Artikel erschienen am 13.05.2015
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Die Verengung des Wirbelkanals der Lendenwirbelsäule

Von Tobias Thorban, Braunschweig

Aufgrund der unvermeidlichen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule kann sich im Laufe des Lebens der Wirbelkanal verengen. Die Höhenminderung der Bandscheiben führt zu einer Band- und Mikroinstabilität des Wirbelsegmentes und hieraus resultierend kommt es zu einer Mehrbelastung der Facettengelenke; diese hypertrophieren, d. h., sie versuchen, sich durch eine Verbreiterung der Gelenkfläche den gestiegenen Belastungen anzupassen. Zusätzlich werden die Nervenstrukturen dabei durch das sich von hinten vorwölbende Ligamentum flavum (gelbes Band) bedrängt.

Es wird zwischen einer relativen Einengung, Durchmesser des Wirbelkanals 10 – 14 mm, und einer absoluten Einengung (Stenose), Durchmesser < 10 mm, des Wirbelkanals unterschieden. Bei 20 % der über 60-jährigen Bevölkerung liegt eine Spinalkanalstenose vor. Für die Therapie entscheidend ist jedoch das Beschwerdebild des Patienten.

Die typischen Symptome sind Rückenschmerzen, die belastungsabhängig auch in ein oder beide Beine ausstrahlen, sowie eine Verkürzung der freien Gehstrecke zwischen 10 und 1 000 m, die ohne Zwangspause absolviert werden können. Erleichterung erfahren die Patienten häufig, wenn sie eine nach vorne gebeugte Haltung einnehmen, eine Pause einlegen und sich hinsetzen. Es kann auch zu neurologischen Ausfällen mit Sensibilitätsstörungen und Lähmungen kommen.

1 Ligamentum flavum
2 verengter Nervenkanal
3 verbreitertes Wirbelgelenk
4 verengter Wirbelkanal

Rot umrandet die Strukturen, die den Wirbelkanal einengen und bei der Erweiterung des Wirbelkanals entfernt werden

Diagnostik

  • Anamnese mit orthopädisch-neurologischer Untersuchung
  • Kernspintomographie und/oder Computertomographie
  • ggf. Elektrophysiologie
  • ggf. Gefäßdiagnostik

Die orthopädisch-neurologische Untersuchung ist zur Beurteilung des Schweregrads der Erkrankung, zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung, zum Timing eines operativen Eingriffs und zur Verlaufsbeobachtung notwendig.

Die Diagnose wird durch eine Kernspintomographie, evtl. auch Computertomographie, gesichert. Sollte ein Wirbelgleiten vorliegen, sind Funktionsaufnahmen zur Beurteilung der (In-)Stabilität notwendig.

Therapie

Wenn keine Lähmungen vorliegen, die eine zeitnahe Operation notwendig machen, kann die konservative Therapie mit Analgetika, Antiphlogistika, krankengymnastischer Übungsbehandlung und physikalischer Therapie durchgeführt werden.

Sehr effektiv sind Infiltrationstherapien, wobei Medikamente in den Wirbelkanal eingebracht oder die Schmerzfühler der Wirbelgelenke blockiert werden. Diese haben einerseits für den Patienten einen sehr guten therapeutischen Effekt, andererseits für den Arzt eine große diagnostische Wertigkeit, da anhand des Wirkungsgrades der Infiltrationen der Umfang einer operativen Intervention, falls diese notwendig werden sollte, abgeleitet werden kann.

Lässt sich durch die konservativen Therapiemaßnahmen keine ausreichende oder dauerhafte Beschwerdelinderung erzielen, kann die mikrochirurgische Erweiterung des Wirbelkanals notwendig werden. Hierbei werden mit Spezialinstrumenten – unter mikroskopischer Kontrolle zum Schutz der empfindlichen Nervenstrukturen und ohne Schwächung der Wirbelsäule – die degenerativen Veränderungen entfernt und die Bedrängung der Nerven rückgängig gemacht. Bei einer die Beschwerden maßgeblich bestimmenden Instabilität kann auch die zusätzliche Stabilisierung der Wirbelsäule notwendig werden.

Fazit

Die Wirbelkanalverengung ist eine weit verbreitete, für den Patienten häufig mit einem hohen Leidensdruck einhergehende degenerative Erkrankung, die sich oft nur – dann jedoch mit sehr guten Ergebnissen, in 80 % wird eine wesentliche Beschwerdebesserung erreicht – mikrochirurgisch therapieren lässt.

Eine erneute Verengung des Wirbelkanals ist eher selten, erneute Rückenschmerzen können jedoch auftreten, da zwar die Verengung beseitigt, aber das weitere Altern der Wirbelsäule nicht gestoppt werden kann.

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