Artikel erschienen am 10.06.2019
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Der Beirat im Familienunternehmen

Von Martin Schrahe, Herford | Dipl.-Kff. Heike Niemann, Herford

Die Motivation vieler Unternehmer nach einem beratenden Beirat resultiert aus dem besonderen Problem mittelständischer Unternehmer, dass oft vertrauensvolle und kompetente Gesprächspartner fehlen. Des Weiteren führen die zunehmende Komplexität aller unternehmerischen Prozesse sowie der permanente Preis- und Kostendruck und die starke Einbindung in das Tagesgeschäft zu erheblichen zeitlichen Belastungen sodass die Gefahr besteht, die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu vernachlässigen. Hier können beratende Beiräte mit hohem Fachwissen zur Entlastung und zur Optimierung der Entscheidungsprozesse beitragen.

Bei vielen Familienunternehmen steht in den nächsten Jahren die Frage an: Wer soll das Unternehmen in der Zukunft führen? Dabei werden inzwischen immer mehr Unternehmensleitungen mit familienexternen Führungspersönlichkeiten besetzt. Entweder, weil geeignete Familienmitglieder fehlen oder diese schlicht die Aufgabe nicht übernehmen wollen. In dieser Situation stellt sich dann die zweite Frage: Brauchen wir einen Beirat?

Mit der Entscheidung für die Einstellung eines oder mehrerer familienexterner Manager sollte ein Beirat installiert werden. Ein Beirat hat die Aufgabe, die Geschäftsführung regelmäßig zu beraten bzw. je nach Ausgestaltung seiner Befugnisse auch zu überwachen. Dem Beirat werden in der Praxis häufig neben der Beratung weitreichende Kontrollaufgaben übertragen. Im Gegensatz zum gesetzlich vorgeschriebenen Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft wird der Beirat freiwillig errichtet. Demzufolge ist die Ausgestaltung seiner Rechte und Funktionen auch weitestgehend frei gestaltbar. Ein Beirat wird als zusätzliches Organ der Gesellschaft grundsätzlich im Gesellschaftsvertrag verankert. Dem Beirat können alle Informations- und Einwirkungsrechte übertragen werden, die nicht zwingend bei der Gesellschafterversammlung verbleiben müssen. Im Gegensatz zum gesetzlich geregelten Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft fehlen für die GmbH und Personenhandelsgesellschaft vergleichbare Regelungen.

Im GmbH-Gesetz ist die Gesellschafterversammlung für die Kontrolle der Geschäftsführung verantwortlich. Allerdings kann diese durch Verankerung entsprechender Satzungsbestimmungen Kompetenzen an ein anderes Organ, wie beispielsweise einen Beirat, übertragen. Dabei dürfen jedoch gewisse Grenzen nicht überschritten werden. So müssen nach dem GmbH-Gesetz einige Dinge zwingend bei der Gesellschafterversammlung verbleiben. Diese ist u. a. zuständig für Satzungsänderungen, die Einforderung von Nachschüssen, die Auflösung der Gesellschaft sowie Verschmelzung und Umwandlungen und bei der Bestellung von Liquidatoren und deren Abberufung. Bei Personenhandelsgesellschaften (KG, OHG, GmbH & Co. KG) ist ein Eingriff in den Kernbereich der Gesellschafterrechte im Allgemeinen nur mit Zustimmung aller betroffenen Gesellschafter zulässig. Dies gilt insbesondere auch für die Übertragung von derartigen Rechten auf einen Beirat. Die Abgrenzung der Aufgaben und Kompetenzen von Unternehmensleitung und Beirat erfolgt üblicherweise durch Geschäftsordnungen für die beiden Organe. In diesen wird geregelt, welche Handlungs- und Entscheidungsbefugnisse die Unternehmensleitung hat und für welche Art von Geschäften sie die Zustimmung des Beirats oder sogar der Gesellschafter benötigt. Insbesondere wenn der bisherige geschäftsführende Gesellschafter in den Beirat wechselt und dort den Vorsitz übernimmt, ist eine klare Kompetenzabgrenzung geboten.

Wichtig ist, sich im Klaren zu sein, wie weit die Entscheidungskompetenz der (externen) Geschäftsführung gehen soll. Nicht selten kommt es zu Konflikten, weil sich der frühere geschäftsführende Gesellschafter ständig in das operative Geschäft einmischt. Gute Führungskräfte lassen sich das meist nicht gefallen und verlassen das Unternehmen dann sehr schnell wieder. Gute Führungskräfte fordern und brauchen unternehmerische Freiheiten und Handlungsspielräume, um erfolgreich arbeiten zu können.

Die Auswahl der Beiratsmitglieder sollte genauso professionell erfolgen wie die Auswahl von Geschäftsführern und Führungskräften. Ein fachliches und persönliches Anforderungsprofil ist dabei sehr hilfreich.

Der Beirat kann entweder nur mit familieninternen oder nur mit familienexternen Mitgliedern oder gemischt besetzt werden. In der Praxis herrscht die gemischte Variante vor. Eine heterogene Zusammensetzung des Beirates macht vielfältige Erfahrungen und Kenntnisse für das Unternehmen nutzbar und ermöglicht neue Kontakte und den Zugang zu den Netzwerken der Mitglieder. Externe Mitglieder können im Bedarfsfall als Moderator oder Vermittler zwischen Gesellschaftern und Unternehmensleitung agieren, da sie familienunabhängig sind und damit objektiver die Probleme betrachten. Familieninterne Mitglieder sorgen dafür, dass die Verbindung der Familie zum Unternehmen erhalten bleibt und die der Familie wichtigen Werte weitergelebt werden. Sie sichern damit auch die Kontinuität der Unternehmensführung. Wenn die Unternehmensleitung gemischt oder ausschließlich mit Nichtfamilienmitgliedern besetzt ist, sollte der Beirat die umfassende Personalkompetenz erhalten und für die Berufung und Abberufung von Mitgliedern der Unternehmensleitung zuständig sein.

Im Notfall, bei Krankheit oder Tod kann ein mit entsprechenden Kompetenzen ausgestatteter Beirat Gold wert sein. In diesen Fällen kann der Beirat aufgrund seiner unternehmensinternen Kenntnisse und meist auch langjährigen unternehmerischen Erfahrung für die Gesellschafter sehr hilfreich sein. Bei mittelständischen Unternehmen besteht der Beirat üblicherweise aus 3 bis 5 Mitgliedern.

Diese Beiratsmitglieder sollten neben ihrem speziellen Wissen über das Unternehmen auch langjährige Erfahrungen auf ihren Arbeitsgebieten haben. Neben den Gesellschaftern kommen insbesondere branchenkundige Sachkenner mit unternehmerischer Erfahrung in Frage. Soll der Beirat ein wirksames Kontrollorgan sein, so dürfen keine Personen in den Beirat berufen werden, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Gesellschaft oder zu einzelnen Gesellschaften stehen. Die Beiratsmitglieder werden in der Regel durch die Gesellschafterversammlung gewählt. Die Amtsperiode beträgt üblicherweise 3 bis 5 Jahre. Einzelheiten regeln der Gesellschaftsvertrag und/oder die Satzung bzw. die Geschäftsordnung des Beirates.

Je nach Situation des Unternehmens wird der Beirat zwei- bis sechsmal pro Jahr zusammenkommen. Da erfahrene und professionelle Beiräte nicht ehrenamtlich arbeiten, muss der Unternehmer mit mindestens 4 000 bis 8 000 Euro Aufwand p.a. je Beiratsmitglied rechnen. Der Beiratsvorsitzende erhält i.d.R. das 1,5- bis 2-fache eines einfachen Beiratsmitgliedes.

Info

Unabhängige Gremien wie Beiräte oder Aufsichtsräte unterstützen die Unternehmensleitung bei ihren Aufgaben und stehen den Gesellschaftern in Fragen der Geschäftspolitik, der Strategie, der Führung, der Kontrolle etc. beratend und/ oder kontrollierend zur Seite. Sie tragen damit dazu bei, das Unternehmen zu sichern und zu entwickeln.

Bild: Fotolia/Contrastwerkstatt

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