dar, deren fristgerechter Erfüllung eine wesentliche Bedeutung zukommt.

Notwendig ist ein schriftlicher Vertrag, da faktisch nur so der spätere Nachweis einer vertragsgerechten Durchführung geführt werden kann. Fremdübliche Darlehensverträge liegen grundsätzlich dann vor, wenn die Konditionen denen entsprechen, die ein fremder Gläubiger (insbesondere ein Kreditinstitut) typischerweise zugrunde legen würde. Dementsprechend werden zur Beurteilung der Fremdüblichkeit insbesondere folgende Details kritisch geprüft:

  • Vereinbarungen über die Laufzeit des Darlehens
  • Regelungen über die Art und den Zeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens
  • Abreden über die Zinshöhe, ihren Zahlungszeitpunkt und ihre Entrichtung zum Fälligkeitszeitpunkt
  • eine ausreichende Besicherung der Darlehensforderung.

Daneben sind weitere Aspekte zu beachten, wie insbesondere die eindeutige Trennung der Vermögenssphären der beteiligten Vertragsparteien. Dies gilt im Besonderen bei Verträgen zwischen Eltern und ihren Kindern.

Beispiel: Gewähren Kinder Darlehen an eine von den Eltern beherrschte Personengesellschaft, muss für die steuerliche Anerkennung sichergestellt sein, dass die Geldmittel zuvor tatsächlich in der Verfügungsmacht der Kinder gestanden haben.

Welche Folgen hat die steuerliche Nichtanerkennung?
Die steuerliche Nichtanerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen bedeutet, dass die Aufwendungen (beispielsweise Darlehenszinsen, Abschreibungen auf Immobilien, Arbeitslohn etc.) nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgesetzt werden können. Die geplanten Steuerersparnisse werden nicht erzielt. Steuernachzahlungen können Nachzahlungszinsen auslösen.

Gibt es wirtschaftlich vergleichbare Folgen bei Verträgen mit Kapitalgesellschaften?
Auch bei Vertragsbeziehungen zwischen Gesellschaftern bzw. ihnen nahestehenden Personen und Kapitalgesellschaften sind Fremdüblichkeitsgrundsätze zu beachten. Rechtstechnisch werden die steuerlich gewünschten Folgen jedoch im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. verdeckten Einlage korrigiert.

Fazit
Verträge zwischen nahen Angehörigen werden von der Finanzverwaltung kritisch geprüft und insbesondere bei einer Abweichung vom Fremdüblichen regelmäßig steuerlich nicht anerkannt. Eine sorgsame Vertragsgestaltung und eine genaue Vertragsdurchführung sind daher unerlässlich, um die steuerliche Anerkennung und die gewünschten Folgen zu erzielen.

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