Dranginkontinenz ist heilbar
Von Dr. med. (Univ. Belgrad) Branko Milkanovic, BraunschweigDie hier angesprochene Dranginkontinenz, eine Form der Harninkontinenz, kann verschiedene Ursachen haben. So können chronische Blasenentzündungen, Blasensteine, Nervenerkrankungen oder auch Stoffwechselstörungen Auslöser sein. Eine weitere Ursache können aber auch – durch Geburten, Operationen oder Übergewicht – gedehnte oder verletzte Beckenbodenbänder sein. Verlieren die Haltebänder, auf denen die Organe der Frau (Uterus, Vagina, Blase und Rektum) lasten, ihre Spannkraft, senken sich die Organe ab. Durch diese veränderte Anatomie, ausgelöst durch die verletzten oder überdehnten hinteren Haltebänder (Mutterbänder = Ligamentum sacrouterinum), wird die Blasenfunktion gestört und es kann zu einer Dranginkontinenz kommen. Die Frequenz der Häufigkeit des Urinlassens ist dabei abhängig von der Blasenkapazität und nervalen Regulation.
Die Dranginkontinenz ist nicht zu verwechseln mit der Stress- oder Belastungsinkontinenz, unter der man den unkontrollierten Urinverlust bspw. beim Husten, Niesen, Treppensteigen oder abrupten Körperbewegungen versteht. Für diese Form der Inkontinenz, bei der die vorderen Bänder in Richtung des Blasenhalses defekt sind, gibt es, anders als bei der Dranginkontinenz, seit längerer Zeit effektive Therapiemöglichkeiten, bspw. durch eine TVT (=Tension-free vaginal tape)-Operation.
In mehreren diagnostischen Schritten wird die Inkontinenzform abgeklärt, gesichert und versucht, zunächst konservativ zu therapieren (medikamentös, physiotherapeutisch, ggf. mit Elektrostimulation). Erst wenn alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind und keine Besserung erzielt wurde, kommt das invasive Operationsverfahren CESA/VASA zur Behebung der Dranginkontinenz für die Patientinnen infrage, bei denen die Haltebänder geschädigt sind. Allerdings wird Patientinnen mit einer Kontraindikation wie bspw. starkem Übergewicht von dem Operationsverfahren abgeraten.
Die OP-Methode wird nach folgendem Prinzip durchgeführt: Da es nicht möglich ist, die beschädigten oder gerissenen Haltebänder zu straffen, werden diese durch spezielle künstliche, sog. textile Implantate, ersetzt. Diese Kunststoffbänder werden exakt an der Stelle angenäht, wo die ursprünglichen Bänder saßen. Die Organe werden dadurch wieder in ihre vorherige, also korrekte Position gebracht, um die Funktion wiederherzustellen.
Bei den meisten Patientinnen ist es ausreichend, die hinteren Haltebänder zu ersetzen, um die Dranginkontinenz zu heilen. Ob dies der Fall ist, zeigt sich direkt nach der Operation.
Mit der Operationsmethode CESA/VASA, die von Prof. Dr. med. Wolfram Jäger an der Universitätsklinik Köln entwickelt wurde, kann Frauen, bei denen die Dranginkontinenz aufgrund einer Schädigung der Beckenbodenbänder aufgetreten ist, wirksam geholfen werden. Studien und medizinische Erfahrungen zeigen Erfolgsraten von 75 % – drei von vier Frauen können anschließend deutlich mehr Lebensqualität genießen. Zudem ist das Verfahren von den Krankenkassen offiziell anerkannt.