Nachfolge im Mittelstand rechtlich und steuerlich optimieren
Von Franziska Gottwick, Stuttgart | Nico Haldy, StuttgartDas Testament ist in der Nachfolgeplanung unerlässlich
Gibt es keine testamentarische Verfügung (Testament oder Erbvertrag), gilt die gesetzliche Erbfolge. Das ist häufig nicht die beste Lösung, um die individuelle Situation im Sinne des Unternehmens und der Familie ohne Streit unter den Erben zu regeln.
Stirbt zum Beispiel in einer Familie mit zwei Kindern ein Ehepartner, so zählen der überlebende Ehepartner und die beiden Kinder zu den gesetzlichen Erben in Erbengemeinschaft. Bei einem kinderlosen Ehepaar erben neben dem Überlebenden auch die Eltern oder Geschwister des Erblassers. Mehrere Erben bilden stets eine Erbengemeinschaft. Alle Gegenstände, die der Erblasser hinterlässt, werden gemeinschaftliches Eigentum aller Erben. Entscheidungen etwa über Familienheim oder Konten müssen einstimmig getroffen werden. Dies schränkt die (unternehmerische) Handlungsfähigkeit erheblich ein und birgt großes Konfliktpotenzial. Sind minderjährige Kinder beteiligt, treten weitere Probleme hinzu. Denn der überlebende Ehegatte kann nicht für sich selbst auf der einen Seite und die Kinder auf der anderen Seite handeln. In diesen Fällen muss bei Auseinandersetzungen der Erbengemeinschaft das Familiengericht miteinbezogen werden.
Vor diesem Hintergrund sollte durch eine testamentarische Regelung unbedingt sichergestellt werden, dass das Betriebsvermögen gezielt dem ausgewählten Unternehmensnachfolger zugewiesen und das Privatvermögen sachgerecht aufgeteilt wird. Auch die steuerlichen Wirkungen durch Freibeträge und Steuersätze sind dabei wichtig:
• Für Ehepartner gilt ein Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro und pro Kind ein Freibetrag von 400.000 Euro. Je nach Höhe des Erwerbs variieren die Steuersätze zwischen 7% und 30%.
• Der Freibetrag von Eltern beträgt dagegen nur 100.000 Euro und von Geschwistern 20.000 Euro. Die Steuersätze beim Erwerb durch Geschwister reichen von 15% bis 43%.
Dies zeigt, dass eine ungeplante Erbfolge auch steuerlich schnell deutlich teurer werden kann.
Besondere Klauseln im Gesellschaftsvertrag zur Nachfolgeregelung
Neben testamentarischen Verfügungen sind die Unternehmensverträge (insbesondere der Gesellschaftsvertrag) ein wichtiges Regelungsinstrument im Rahmen der Nachfolgeplanung. Dabei ist auf die Wechselwirkung zwischen Testament und Gesellschaftsvertrag zu achten. Denn der Gesellschaftsvertrag enthält oftmals Nachfolgeklauseln, die im Detail regeln, wer nach dem Tod eines Gesellschafters Inhaber von Gesellschaftsanteilen werden kann und wer nicht. Gezielt eingesetzt, können diese Klauseln flankierend zum Testament die Unternehmensnachfolge effektiv gestalten.
Stehen diese Nachfolgeklauseln jedoch nicht im Einklang mit den testamentarischen Bestimmungen, kann dies die Unternehmensnachfolge konterkarieren. Wird der Gesellschaftsanteil im Testament zum Beispiel dem ältesten Sohn zugewandt, der gesellschaftsvertraglich allerdings nicht als Nachfolger zugelassen ist, so kann er nicht Gesellschafter werden. Ihm steht dann lediglich eine Abfindung in Geld zu.
Dies würde im Ergebnis auch dazu führen, dass das Unternehmen nicht steuerbegünstigt übertragen werden kann. Der Erwerb von unternehmerischen Beteiligungen durch Tod ist unter bestimmten Voraussetzungen zwar von der Erbschaftsteuer ausgenommen bzw. begünstigt. Muss der Erbe die geerbte Beteiligung aber wegen einer gesellschaftsvertraglichen Regelung gleich wieder abgeben, wird keinerlei Begünstigung gewährt. Beträgt die übergehende Beteiligung 2 Mio. Euro, würde im Falle des sofortigen Ausscheidens gegen Abfindung eine Erbschaftsteuer von ca. 300.000 Euro anfallen. Dabei ist eine eventuell zusätzlich anfallende Ertragsteuer noch gar nicht berücksichtigt.
Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, sind daher zwingend die Gesellschaftsverträge zu prüfen und im Sinne der gewünschten Struktur auszugestalten. Neben Nachfolgeklauseln eignen sich Abfindungsbeschränkungen und Beratungsgremien zur Konfliktlösung und Bündelung von Fachexpertise sowie Verpflichtungen der Gesellschafter zum Abschluss eines Ehevertrages und Pflichtteilsverzichts.
Ein Ehevertrag schützt den Betrieb
Ergänzend zum Gesellschaftsvertrag ist auch der Abschluss eines Ehevertrages und eines Pflichtteilsverzichts ein wichtiger Bestandteil, um frühzeitig vorzusorgen. Denn häufig macht das Betriebsvermögen den Wert des Gesamtvermögens aus. Dieses Vermögen bildet im Falle der Scheidung über den Zugewinnausgleich und im Todesfall über den Pflichtteil die Berechnungsgrundlage für Geldansprüche. Steht diesen teilweise sehr hohen Ansprüchen keine freie Liquidität gegenüber, bleibt häufig nur die Vermögensumschichtung auf Kosten des Unternehmens.
Auf der anderen Seite kann durch ehevertragliche Gestaltungen, insbesondere durch den Wechsel zwischen den ehelichen Güterständen der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung (sogenannte Güterstandschaukel), steuerfrei Vermögen von einem Ehegatten auf den anderen umgeschichtet werden. Dies ist bei einer einseitigen Vermögensverteilung auch vor dem Hintergrund der vorstehend dargestellten Steuerfreibeträge interessant. Die Freibeträge stehen jedem Ehegatten im Verhältnis zu den Kindern zu und können auf diese Weise optimal ausgenutzt werden.
Welche Aspekte regeln Vollmachten?
In Notsituationen – wie Krankheit, Unfall oder Tod – bilden geeignete Vollmachten die Grundlage dafür, die Handlungsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten. Im Bereich der Vermögensvorsorge wird zwischen der sogenannten Beteiligungsvollmacht hinsichtlich des Betriebsvermögens und der Generalvollmacht betreffend das Privatvermögen unterschieden. Als sinnvolle Ergänzung dazu sollte im Bereich der Gesundheitsvorsorge über eine Vorsorgevollmacht die Vertretung in gesundheitlichen Belangen geregelt werden. Flankierend hierzu empfiehlt es sich, eine Patientenverfügung aufzusetzen. Diese dient dem Bevollmächtigten als Leitlinie und regelt, welche medizinischen Behandlungen gewünscht oder ausgeschlossen sind.
Es ist möglich, klar zwischen den einzelnen Bereichen zu differenzieren und unterschiedliche Vertrauenspersonen entsprechend der persönlichen Eignung als Bevollmächtigte einzusetzen. Um die Anerkennung im Rechtsverkehr zu gewährleisten, sollten die Vollmachten beglaubigt oder notariell beurkundet werden.
Fazit
Eine rechtlich und steuerlich optimale Unternehmensnachfolge gelingt durch die passgenaue Gestaltung von Gesellschafts- und Eheverträgen sowie eindeutig formulierte Testamente und Vollmachten. Alle Dokumente müssen dabei aufeinander abgestimmt sein. Rechtzeitig, rechtssicher und vorausschauend geplant, ist der Unternehmenserfolg auch nach der Übergabe gesichert.
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