Artikel erschienen am 10.05.2013
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Behandlung in einem modernen Darmzentrum

Von Prof. Dr. med. Heinrich Keck, Wolfenbüttel

In einem professionell und modern geführten Darmzentrum ist die gesamte Expertise aller an der Behandlung von Patienten mit Darmkrebs direkt und indirekt beteiligten Berufe versammelt. Sämtliche ärztlichen und nichtärztlichen Fachgruppen arbeiten hier Hand in Hand für die Betroffenen.

Von der Vorsorge über die Therapie bis zur Nachsorge werden die Patienten in einer solchen medizinischen Einrichtung auf dem aktuellen Stand des Wissens über die Krankheit und in höchster Qualität behandelt. Eine Zertifizierung durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) sollte bereits bestehen oder vorbereitet werden. Nach einer solchen wird die Qualität des Zentrums immer wieder überprüft.

So arbeitet ein professionelles Darmzentrum

Die Diagnose „Darmkrebs“ ist nicht leicht zu ertragen. Deshalb ist es gut zu wissen, wie es danach weitergeht.

Vorstellung im Darmzentrum

Hat Ihr Hausarzt oder ein niedergelassener Gas­troenterologe die Diagnose gestellt, kann er Sie in ein professionell geführtes Darmzentrum überweisen. Falls weitere Abklärungen notwendig sein sollten, wird er dafür einen Gastroenterologen hinzuziehen oder, wenn es um die Planung der Operation geht, einen Spezialisten für Allgemein- und Viszeralchi­rurgie. Als Tumorpatient sollten Sie auf jeden Fall sofort einen Termin in der nächsten Sprechstunde bekommen. Hier werden mit Ihnen sodann die Diagnose, weitere Untersuchungen und mögliche Behandlungsalternativen genau besprochen. Bringen Sie zur Erstvorstellung alle Unterlagen, Befunde und Bilder (am besten zusätzlich auf CD) mit. Vergessen Sie auch die Unterlagen zu Ihren Vorerkrankungen oder früheren Operationen ebenso wenig wie eine Übersicht der von Ihnen eingenommenen Medikamente. Bitten Sie Ihren Hausarzt, die Unterlagen zusammenzustellen. So kann ohne Zeitverzug Ihre weitere Behandlung mit Ihnen geplant werden.

Die Tumorkonferenz

An der Behandlung von Darm- oder Mastdarmkrebs (kolorektale Karzinome) sind regelmäßig viele Spezialisten beteiligt. Daher ist eine mindestens wöchentlich stattfindende Tumorkonferenz das Herzstück der Arbeit eines solchen Zentrums. Jeder Patient wird vor Beginn und nach einer Therapie hier vorgestellt. Fachexperten aus den jeweils beteiligten Abteilungen erarbeiten, basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Therapieleitlinien der Fachgesellschaften, eine individuelle Therapieempfehlung für Sie. Auch deren Durchführung wird hier überprüft und die Qualität der Arbeit beurteilt.

Zwar ist die Operation die wichtigste, aber nicht immer die einzige Therapieoption. Manchmal ist davor eine Chemotherapie oder eine kombinierte Strahlen- und Chemotherapie sinnvoll, um den Tumor zu verkleinern, eine Streuung zu verhindern oder auch den Erhalt des Schließmuskels zu ermöglichen. In anderen Fällen erfolgt dies nach der Operation. Bei sehr kleinen Tumoren ist zum Teil auch die endoskopische Entfernung ausreichend. Auch die Wahl einer Chemotherapie hängt von vielen Faktoren ab. Manchmal werden Genanalysen erforderlich. Ist eine Vorbehandlung (z. B. Bestrahlung) notwendig, wird diese über die Tumorkonferenz eingeleitet. Bei ihren Entscheidungen wird die Tumorkonferenz natürlich auch patientenabhängige Faktoren wie Alter, Vorerkrankungen, Operationsfähigkeit sowie die persönlichen Bedürfnisse berücksichtigen.

Stationäre Aufnahme

In der Regel bleiben Patienten mit Darmkrebs acht bis zehn Tage im Krankenhaus.

Operation

Ist eine Operation erforderlich, sollten Sie von speziell geschulten Darmchirurgen (Viszeralchirurgen) operiert werden. Dabei kommen neueste gewebeschonende Operationstechniken zum Einsatz. In einigen Fällen können die Operationen bei Darmkrebs auch minimalinvasiv durchgeführt werden. Während der Operation werden, wenn nötig, weitere Proben aus dem Bauchraum zum Ausschluss einer Tumorstreuung entnommen. Der Anspruch sollte sein, dass auch bei Operationen in der Nähe des Schließmuskels dessen Funktion erhalten bleibt, sodass meist auf einen dauerhaften künstlichen Darmausgang (Stoma) verzichtet werden kann.

Nach der Operation

Angst vor Schmerzen? Natürlich ist eine Operation keine angenehme Situation, aber die Angst vor Schmerzen danach kann Ihnen genommen werden. Gut ausgebildete Anästhesisten und Schmerztherapeuten sorgen für eine adäquate Schmerztherapie.

Bettruhe? Nein! Sie sollten sogar möglichst schnell wieder in Bewegung kommen, wobei Ihnen Pflegekräfte und Krankengymnasten Unterstützung leisten können. Eine rasche Mobilisation und intensive Atemgymnastik sind die beste Vorbeugung gegen die häufigsten Komplikationen wie Thrombose oder Lungenentzündung.

Hunger? Unmittelbar vor der Operation sind ein Schluck Tee oder stilles Wasser erlaubt. Danach richtet sich die Kost nach Ihrem Wohlbefinden und der einsetzenden Darmtätigkeit. Generell sind kleine, aber häufige Mahlzeiten und gutes Kauen vorteilhaft.

Erneute Vorstellung in der Tumorkonferenz

Nach jeder Operation oder Therapie wird ein Team von Fachexperten der Tumorkonferenz die weitere Therapieplanung ausführlich besprechen. Dabei liefern insbesondere die endgültige Beurteilung der Operationspräparate durch die Pathologen weiterführende Hinweise. Tumorart, exakte Größe und Ausdehnung des Tumors, Anzahl der befallenen Lymphknoten, Metastasen oder der Befall von Nachbarorganen sowie Vollständigkeit und Qualität der operativen Entfernung fließen in eine Stadien­einteilung ein. Daraus lässt sich eine Empfehlung für die Nachbehandlung (Chemotherapie, Strahlentherapie oder Nachsorge) ableiten.

Beratung

Die Empfehlung der Tumorkonferenz und die Therapiealternativen werden mit jedem Patienten ausführlich besprochen sowie für die Nachbehandlung Verantwortlichkeiten und Termine festgelegt. Patienten werden mit einem fest geschnürten Behandlungspaket aus der stationären Behandlung entlassen.

Tumorerkrankung und Operation sind für jeden Betroffenen eine besondere Belastungssituation, die mehr oder weniger gut „verdaut“ wird. Fragen drängen, wie es weitergeht. Vielleicht sind Sozial­leistungen oder häusliche Versorgung zu klären. Deshalb sollte auch sehr zeitig das Sozial- und Entlassmanagement des Klinikums eingeschaltet werden. Neben einer seelsorgerischen Betreuung besteht dann auch die Möglichkeit einer psychoonkologischen Beratung. Begleitend erfolgt eine Ernährungsberatung. Auch hier sind Angehörige willkommen. Schließlich ist während des stationären Aufenthaltes die Notwendigkeit einer Rehabilitationsmaßnahme zu klären. Dies beantragt der Sozialdienst gemeinsam mit dem Patienten.

Entlassung aus dem Krankenhaus

Vor der Entlassung findet ein Abschlussgespräch zu den wesentlichen Behandlungsergebnissen und der weiteren Therapieplanung statt. Auch hier können Angehörige dabei sein.

Mit der Entlassung erhält jeder Patient einen Arztbrief, der alle wesentlichen Behandlungsdaten (Diagnose, Therapie, Pathologie, Verlauf, Empfehlungen der Tumorkonferenz, Weiter- und Nachbehandlungsempfehlungen) beinhaltet, um eine lückenlose Weiterversorgung zu ermöglichen. Eine Kopie des Entlassungsbriefes sollte aber immer auch bei den persönlichen Unterlagen bleiben. Zum Entlassungsbrief kommt ein ausgefüllter Nachsorgepass, in den die persönlichen Tumor- und Nachsorgedaten zur Verlaufskontrolle eingetragen werden.

Nachbehandlung

Sollte eine Nachbehandlung (Chemotherapie oder Strahlentherapie) erforderlich sein, ist diese heute häufig ambulant möglich. Im Vorfeld ist abzuklären, ob eine Chemotherapie heimatnah am Krankenhaus oder beim niedergelassenen Onkologen durchgeführt werden kann.

Nachsorge

Die regelmäßige Nachsorge findet beim Hausarzt oder bei einem niedergelassenen Gas­troenterologen statt, der bei auffälligem Befund den Patienten wieder im Darmzentrum vorstellt.

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