Artikel erschienen am 01.05.2012
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Gefahr des Schnarchens

So beugen Sie gesundheitlichen Schäden vor

Von Hans-Friedrich Gronwald, Braunschweig

Schnarchen – ein nächtlicher Störfaktor, der viele Partnerschaften erheblich belasten kann. Aber nicht nur das! Für den Betroffenen kann diese schlafbezogene Atmungsstörung (SBAS) gravierende physische und seelische Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Umso wichtiger ist es, dem Schnarchen entgegenzuwirken. Auslösende Faktoren müssen möglichst beseitigt werden; gleichzeitig sollten Gegenmaßnahmen ergriffen werden, die das Schnarchen reduzieren oder sogar verhindern. Eine Möglichkeit bietet hier die vom Zahnarzt angefertigte Schnarcherschiene.

Um das Schnarchen ausschalten zu können, ist es zunächst erst einmal wichtig, dessen Entstehung zu verstehen. Beim Schlafen erschlaffen der Rachenschlauch und die Zungen- und Kaumuskulatur – vor allem in Rückenlage. Dadurch bewegen sich sowohl die Zunge als auch der Unterkiefer nach hinten und verengen den Rachenraum. Die Atemluft gelangt mit höherer Geschwindigkeit in die oberen Atemwege und bringt die hier befindlichen Weichgewebe (Gaumensegel, Zungenhinterwand, hinterer Bereich des Rachens) zum Vibrieren – das Schnarchgeräusch entsteht. Eine anatomische Fehlbildung des Unterkiefers oder eine Makroglossie – eine Vergrößerung der Zunge – können diesen Vorgang unterstützen. Manchmal ist auch eine genetisch bedingte Erschlaffung der Rachenmuskulatur ursächlich für das Schnarchen.

Abhängig davon, wie stark die Verengung der oberen Atemwege ausgeprägt ist, unter­scheidet man verschiedene Formen der SBAS mit unterschiedlich starker Symptomatik und Auswirkung. Das sogenannte primäre Schnarchen tritt gelegentlich und ohne Atem­aussetzer auf – der Schlaf ist ruhig. Entstehen durch einen kompletten Verschluss des oberen Rachen­raumes Atem­aussetzer von mindestens zehn Sekunden bis zu zwei Minuten, so spricht man von einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom. Für den Betroffenen meist unbemerkt, bewirkt ein Weckmechanismus des Körpers eine Anspannung der erschlafften Muskulatur, sodass die Atmung wieder einsetzt und ein Ersticken verhindert wird. Dies kann bis zu 600 Mal pro Nacht geschehen; der Tiefschlaf wird erheblich gestört. Zwischen dem primären Schnarchen und dem Schlafapnoe-Syndrom existieren weitere Zwischenformen. Auch hier kann die Sauer­stoff­aufnahme aufgrund eines teilweisen Verschlusses der Atemwege durch den mangelnden Muskel­tonus in Unterkiefer und Zunge verringert sein.

Die möglichen Folgen einer schlaf­bezogenen Atmungs­störung sind vielfältig. Tages­müdigkeit, morgendliche Kopf-, Rücken- und Nackenschmerzen, sowie mangelnde Konzentrations- und Leistungsfähigkeit sind unmittelbare Anzeichen dafür, dass das Schnarchen den erholsamen Schlaf beeinträchtigt. Besonders beim Ausführen von Routinetätigkeiten oder monotonen Arbeiten ist die Unfallgefahr immens erhöht. Ein sehr gutes Beispiel ist hier der Sekundenschlaf beim Autofahren.

Durch die Mundatmung beim Schnarchen beklagen viele Patienten einen trockenen Hals und Heiserkeit, außerdem werden Atemwegsinfektionen begünstigt. Auch die Zahngesundheit ist aufgrund der Mundatmung und der daraus resultierenden Mundtrockenheit gefährdet. Beobachtet wurde auch das Auftreten von vermehrtem nächtlichem Harndrang und Schwitzen. Sodbrennen, Herzrasen und Potenzstörungen sind ebenfalls nicht selten. Mangelhafte Erholung und Beziehungsprobleme infolge des Schnarchens fördern die Entstehung depressiver Verstimmungen. Die Symptome sind vielfältig und werden oft nicht mit der Ursache Schnarchen in Verbindung gebracht. Es ist deshalb wichtig, vorhandene Anzeichen zu bemerken und ernst zu nehmen. Oft kann hier auch das persönliche Umfeld helfen: Berichtet Ihr Partner oder Ihre Partnerin von einem regelmäßig auftretenden Schnarchen, kann dies ein Warnhinweis auf nächtliche Atemaussetzer sein.

Besteht das Problem Schnarchen langfristig, können schwere Allgemeinerkrankungen entstehen. Signifikant ist in erster Linie die Entstehung kardiovaskulärer Krankheiten wie Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche und Bluthochdruck. Dies gilt vor allem bei Vorliegen des Schlafapnoe-Syndroms. Bei durchschnittlich mehr als 20 Atem­aussetzern pro Stunde besteht die Gefahr einer verringerten Lebens­erwartung. Somit wird deutlich: Schlafbezogene Atmungs­störungen sind keine lästige Lappalie, sondern können ein hohes Risiko für die Gesundheit und das Leben bedeuten. Eine Diagnostik der Ursache des Schnarchens und eine darauf abgestimmte Behandlung sind deshalb nur empfehlenswert.

Was können Sie selbst gegen das Schnarchen und für einen erholsameren Schlaf tun? Zunächst einmal sollten beeinflussbare Faktoren, die das Vorkommen von Schnarchen unterstützen, vermindert oder beseitigt werden. Starkes Übergewicht erhöht das Risiko zur Entwicklung einer SBAS. Mithilfe einer ausgewogenen Ernährung und sportlicher Betätigung lässt sich nicht nur das Gewicht normalisieren, sondern in vielen Fällen auch das Schnarchen reduzieren. Ebenfalls sollten Sie auf den übermäßigen Genuss von Nikotin und Alkohol verzichten, vor allem direkt vor dem Schlafengehen. Die Einnahme von muskel-entspannenden Medikamenten kann ebenfalls eine SBAS fördern. Dasselbe gilt für Arzneimittel, die die Atemfrequenz herabsetzen. Übersteigt der Nutzen des Medikamentes das Risiko des Schnarchens, sollte eine Unterbrechung der Einnahme natürlich gut überlegt sein und nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

Für einen guten Schlaf sollten Sie auch Ihr Schlafverhalten und das Umfeld beachten. Dabei sind ausreichend lange und regelmäßige Schlafperioden ebenso bedeutend wie eine bequeme Matratze und ein ruhiges, dunkles und angenehm temperiertes Schlaf­zimmer. Stress und schwere Mahlzeiten vor dem Zubettgehen sollten vermieden werden. Die eigenmächtige Einnahme von Schlafmitteln ist nicht empfehlenswert. Mit Einhalten dieser Maßnahmen zur Schlafhygiene können Sie selbst zu Ihrem Wohlbefinden beitragen.

Ganz beseitigen lässt sich das Schnarchproblem dadurch allerdings oft nicht. Das weiß auch die Industrie. Zahlreiche Mittel versprechen Linderung oder sogar vollständige „Heilung“ vom lästigen Schnarchen. Doch was hilft wirklich?

Bewährt hat sich in vielen Fällen der Einsatz einer sogenannten Schnarcher- oder Protrusionsschiene. Sie wird von Ihrem Zahnarzt angefertigt und eingepasst, ohne die Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffes. Die vorbereitenden Maßnahmen sind für Sie als Patient unkompliziert und schmerzlos. In der Zahnarztpraxis wird je eine Abformung des Ober- und Unterkiefers erstellt. So entstehen zwei Modelle, anhand derer die Protrusionsschiene hergestellt werden kann.

Es existieren etwa 70 verschiedene Arten von Schnarcherschienen. Die TAP-Schiene beispielsweise besteht aus je einer Kunststoffschiene für den Ober- und Unterkiefer. Diese sind so miteinander verbunden, dass der Unterkiefer etwas nach vorne geschoben wird. Somit ist durch diese Konstruktion ein Zurücksinken von Unterkiefer oder Zunge nicht mehr möglich. Der Rachenraum bleibt offen, Schnarchen und Atembeschwerden nehmen ab oder verschwinden sogar vollständig. In einer Studie konnten nächtliche Atemaussetzer in über 80 % der Fälle erheblich reduziert werden. Das subjektive Empfinden der Schlafqualität verbesserte sich ebenfalls sehr stark; die Patienten fühlten sich ausgeruhter und leistungsfähiger. Durchschnittlich empfanden die Testpersonen drei Wochen als ausreichend, um sich an die Protrusionsschiene gewöhnen zu können und sie nicht mehr als störend zu empfinden. Risiken durch das Tragen einer solchen Schiene entstehen nicht. Nebenwirkungen zu Beginn der Therapie sind möglich, können durch engmaschige Kontrollen in der Eingewöhnungsphase aber meist leicht behoben werden. So kann am Morgen das Gefühl auftreten, dass die Seitenzähne des Ober- und Unterkiefers nicht mehr aufeinanderpassen. Viele Hersteller liefern hierzu spezielle „Okklusionstrainer“, die direkt nach dem Aufstehen vom Patienten eigenhändig angewendet werden können. Ein eventuell auftretender vermehrter Speichelfluss während des Tragens der Schiene verschwindet in der Regel nach der Eingewöhnungsphase.

Um die Wirkung der Schiene optimal gewährleisten zu können, empfiehlt sich eine Zusammenarbeit zwischen Schlafmedizinern und entsprechend qualifizierten Zahnärzten. Eine genaue Diagnostik durch den Schlafmediziner, gegebenenfalls auch im Schlaflabor, schafft zunächst Sicherheit über die Ursache und Schwere des Schnarchens. Bei primärem Schnarchen, beim sogenannten Upper-Airway-Resistance-Syndrom und sogar bei leicht- bis mittelschwerer obstruktiver Schlafapnoe kann die Schnarcherschiene zu einer signifikanten Verbesserung beitragen. Auch als Alternative für die „Knirscherschiene“ beim nächtlichen Zähneknirschen hat sich die Protrusionsschiene bewährt.

Info

Liegt der Befund aus dem Schlaflabor vor, entscheiden Zahnarzt und Schlafmediziner gemeinsam, ob der Einsatz einer Schnarcherschiene sinnvoll erscheint. Er wird hierfür die Gesamtsituation der Zähne, des Mundraumes und der Kiefergelenke und Kaumuskeln in seine Entscheidung mit einbeziehen. So wird beurteilt, ob die Schiene für Sie eine optimale Lösung darstellt.

Träger einer Schnarcherschiene sollten sich zur Erfolgskontrolle nochmals einer schlafmedizinischen Untersuchung unterziehen, um den Therapieerfolg objektiv beurteilen zu können. Auch nach der Eingewöhnungsphase sollte die Schiene regelmäßig alle drei bis sechs Monate vom Zahnarzt überprüft werden. Dann steht einem gesunden Schlaf nichts mehr im Wege.

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