Artikel erschienen am 16.02.2018
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Anlage von Betriebsvermögen in der Nullzins-Ära

Die Suche nach Alternativen lohnt sich

Von Rainer Hißmann, Paderborn

Wie investiert man Betriebsvermögen effektiv und gewinnbringend? Angesichts des anhaltenden Niedrig­zinses sind Unternehmen gefordert, neue Ant­worten auf diese Frage zu finden. Rainer Hißmann zeigt Lösungen auf.

Herr Hißmann, wie schätzen Sie aktuell die zinspolitischen Rahmenbedingungen ein?

Rainer Hißmann: Die Europäische Zentralbank (EZB) hält weiterhin an ihrer lockeren Geld- und Zinspolitik fest und tätigt Anleihekäufe in einem bis vor Jahren noch ungekannten Ausmaß. Obwohl die EZB kürzlich ihr Anleihekaufprogramm zurückgeschraubt hat, führt dies weiterhin zu umfangreichen Marktverzerrungen. Bis es zu einer beständigen Trendwende am Geld- und Kapitalmarkt kommt, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Die Rendite für fünfjährige Bundesanleihen bestätigt diese Erwartung. Die Rendite lag im Dezember 2017 noch im namhaft negativen Bereich. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren nur knapp im positiven Terrain.

Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen angesichts dieser Situation?

Rainer Hißmann: Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren ihre liquiden Mittel – auch aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage – kontinuierlich steigern können. Nun gilt es, dem drohenden Werteverzehr dieser Liquiditätsposition durch Inflation und vor allem Negativzinsen entgegenzuwirken. Denn der bisherige Ansatz einer einseitigen Anlagestruktur zumeist in Bankeinlagen ist mit Blick auf das anhaltende Niedrigzinsniveau häufig nicht mehr zielführend.

Mit Bankeinlagen kommen Unternehmen also bei der Anlage ihres Betriebsvermögens heute nicht aus?

Rainer Hißmann: Sicht- und Termineinlagen haben sich lange Zeit bewährt, bieten aber im aktuellen Zinstief keine nachhaltigen Ertragsmöglichkeiten und erst recht keinen Inflationsausgleich. Erschwerend kommt hinzu, dass Banken zurzeit über mehr Liquidität verfügen, als sie für Kreditnachfrage und das Eigen­anlagegeschäft benötigen. Daher werden von einigen Instituten für Großanleger bereits Negativzinsen beziehungsweise Verwahrentgelte berechnet. Diese führen erstmals zu ungeahnten und damit überraschenden nominalen Wertverlusten. In der Vergangenheit waren Anlegern allenfalls inflationsbedingte, reale Wert­verluste entstanden. Gleichzeitig führt der politisch gewollte Negativzins zu einem Quasi-Ausfall des breiten Rentenmarktes als sinnstiftende Anlageklasse und erhöht die Preise nahezu sämtlicher anderer Vermögensklassen (Asset-Inflation).

Wie gelingt es, den Wert des Betriebsvermögens für zukünftige Unternehmensinvestitionen zu bewahren und gleichzeitig flexibel agieren zu können?

Rainer Hißmann: Es empfiehlt sich, ein umfassendes Anlagekonzept zu erstellen und dieses regelmäßig mit einem Spezialisten zu überprüfen. Häufig deckt die Analyse der Anlagethematik Handlungsbedarf auf. Zudem besteht die Möglichkeit, Verbesserungspotenziale zu erkennen und Renditechancen zu nutzen.

Worauf kommt es bei der Anlage von Betriebsvermögen an?

Rainer Hißmann: Bei der Anlage von Betriebsvermögen ist eine Unterscheidung zwischen der für das operative Geschäft benötigten Basisliquidität und der langfristig verfügbaren strategischen Liquidität von zentraler Bedeutung. In einer klassischen Modellbetrachtung wird die Basisliquidität dabei i. d. R. innerhalb der kommenden zwölf Monate benötigt, während die strategische Liquidität im Rahmen der Bodensatztheorie für einen längeren Zeitraum zur Verfügung steht.

Welche Strategien bieten sich an, um überschüssiges Kapital vor dem aufgezeigten rea­len beziehungsweise nominalen Wertverlust zu schützen?

Rainer Hißmann: Dies hängt davon ab, wie lange das Geld auf die Seite gelegt werden kann. Mittel, die außerhalb des laufenden Zahlungsverkehrs mehrere Monate verfügbar sind, lassen sich durch speziell für Unternehmen und ihre Bedürfnisse ausgelegte Lösungen „zwischenparken“. So bieten unterjährige Festgelder in überschaubaren Beträgen allen geldpolitischen Widrigkeiten zum Trotz weiterhin eine Nullverzinsung bzw. einen Vorteil gegenüber dem Negativzins der EZB in Höhe von 0,4 %. Ist mehr Flexibilität und Individualität gewünscht, ergänzen Geldmarktfonds für institutionelle Anleger die Konzeption sinnvoll. Auch können festgeldähnliche „Kapitalisierungs“-Produkte ausgewählter Versicherungsgesellschaften mit Anlagebeträgen bis zu einer Mio. Euro Mehrwerte im Laufzeitenbereich bis zu einem Jahr bieten.

Und welche Lösungen sind für die sog. strategische Liquidität sinnvoll?

Rainer Hißmann: Unter Berücksichtigung von Faktoren wie Risiko- und Laufzeitenstreuung kann die mittel- und langfris­tig zur Verfügung stehende Liquidität fortlaufend an­gelegt werden. Die im persönlichen Gespräch fest­gelegten Rahmenbedin­gungen definieren nicht nur die Gruppe der möglichen Anlageinstrumente, sondern bieten auch Orientierung im Dschungel verschiedener Anbieter und Produktkategorien. Neben den im Bereich der Basisliquidität bewährten Produkten ergänzen aktiennahe Lösungen die Gesamtanlage häufig sinnvoll. Dabei bieten auch vermögensverwaltende Asset-­Management-Lösungen sinnvolle Mehrwerte. Ob diese in Form eines individuellen Vermögensverwaltungs-Mandates oder durch individuelle Fondskonzepte umgesetzt werden, richtet sich dabei ganz nach den Vorgaben des Kapitalgebers. Darüber hinaus bieten spezielle Angebote innovativer Versicherungs­partner Mehrwerte im Bereich renten- und aktien­affiner Beimischungen.

Die Anlage von Firmenliquidität verursacht oft auch Mehraufwand in der Buchhaltung. Wie lässt sich das vermeiden?

Rainer Hißmann: Unter diesem Gesichtspunkt bietet es sich an, auf eine Anlage im Fondsmantel zurückzugreifen. Diese zeichnet sich durch einige strategische Vorteile aus. Dazu gehört insbesondere die einfache Bilanzierung zum Jahresende, da die Wert­entwicklung der unter­schied­lichen Wertpapie­re in einem einzelnen Fonds­preis gebündelt werden. Die Wertveränderung eines einzelnen Wertpapiers im Fonds schlägt nicht mehr auf die Bilanz des Unternehmens durch. Es kommt lediglich auf die Wertentwicklung des Fondsanteilspreises an. Im Gegensatz zu Direktanlagen müssen weder Käufe noch Verkäufe oder Ertragszuflüsse einzelner Wertpapiere detailliert ausgewiesen werden. Für die Anlage in Investmentfonds sprechen zudem die breite Diversifikation in Bezug auf verschiedene Laufzeitstrukturen und Anlageklassen. Auch regionale Schwer­-punkte und eine differenzierte Branchenallokation können die Portfoliostruktur sinnvoll ergänzen. Diese führen im Zusammenspiel mit einem aktiven Fondsmanagement i. d. R. zu geringeren Wertschwankungen und einem hohen Maß an Ertragsbeständigkeit. Durch die Delegation der Anlageentscheidungen an Kapitalmarktexperten wird der Anleger entlastet und kann sich auf sein Tagesgeschäft konzentrieren.

Kapitalanlagen im Rahmen der strategischen Liquidität sind in ihrer Wertentwicklung abhängig von den Kapitalmarktveränderungen. Wie lässt sich die Frage nach dem richtigen Einstiegszeitpunkt lösen?

Rainer Hißmann: Dies ist gar nicht so schwer. Die Lösung ist so alt, wie es Kapitalanlagen gibt: In einem ersten Schritt wird die Zielstruktur der strategischen Liquidität festgelegt. Anschließend wird die Gesamtinvestition durchaus über einen mehrjährigen Zeitraum gestreckt. Die Anlage von gleichbleibenden Beträgen über kurzfristige Investitions-Intervalle (mindestens monatlich) führt zu dem bekannten lohnenden Durchschnittskosteneffekt. Dies kann selbstverständlich über Direktanlagen vollzogen werden. Darüber hinaus bieten hier institutionelle Publikumsfonds für die Anlage strategischer betrieblicher Liquidität zusätzliche Mehrwerte.

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