Artikel erschienen am 10.05.2013
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Zahnersatz auf Implantaten: flexible Lösungen

Von Hubertus Sommer, Mannheim

Gerade im Alter sind viele Menschen mit zunehmender Zahnlosigkeit konfrontiert. Bei der letzten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS IV), die im Auftrag der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung entstand, wurde bei 22,6 % der Senioren und Seniorinnen über 65 Jahren eine totale Zahnlosigkeit registriert. In der gleichen Untersuchung wurde festgestellt, dass nach wie vor konventionelle herausnehmbare Formen von Zahnersatz überwiegen. Allerdings wird auch der klare Trend zu implan­tatgetragenem Zahnersatz mit Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich festgestellt, der sich bis heute fortsetzt.

Implantate werden fest im Kiefer verankert. Dennoch gibt es auch bei einer implantologischen Versorgung die Wahl zwischen einem festsitzenden und einem herausnehmbaren Zahnersatz. Während man im ersten Fall von einer implantatgetragenen Brücke sprechen kann, nennt man die herausnehmbare Versorgung eine Deckprothese. Je nach zahnmedizinischer Ausgangssituation, der individuellen Situation und den Vorlieben des Patienten oder der Patientin kann zwischen den beiden Optionen gewählt werden. Der Wunsch, auch mit Implantaten über eine herausnehmbare Prothese zu verfügen, ist nicht selten. Eine sehr gute Reinigung ist leichter möglich, genauso wie gegebenenfalls eine Reparatur. Wenn sich die Kiefersituation altersbedingt verändert, kann eine Unterfütterung der Deckprothese unproblematisch vorgenommen werden.

Mit neuer „Zahnwurzel“

Implantate haben viele Vorteile, insbesondere den, dass sie nicht nur auf dem Kieferkamm aufliegen, sondern fest im Knochen verankert sind. Sie sind meistens aus Titan gefertigt und sehen aus wie kleine Schrauben, die im Kieferknochen einwachsen und gewissermaßen als „Zahnwurzel“ dienen. Jedes Implantat wird mit einem festen Aufbau versehen, der für eine sichere Verbindung zwischen Implantat und den „neuen Zähnen“, also der sichtbaren Zahnkrone, sorgt. Das können Einzelzahnaufbauten (Abutments) oder Stege sein, die mit mehreren Implantaten verbunden sind. Stege werden bei teilweiser oder völliger Zahnlosigkeit eingesetzt.

Flexible Lösungen: Prothesen können auf individuell angefertigten Strukturen festsitzend oder herausnehmbar befestigt werden.

Im Falle der Deckprothesen liegt auf dem Steg passgenau eine sogenannte Sekundärkonstruktion („Suprastruktur“), die die Ersatzzähne trägt. Mit einem einfachen Handgriff kann sie herausgenommen werden. Implantatgetragene Deckprothesen bieten also ein vergleichbares Handling wie eine konventionelle Prothese, haben aber einen viel festeren Sitz und höheren Tragekomfort. Alle Vorteile der Implantate kommen auch Trägern von Deckprothesen zugute: Herzhaftes Zubeißen und Lachen sind wieder möglich – ohne die Angst, dass sich die Prothese löst. Frisches Obst, Gemüse und Fleisch können problemlos gekaut werden, was zu einer ausgewogeneren Ernährung und damit zu einer besseren Allgemeingesundheit führt. Die Artikulation wird verbessert, und die Unannehmlichkeiten mit Prothesenhaftmitteln werden beendet. Die dann wieder mögliche Kaubelastung stimuliert über die Implantate den Kieferkamm und unterstützt den Knochenerhalt – eine wichtige Voraussetzung für ein dauerhaftes Ergebnis.

Passgenaue Präzision für jeden Kiefer

Lange Zeit wurden Abutments wie auch Stege und Suprastrukturen auf Basis vorkonfektionierter Rohlinge aufwendig nachbearbeitet und individualisiert. Heute können die Aufbauten in der CAD/CAM-Technik (Computer Aided Design/Computer Aided Manufacturing, also computergestütztes Design und computergestützte Fertigung) individuell für jeden Kiefer entworfen und hergestellt werden. Qualitätsanbieter setzen hier modernste Technologien ein, die auch technisch schwierige Fälle ästhetisch und mit hoher Passgenauigkeit lösen können. Jeder Kiefer ist anders – das berücksichtigt die CAD/CAM-Technik und gleicht zum Beispiel die Neigungswinkel der Implan­tate aus. Stege und Suprastrukturen in Premiumqualität werden aus massiven Titan- oder Kobalt-Chrom-Blöcken gefräst, beides Hochleistungswerkstoffe, die eine hohe Stabilität mit geringem Gewicht und einer ausgezeichneten Biokompatibilität verbinden. Da aus einem einzigen Block gefräst wird, kann im Gegensatz zum Gussverfahren herkömmlicher Aufbauten ein präzises Ergebnis für einen spannungsfreien Sitz der gesamten Deckprothese erreicht werden.

CAD/CAM-gefertigte Implantat-Suprakonstruktionen liefern höchste Passgenauigkeit.

Um Steg und Sekundärkonstruktion individuell entwerfen zu können, benötigt die speziell dafür entwickelte Software eine einfache digitale Erfassung der Mundsituation über ein zahntechnisches Arbeitsmodell, das zum Beispiel mit einem speziellen Streifenlichtscanner erstellt werden kann. Die Software gestaltet den Entwurf dann ausgehend von der endgültigen Zahnreihe. Der Zahntechniker kann am Computer die Konstruktion kontrollieren, bevor diese gefräst wird.

Die auf den Suprastrukturen gefertigte Prothese kann auf den Implantaten fest verschraubt werden.

Alles in allem ist eine herausnehmbare Deckprothese eine interessante Option, da sie eine große Flexibilität in den Versorgungsmöglichkeiten bietet. Wenn der Wunsch nach einer implantatgetragenen Versorgung besteht, wird der Zahnarzt oder die Zahnärztin die Ausgangssituation beurteilen und zu den verschiedenen Möglichkeiten informieren. Mit den Möglichkeiten der modernen computergestützten Fertigung hat der Patient die Sicherheit, einen dauerhaft haltbaren Zahnersatz zu erhalten. Auch schon bestehende, ältere Implantate können auf diese Art und Weise mitversorgt werden.

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