Artikel erschienen am 14.02.2023
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Immobilien steuersparend übertragen

Den Kindern Immobilien übertragen und weiterhin davon profitieren

Von Martin Wulf, Stuttgart | Dominik Huth, Stuttgart

Um sowohl die nachfolgende Generation vor hohen Steuerlasten im Falle einer Erbschaft zu schützen als auch den Eltern einen finanziell unabhängigen Ruhestand zu ermöglichen, kann das Nießbrauchsrecht eine entscheidende Rolle spielen.

Nachfolgeplanung frühzeitig bedenken

Gerade bei Immobilienbesitz ist eine frühzeitige Nachfolgeplanung in den meisten Fällen aus steuerlicher Sicht von großer Bedeutung. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der geplanten Änderung des Bewertungsgesetzes im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022. Geplant ist eine Anpassung der bisherigen Bewertungsparameter an das aktuelle Marktniveau. Dies kann teilweise zu deutlichen höheren Immobilienwerten im Rahmen von Erbschaften und Schenkungen führen. Die neuen Regelungen sollen bereits für sämtliche Fälle bei denen der Bewertungsstichtag nach dem 31.12.2022 liegt zur Anwendung kommen. Auch wenn das Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz erst kurz vor Weihnachten abgeschlossen sein wird, ist aus heutiger Sicht damit zu rechnen, dass die geplanten Änderungen entsprechend umgesetzt werden.

Freibeträge und Steuerbefreiungen nutzen

Bei hohen Immobilienwerten bietet es sich an, die Freibeträge optimal zu nutzen. So kann z.B. von jedem Elternteil Vermögen im Wert von bis zu 400.000 Euro alle zehn Jahre auf die Kinder steuerfrei übertragen werden. Eheleute können sich gegenseitig bis zu 500.000 Euro übertragen und Enkel mit bis zu 200.000 Euro steuerfrei bedacht werden. Im Erbfall, sowohl von Eltern als auch Großeltern, werden 100.000 Euro steuerlich nicht relevant. Für jede weitere Person, egal ob blutsverwandt oder nicht, können lediglich 20.000 Euro steuerfrei übertragen werden.

Umsetzung oft von individuellen Faktoren abhängig

Für die Gestaltung einer Übergabe von Immobilienbesitz sind einige Faktoren zu berücksichtigen, wie die Nutzung oder Haltefristen. Eine individuelle Betrachtung der jeweiligen Familienverhältnisse durch einen Experten oder eine Expertin wird deshalb dringend angeraten.

Ausgangsituation und anfallende Erbschaftssteuer

Um die komplexen Möglichkeiten des Steuergesetzes anschaulicher zu erklären, soll im Folgenden ein Rechenbeispiel aufgezeigt werden.

Im folgenden Szenario besitzt ein Ehepaar das Familienheim im Wert von 2.000.000 Euro und eine weitere Immobilie im Wert von 1.000.000 Euro, die zu Wohnzwecken vermietet ist. Die Immobilien sind das einzige Vermögen und die beiden Eheleute haben zwei Kinder. Der gesamte Immobilienbesitz gehört einem Ehepartner. Stirbt nun der  vermögenslose Ehegatte und ein Jahr später der andere Ehepartner und die Kinder bewohnen die Immobilien nicht selbst, so fallen hier Erbschaftsteuer in Höhe von knapp 400.000 Euro an.

Gestaltungsbeispiele für die Übertragung

Möchten Eltern ihre Kinder vor der Zahlung dieser Summe schützen, können durch rechtzeitige Planung die Steuern um gut die Hälfte gesenkt werden und die Kinder sind nach dem Tod der Eltern mit ca. 200.000 Euro weniger Erbschaftssteuer belastet.

Hierfür hätte bereits zu Lebzeiten eine Übertragung von jeweils der Hälfte des Immobilienvermögens auf den anderen Ehepartner stattfinden und testamentarisch festgelegt werden müssen, dass im Erbfall eines der Ehepartner das Vermögen der Eltern auf die Kinder übergeht. Die Schenkung an den anderen Ehepartner zu Lebzeiten wäre steuerfrei und die der vermieteten Immobilie wäre innerhalb des Freibetrags gewesen während die Schenkung des Familienheims an den Ehegatten steuerfrei nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

Das Familienheim als besondere Immobilie

Um das Wohnhaus der Familie im besonderen Maße zu berücksichtigen, hat der Gesetzgeber das sogenannte Familienheim gesondert beschrieben. Als solches gilt ein bebautes Grundstück, soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und sich der Mittelpunkt des familiären Lebens dort befindet. Das Familienheim kann steuerfrei entweder zu Lebzeiten auf den Ehegatten oder nach dem Tod auf Ehegatten oder Kinder übertragen werden. Bedingung hierfür ist allerdings eine sofortige Nutzung zu Wohnzwecken durch die Erben. Gibt der Erbe die Nutzung als Familienheim innerhalb einer Zeitraums von zehn Jahren (Behaltensfrist) auf oder wird die Immobilie verkauft und/oder verschenkt, entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend. Davon ausgeschlossen ist jedoch z.B. ein notwendiger Umzug in ein Pflegeheim, wenn der Ehepartner entsprechend an der Selbstnutzung gehindert ist. Im Schenkungsfall besteht eine solche Behaltensfrist nicht. Daher kann es in vielen Fällen sinnvoll sein, das Familienheim bereits zu Lebzeiten auf den Eheparter zu übertragen.

Haltefristen zahlen sich aus

Im konkreten Beispiel hätte man die vermietete Immobilie bereits 10 Jahre vor dem Tod des vermögenden Ehepartners auf die Kinder übertragen können und die Hälfte des Familienheims vermögenslosen Ehepartner. Dadurch läge die Erbschafts- bzw. Schenkungsteuer lediglich ca. 50.000 Euro und damit 350.000 Euro unterhalb derjenigen in der eingangs beschriebenen Situation.

Nießbrauch zur Absicherung im Alter

Häufig werden Immobilien bzw. die Mieterträge zur Absicherung im Alter genutzt. Daher fällt es vielen Menschen schwer, diese frühzeitig auf die nächste Generation zu übertragen. Zur Lösung dieses Dilemmas bietet sich das Gestaltungsmodell der Schenkung unter Nießbrauchvorbehalt an. Dabei wird die Substanz bereits zu Lebzeiten auf die nächste Generation übertragen, aber die Nutzung und sog. Fruchtziehung, also insbesondere die Mieterträge, verbleiben beim Schenkenden. Neben der Absicherung hat der Nießbrauch bei korrekter Gestaltung auch einen Steuerspareffekt, da der Kapitalwert des Nießbrauchs im Rahmen der Schenkung von im Immobilienwert abgezogen werden kann. Damit kann ein größerer Teil des Immobilienwerts innerhalb der Freigrenzen übertragen werden.

Von richtiger Gestaltung profiteren sowohl Eltern als auch Kinder

Auch wenn das Thema Erben und der unweigerlich damit verknüpfte Tod kein einfaches Thema ist, lohnt sich die Auseinandersetzung damit. Mit einem frühzeitig entwickeltem Nachfolgekonzept lässt sich viel Geld sparen und Streit oder Unklarheiten vermeiden.

Wer Immobilienbesitz hat, sollte sich insbesondere bei steigenden Immobilienwerten frühzeitig mit den Gestaltungsmöglichkeiten befassen. In den meisten Fällen lassen sich durch Gestaltungsmodelle oder Kombinationen dieser erhebliche Steuerspareffekte erzielen und dennoch die gewünschte Absicherung und Nachfolgeregelung umsetzen.

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