Artikel erschienen am 13.02.2023
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Eigenverwaltung als Sanierungsinstrument

Von Dr. iur. Christoph Morgen, Hamburg | Dr. iur. Jan Markus Planther, Frankfurt

Für Unternehmen bietet sie die Möglichkeit, die Sanierung im Insolvenzverfahren selbst durchzuführen und den Geschäftsbetrieb eigenständig fortzuführen. Anders als beim „klassischen“ Insolvenzverfahren verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsgewalt bei der Geschäftsleitung des Unternehmens. An Stelle eines Insolvenzverwalters wird ein Sachwalter bestellt, welchem schwerpunktmäßig nur eine Aufsichtsfunktion zukommt. Dadurch wird eine zusätzliche Vertrauensbasis zwischen der Geschäftsführung und den Gläubigern geschaffen.

Mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 07.12.2011 wurde der Zugang zu einer Eigenverwaltung in der Insolvenz vereinfacht. Eine Evaluierung des ESUG vom 10.10.2018 ergab, dass die Eigenverwaltung seit der Reform an Bedeutung gewonnen hat und oftmals Unternehmenssanierungen in Eigenverwaltung durchgeführt wurden. Allerdings zeigte die Evaluation auch, dass viele Unternehmen unvorbereitet Eigenverwaltungsverfahren angestrebt haben und diese daher auch in ungeeigneten Fällen angeordnet wurden. Als Reaktion hat der Gesetzgeber mit dem Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) eine Eigenverwaltungsplanung als Zugangsvoraussetzung für die Eigenverwaltung mit Wirkung zum 01.01.2021 eingeführt und damit die Zugangsvoraussetzungen erheblich verschärft. Dadurch soll ein Anreiz für eine rechtzeitige und konsequente Vorbereitung einer Sanierung in Eigenverwaltung geschaffen werden.

Die Eigenverwaltungsplanung

Nach § 270a InsO hat der Schuldner nunmehr bei Beantragung der Eigenverwaltung eine sog. „Eigenverwaltungsplanung“ vorzulegen. Diese soll dem Gericht aufzeigen, ob die Zahlungsfähigkeit während des Verfahrens gesichert ist, wie die Sanierung gelingen soll und ob durch die Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger zu erwarten sind.

Die Eigenverwaltungsplanung umfasst zunächst einen Finanzplan, der einen Zeitraum von sechs Monaten abdeckt. Durch das am 08.11.2022 in Kraft getretene Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz (SanInsKG) ist der Prognosezeitraum vorübergehend auf vier Monate verkürzt worden. Neben dem Finanzplan ist ein Durchführungskonzept beizufügen, das ausgehend von einer Krisenanalyse das Ziel der Eigenverwaltung und die zur Zielerreichung vorgesehenen Maßnahmen beschreibt. Weiter ist eine Darstellung des Verhandlungsstands mit Gläubigern, am Schuldner beteiligten Personen und Dritten erforderlich. Neben diesen Planungen soll die Eigenverwaltungsplanung eine Darstellung der insolvenzrechtlichen Kompetenz des Schuldners enthalten. Dieser Nachweis wird regelmäßig durch Beauftragung eines insolvenzrechtlichen Beraters – oftmals eines Insolvenzverwalters – nachgewiesen, der das Unternehmen in der Eigenverwaltung berät oder vorübergehend als Prokurist oder Sanierungsgeschäftsführer mit den Geschäftsführern gemeinsam vertritt. Weiter ist ein Verfahrenskostenvergleich zwischen der Eigenverwaltung und einer Regelinsolvenz beizufügen, um darzulegen, dass sich aus den Kosten keine Nachteile für die Gläubiger ergeben. Des Weiteren hat der Schuldner Erklärungen zu bestimmten, für die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung wesentlichen Sachverhalten (Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Steuerschulden und der Einhaltung der Offenlegungspflichten nach dem Handelsgesetzbuch) abzugeben, anhand derer seine Zuverlässigkeit beurteilt werden soll.

Eine den vorstehenden Anforderungen gerecht werdende Eigenverwaltungsplanung kann regelmäßig nur mit Hilfe externer betriebswirtschaftlicher und juristischer Berater erstellt werden, da der Geschäftsführung i. d. R. das spezielle Know-how und neben der Alltagsarbeit auch die Zeit für die Vorbereitung fehlt.

Je nach Größe des Unternehmens und Komplexität der angestrebten Sanierung werden ggf. mehrere Wochen für die Vorbereitung der Eigenverwaltungsplanung benötigt. Es ist daher von wesentlicher Bedeutung, die Eigenverwaltungsplanung parallel zu einer beabsichtigten Sanierung ohne Insolvenz als „Plan B“ vorzubereiten, um im Falle des Scheiterns der Sanierungsverhandlungen noch in die Eigenverwaltung zu kommen und nicht in einem Regelinsolvenzverfahren zu enden.

Ablauf eines (vorläufigen) Eigenverwaltungsverfahrens

Nach Eingang der Anträge sowie der Vorlage der Eigenverwaltungsplanung bei Gericht prüft das Gericht diese und bestellt ggf. einen vorläufigen Sachwalter. Damit beginnt die sog. vorläufige Eigenverwaltung. In diesem Verfahrensabschnitt soll der Betrieb fortgeführt und ggf. ein Insolvenzplan vorbereitet werden. Außerdem dient er der Prüfung, ob Eröffnungsgründe vorliegen, die Verfahrenskosten voraussichtlich gedeckt werden können und die Eigenverwaltung geeignet ist.
Der Schuldner hat dem Gericht und dem vorläufigen Sachwalter unverzüglich wesentliche Änderungen mitzuteilen, welche die Eigenverwaltungsplanung betreffen. Um die Wahrung der Gläubigerinteressen zu gewährleisten, kann das Gericht dem vorläufigen Sachwalter eine Berichterstattung auferlegen. Insbesondere, ob die laufend zu aktualisierende Eigenverwaltungsplanung von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht, schlüssig ist und durchführbar erscheint.

 

 

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