Artikel erschienen am 22.05.2019
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Dividendenwerte

Aktive und passive Strategien im Vergleich

Von Axel Melber, Bielefeld

Das Jahr 2018 war, wie von uns erwartet, ein sehr schwieriges und volatiles Aktienjahr. Viele Märkte sind massiv unter Druck geraten, da die Markt­teilnehmer sich zunehmend Sorgen um die weitere Entwicklung der Weltkonjunktur machen. Da viele Unternehmen jedoch die Dividenden-Erwartungen nur gering­fügig oder gar nicht gekürzt haben, ist die Dividenden­rendite nach den Kurs­ein­brüchen deutlich gestiegen. Der DAX weist bspw. mit 3,80 % eine Dividendenrendite auf, die 15 % über dem Durchschnitt der letzten Jahre liegt (Stand November 2018).

Am Anleihemarkt weisen Papiere guter und mittlerer Bonität auch bei längeren Laufzeiten immer noch negative Realzinsen (d. h. die Rendite abzüglich der Inflationsrate) auf. Daher stellt sich dem Anleger die Frage, wie es gelingen kann, die Kaufkraft des Kapitals mittelfristig zu erhalten, zumal die Inflations­raten aktuell neue Jahreshöchststände erreicht haben (Stand November 2018).

Wie kann der Anleger dem Dilemma negativer Realzinsen entkommen?

Dividendenstrategien bieten längerfristig orientierten Anlegern, die bereit sind, temporär Kurs­schwankungen zu tolerieren, derzeit ein Rendite-/Risikoprofil, das im Vergleich zu anderen Vermögens­klassen hoch­interessant ist. Selten war die Diskrepanz zwischen den Renditen von Staatsanleihen guter Bonität und den Renditen bonitätsstarker Dividendenwerte so hoch wie aktuell. Um die Dividendenrendite des DAX-Index für ein Jahr zu erreichen, muss man derzeit sein Geld fast zehn Jahre in eine deutsche Staats­anleihe investieren.

Wir möchten mit diesen Ausführungen zeigen, wie man als Anleger Dividendenstrategien umsetzen kann und welche Aspekte für uns als professioneller Vermögensanleger von besonderer Bedeutung sind.

Warum sind Dividendenstrategien so erfolgreich?

Dividenden verleihen dem Depot mehr Stabilität bzw. einen realen Wertzuwachs. Anleger haben die Möglichkeit, durch die Auszahlung der Dividenden das Risiko des Gesamtdepots signifikant zu senken. Entnimmt der Anleger die ausgezahlten Dividenden Jahr für Jahr, sinkt das Risiko für das angelegte Vermögen kontinuierlich in Höhe der entnommenen Erträge.

Ist der Anleger darauf bedacht, die Kaufkraft des Vermögens möglichst real zu erhalten, gegebenenfalls sogar zu steigern, kann er die Dividenden thesaurieren. Dies bedeutet, dass Jahr für Jahr Aktien in Höhe der Ausschüttungen hinzugekauft werden und so gerade in Zeiten mit höheren Kursschwankungen dem Depot zusätzlich Stabilität verliehen wird.

Was sind Dividendenaktien?

Nach unserer Definition sind dies Werte, die eine überdurchschnittliche Rendite im Vergleich zum Marktindex erwarten lassen. Wir haben hier als Mindest­rendite 3 % zum Zeitpunkt des Erstkaufs definiert. Außerdem sollte der Teil des Gewinns, der an die Anleger ausgeschüttet wird, nicht höher als 75 % sein. So kann das Unternehmen weiter investieren und aus eigener Kraft wachsen. Damit ergibt sich auch Potenzial für weitere Steigerungen der Dividende, dies erlaubt es dem Unternehmen, eine zuverlässige Dividenden­politik und eine stabile Dividendenhistorie aufzubauen.

Darüber hinaus sollten bei jedem Wert die aktuellen Bewertungskennzahlen im Ver­hältnis zum Markt, aber auch innerhalb der Branche verglichen werden. Insbesondere beachten wir den Verschuldungsgrad, das Kurs-Buchwert-Verhältnis, das Kurs-Gewinn-Verhältnis und die Eigenkapital­rendite des Unternehmens.

Welche Entscheidungen muss der Anleger bei einer aktiven Dividendenstrategie treffen?

Hat der Anleger auf Basis der genannten Kriterien eine Reihe von Unternehmen identifiziert, die sich für ein Investment qualifizieren, gilt es im nächsten Schritt, aus diesen Werten ein risikooptimiertes Portfolio zusammenzustellen. Wir empfehlen, das anzulegende Kapital auf mindestens 15 bis 25 Einzelwerte zu ver­teilen. Wichtig ist auch, die Länder und damit die Währungsallokation in der Betrachtung der Chancen und Risiken des Gesamtdepots nicht zu vernachlässigen.

Eine Übergewichtung einzelner Branchen sollte nur in begründeten Ausnahmefällen vorgenommen werden. So galten bspw. die Aktien von Versorgern wie E.ON und RWE über Jahrzehnte hinweg als stabile Dividendenwerte. Mit der Energiewende mussten die Investoren dann herbe Kursverluste hinnehmen, die die Dividenden vieler Jahre aufzehrten. Ähnliche Entwicklungen sehen wir derzeit im Automobilsektor oder bei den Banken.

Es gilt also, neben den klassischen Bewertungs­kenn­ziffern auch immer die Situation der Branche, den Konjunkturzyklus des Heimatlandes und der Welt­konjunktur zu beachten. Auch die Währung des Landes, in der ein Dividendenwert beheimatet ist, beeinflusst den Anlage­erfolg unter Umständen erheblich. So wurde im sehr erfolgreichen Börsenjahr 2017 ein Großteil der Gewinne amerikanischer Aktien durch den Kurs­verfall der US-Währung für Anleger im Euroland wieder zunichte gemacht.

Aktive Dividendenstrategien erfordern folglich ein hohes Engagement des Anlegers und die Bereitschaft, regelmäßig Entscheidungen bezüglich der eingesetzten oder neu aufzunehmenden Werte zu treffen.

Was versteht man unter einer passiven Dividendenstrategie?

Seit geraumer Zeit haben auch die Anbieter passiver Anlagestrategien Angebote zu Dividendenstrategien im Markt. Dabei investiert der Anleger bspw. in einen Fonds (ETF), der den Aktienindex STOXX® Global Select Dividend 100 nachbildet. Dieser Index umfasst die Aktienwerte von 100 Aktien mit hoher Dividenden­rendite weltweit. Bei der Auswahl der Unternehmen, die im Index vertreten sind, werden Kriterien angewendet, die den oben genannten Auswahlkriterien ähneln. So müssen die Unternehmen bspw. zum Aufnahmezeitpunkt in vier von fünf Kalenderjahren Dividenden gezahlt haben, in den letzten fünf Jahren kein negatives Dividenden­wachstum aufweisen und maximal 60 % bis 80 % (regional unter­schiedlich) des Ergebnisses an die Anteilseigner ausschütten. Daneben gelten weitere Kriterien wie z. B. Mindest­handels­vol­umina der Aktien, um dem Fonds jederzeitige Liquidität im Handel zu gewährleisten.

Bei einer passiven Dividendenstrategie profitieren die Anleger von günstigen Kostenstrukturen und durch die Investition in viele verschiedene Aktien von einer breiten Risikostreuung. Allerdings gibt es gegenüber einer aktiven Dividendenstrategie auch einige Nachteile bzw. Risiken.

Welche Nachteile hat eine passive Dividendenstrategie im Vergleich zu einer aktiven?

Der Aktienindex wird einmal jährlich neu gewichtet und es wird vierteljährlich überprüft, ob die Unter­nehmen noch den ursprünglichen Auswahlkriterien entsprechen. Der Index besteht immer zu 100 % aus Aktien und ist derzeit mit gut 10 % in Aktien aus dem Euroraum investiert. Eine Begrenzung der Gewichtung einzelner Titel liegt bei 10 %, ansonsten wird nach dem Nettodividenden­ertrag gewichtet.

Diese Systematik hat zur Folge, dass einzelne Branchen übergewichtet und auch die Währungsrisiken abhängig von der Risikosituation des Einzelanlegers asymmetrisch verteilt sein können. So findet man derzeit in dem betrachteten Index mehr als 25 % der Werte aus der Finanzbranche. Danach folgen Versorger mit deutlich über 18 % des Indexgewichtes.

Trotz der beschriebenen Rahmenbedingungen konnten Anleger mit einem Indexinvestment in den vergangenen fünf Jahren einen Ertrag von mehr als 7 % pro Jahr er­zielen (Stand 31.10.2018).

Welche Dividendenstrategien sind empfehlenswert?

Passive Dividendenstrategien sind für Anleger zu empfehlen, die langfristig Vermögen aufbauen möchten. Die Investition in ETFs ist einfach und kostengünstig auch mit einem Sparplan möglich. Gleichzeitig bieten diese Fonds die Chance, eine Wertentwicklung zu erreichen, die langfristig oberhalb der Inflationsrate liegt.

Aktive Dividendenstrategien eignen sich für Anleger, die bereits über eine breite Vermögensbasis verfügen. Sie können mit einer Investition in Dividendenwerte mit einem hoch interessanten Chance-/Risikover­hältnis langfristig Renditen erwarten, die im Vergleich zu Investitionen in Sachwerte sehr attraktiv sind.

Für Investoren, die Zeit und Aufwand einer aktiven Dividenden­strategie scheuen, aber trotzdem von dem derzeit attraktiven Umfeld für Dividendenwerte profitieren möchten, ist ein professioneller Vermögensverwalter der richtige Partner.

Aktive Strategie
Vorteile Steuerung des Branchen- und Währungsrisikos
aktive Auswahl der Einzelwerte unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken des Einzeltitels auch mit Blick auf das Gesamtportfolio
Berücksichtigung der Marktrisiken im Rahmen der Allokationssteuerung
kurzfristige Reaktion bei strukturellen Änderungen (Gewinnwarnungen/ Gesetzesänderungen/externe Schocks)
Nachteile höherer Zeit- und Verwaltungsaufwand
Kosten im Vergleich zu passiver Strategie höher
Passive Strategie
Vorteile kleine Beträge investieren, sparplanfähig
breite Risikostreuung
kostengünstig
kaum Zeit- und Verwaltungsaufwand
Nachteile unflexibler Ansatz
keine Berücksichtigung der Branchen- und Währungsrisiken
keine Berücksichtigung der allgemeinen Marktrisiken

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