Morbus Dupuytren
Eine chronische Erkrankung der Hand
Von Dr. med. Wolfgang Klein, Wolfenbüttel„Ich habe eine Sehnenverkürzung und kann meine Finger nicht mehr richtig strecken.“ So oder ähnlich stellen sich oft PatientInnen vor, die an einem Morbus Dupuytren leiden.
Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Sehnenverkürzung, sondern um eine Erkrankung des Hohlhandbindegewebes, insbesondere der sogenannten Palmarfascie, einer flächigen Bindegewebsschicht, welche die tiefen von den oberflächlichen Gewebsschichten der Hohlhand trennt. Eine genauere Beschreibung erfolgte bereits 1832 durch den Franzosen Baron Guillaume Dupuytren, nach dem die Erkrankung im Folgenden benannt wurde. Obwohl schon so lange bekannt, ist ihre Ursache bis heute ungeklärt. Man kennt begünstigende Faktoren wie Alkohol- und Nikotinkonsum sowie Diabetes mellitus; außerdem besteht eine familiäre Häufung mit einer erblichen Veranlagung, man kann allerdings nicht von einer Erbkrankheit sprechen. Auch eine Verletzung der Hohlhand kann auslösender Faktor sein.
Der Morbus Dupuytren tritt typischerweise im mittleren bis fortgeschrittenen Lebensalter auf und befällt weitaus überwiegend das männliche Geschlecht (in Europa ca. 7:1). Zu Beginn fallen meist kleine Knotenbildungen oder Hauteinziehungen in der Hohlhand auf. Diese verdicken sich häufig im weiteren Verlauf im Sinne von Knoten und Strangbildungen. Hierdurch wird ein verkürzender Längszug auf die Finger ausgeübt. Meist sind der Kleinfinger und der Ringfinger betroffen, prinzipiell kann die Erkrankung jedoch die gesamte Hohlhand befallen. Das neu entstehende Gewebe ist nicht bösartig und wird nie bösartig.
Je nach Schwere des Befalls und der Bewegungseinschränkung der Finger wird die Erkrankung in verschiedene Stadien eingeteilt (Abb. 1).
- Stadium I: Knoten und /oder Strangbildung in der Hohlhand ohne Einschränkung der Fingerbeweglichkeit,
- Stadium II: dito mit Einschränkung der Fingerstreckung in den Fingergrundgelenken,
- Stadium III: dito mit Einschränkung der Fingerstreckung in Grund- und Mittelgelenken,
- Stadium IV: dito mit mindestens 90 Grad Streckdefizit in den Mittelgelenken und einer Überstreckstellung in den Endgelenken.

Abb. 1: Fortgeschrittener M. Dupuytren Stadium IV am Kleinfinger, Stadium III am Ringfinger links
Im Stadium I und gegebenenfalls frühen Stadium II ist je nach subjektivem Patientenempfinden ein Zuwarten möglich, spätestens im fortgeschrittenen Stadium II oder Stadium III sollte jedoch operativ durch Entfernen der veränderten Bindegewebsanteile therapiert werden. Alternativ zur Entfernung des Gewebes kann auch durch mehrere gezielte Strangdurchtrennungen die Beweglichkeit der Finger verbessert werden. Bei dieser weniger invasiven Maßnahme ist jedoch das Fortschreiten oder Wiederauftreten der Erkrankung wesentlich häufiger. Da die Bindegewebsveränderungen oft Nerven und Blutgefäße ummauern und nicht selten besondere Techniken zur Hautdeckung angewandt werden müssen, ist eine spezielle handchirurgische Expertise mit genauer Kenntnis der Hohlhandanatomie für eine erfolgreiche Operation erforderlich. Bei sehr stark fortgeschrittener Erkrankung kann manchmal vor der Strangentfernung ein Vordehnen mit einem äußeren Spanner (Fixateur extern) angezeigt sein (Abb. 2). Auch bei erfahrenen Operateuren kann es bei massiv veränderter Anatomie zu Gefäß- oder Nervenverletzungen mit der möglichen Folge einer vermehrten Kälteempfindlichkeit oder einer Gefühlsstörung im betroffenen Finger kommen.

Abb. 2: Aufdehnen einer schweren Streckbehinderung mit einem speziellen Fixateur extern vor der operativen Strangentfernung
In den letzten zwei Jahren ist eine neue Behandlungsmethode durch Einspritzen von Enzymen in das veränderte Gewebe eingeführt worden. Als Folge der Injektion kommt es zu einem Aufweichen und teilweisen Auflösen der Bindegewebsstränge, so dass die Fingerbeweglichkeit sich bessert. Erste Erfolg versprechende Berichte liegen vor, es bleibt allerdings abzuwarten, wie sich die mittel- und langfristigen Ergebnisse darstellen. Derzeit gilt weiterhin die Operation als Standardtherapie des behandlungspflichtigen Morbus Dupuytren.
Zusammengefasst ist der Morbus Dupuytren eine chronische Erkrankung der Hohlhand mit gutartigen Bindegewebswucherungen, die in jedem Stadium stehen bleiben oder sich weiterentwickeln kann. PatientInnen mit dieser Erkrankung sollten sich handchirurgisch vorstellen, um sich über die je nach Ausprägung und Stadium anzuwendende abwartende Haltung, neue alternative Behandlungsmethoden oder eine operative Therapie kompetent beraten zu lassen.