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Wie gehen Sie mit den Betreiberpflichten für Ihren Immobilienbestand um?

Von Dipl.-Ing. (FH) Denny Karwath, Hannover

Eigentum (und Handeln) verpflichtet! Dieser rechtliche Grundsatz ist sogar im Grundgesetz verankert. Der Gesetzgeber fordert somit die sorgfältige Wahrnehmung von Verantwortung durch Unternehmen und deren handelnden Personen im Immobilienmanagement. Dieser Pflicht nachzukommen, gestaltet sich jedoch zunehmend schwierig, da die Flut von einzuhaltenden Pflichten (rund um ein Grundstück, Gebäude oder technische Anlagen) unüberschaubar und schwierig handlebar und auch aktualisierbar ist.

Zwar bekräftigt die Politik immer wieder Deregulierungs- und Entbürokratisierungsmaßnahmen umsetzen zu wollen, die Gebäudemanagementpraxis im Jahr 2017 zeigt jedoch ein ganz anderes Bild. Innerhalb von ca. 1 Jahr wurden bspw. mehr als 70 neue oder geänderte Vorschriften (Summe aus Gesetzesänderungen, Änderungen von Verordnungen, DIN-Normen, ASR-Richtlinien, UVV-Richtlinien und zahlreiche weitere Vorschriften von gesetzlichen und privaten Regelsetzern) mit Relevanz zum Immobilienmanagement neu veröffentlicht. Dabei muss erwähnt werden, dass allein eine Vorschrift mehrere hundert Pflichten für den Gebäudeeigentümer oder Betreiber mit sich bringen kann. Des Weiteren kommt verkomplizierend hinzu, dass diese „Vorschriften“ bzgl. der verwendeten Begrifflichkeiten oft nicht vereinheitlicht sind.

In vielen Unternehmen mangelt es am Wissen über die rechtlichen Pflichten, was den Verantwortlichen im Gebäudemanagement ein rechtskonformes Verhalten erschwert. Häufig ist das Bewusstsein nicht vorhanden, dass bei Unfällen, insbesondere mit Personenschäden, eine persönliche, strafrechtliche Haftung von Vorständen, Geschäftsführern, Fachbereichsleitern oder anderen Verantwortlichen drohen kann. Aus diesen Gründen ist es für die Eigentümer/Betreiber von Gebäuden und Anlagen wichtig, ihre Pflichten zu kennen und Risiken möglichst frühzeitig zu identifizieren. Dazu ist der Aufbau einer rechtssicheren (risikoarmen) Betriebsorganisation erforderlich. Des Weiteren empfiehlt es sich, eine Pflichtenliste (oder auch Prüfrolle) für den Immobilienbestand zu erarbeiten und fortlaufend zu pflegen. Als gute Arbeitshilfen haben sich hier die von der GEFMA (Deutscher Verband für Facility Management) herausgegebenen Formblätter/Pflichtenübersichten erwiesen (z. B. GEFMA 190 Anhang, GEFMA S. 900 ff. hier insb. S. 914 ff.). Wünschenswert wäre natürlich eine Art „Betreiberverantwortungsrichtlinie“ o. ä., in der der Gesetzgeber klar und deutlich vorgibt, welche konkreten Pflichten Gebäudeeigentümer wahrnehmen müssen. Dies würde sicher zur Entbürokratisierung und zum Abbau von Verunsicherung in der Immobilienmanagement-Branche beitragen. Allerdings steht zu befürchten, dass dies in absehbarer Zeit nicht passieren wird.

Pflichtenübertragung

Sofern nun im „Dschungel der Pflichten“ einigermaßen Klarheit besteht oder erarbeitet wurde, kann durch Delegation Verantwortung auf Dritte (z. B. eigene Mitarbeiter, Fremdfirmen, Sachverständige/Sachkundige, Vermieter/Mieter) übertragen werden. Eine wirksame Pflichtenübertragung an eigene Führungskräfte und Beschäftigte sowie an Fremddienstleister setzt diverse Grundregeln voraus. Dazu muss eine klare, eindeutige Definition der zu übertragenden Aufgaben erfolgen und eine sorgfältige Selektion von geeigneten Führungskräften/Beschäftigten/Dienstleistern durchgeführt werden. Ganz wesentlich ist auch die Ausstattung des Verpflichteten mit den erforderlichen Mitteln und Befugnissen, sowie deren entsprechende An-/Ein-/Unterweisung.

Besonders zu beachten ist, dass eine vollständige Übertragung der Betreiberverantwortung grundsätzlich nicht möglich ist und somit ein Teil der Verantwortung immer beim Eigentümer/Betreiber verbleibt (Steuerungs- und Kontrollpflichten).

Die praktische Umsetzung

Der Weg zur „risikoarmen“ Betriebsorganisation bedingt eine Analyse der bestehenden Aufbau- und Ablauforganisation, der vorhandenen Dienstleistungsverträge sowie die Überprüfung der gängigen Praxis beim An-/Ein-/Unterweisen der Verpflichteten. Hierzu empfiehlt es sich, bewährte Checklisten zu verwenden, die auch von FM-Beratungsunternehmen erfolgreich angewendet bzw. bereitgestellt werden können.

Im nächsten Schritt sind ggf. interne organisatorische Korrekturen (z. B. Stellenbeschreibungen aktualisieren, Kompetenzen neu vergeben) vorzunehmen und die fremdvergebenen technischen und infrastrukturellen FM-Dienstleistungen möglicherweise vertraglich neu zu strukturieren oder anzupassen. Damit kann die Delegation der Betreiberverantwortung auf die externen Dienstleister durch die Nutzung aktueller Vertragswerke nach neuesten Erkenntnissen erfolgen. Entsprechendes gilt in ähnlicher Weise auch für Mietverträge.

Im laufenden Betrieb sollte eine regelmäßige Überprüfung der Einhaltung der Rahmenbedingungen durch FM-Audits erfolgen. Hierdurch werden die Steuerungs- und Kontrollpflichten wahrgenommen und nachgewiesen.

Beispiele

  • Unfall mit Todesfolge: Legionellen im Kühlturm einer Kälteanlage
  • Einsturz einer Halle unter Schneelasten
  • Auf Gebäude gestürzte Bäume
  • Unfall in einer automatischen Drehtür

Pflichten gilt es also rechtzeitig zu kennen und Risiken frühzeitig zu identifizieren.

Fazit

Die Wahrnehmung der Betreiberverantwortung ist eine nicht zu unterschätzende Aufgabe, die durch die sich überlagernden Dimensionen von Technik, Organisation und Recht schwer zu beherrschen ist. Gerade deswegen ist eine professionelle Vorgehensweise bei der Weiterentwicklung hin zu einer risikoarmen Betriebsorganisation erforderlich. Die rechtssichere Dokumentation des Bestandes und der Abläufe nimmt eine Schlüsselfunktion ein, wenn es im Schadensfalle darum geht, sich zu exkulpieren* und den Nachweis zu führen, alles getan zu haben, um eben diesem Schaden vorzubeugen.

Nur so kann die Wahrnehmung der Betreiberverantwortung nachhaltig sichergestellt und das Betreiberrisiko auf ein Minimum reduziert werden.

Bild: Fotolia/trevisegk

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Hannover 2016/2017 | Dipl.-Ing. (FH) Denny Karwath, Hannover