Artikel erschienen am 23.10.2016
E-Paper

Begleitung und Entlastung bei schwerer Erkrankung

Hospizarbeit in Braunschweig

Von Ulrich Kreutzberg, Braunschweig

Tod und Sterben sind unausweichlich – und dennoch ein Tabu. Viele Menschen fühlen sich deshalb am Lebensende alleine mit ihren Ängsten. Ehrenamtliche Sterbebegleiter können ihnen zur Seite stehen.

Rosemarie Edion kennt das Sterben. Denn sie begleitet es freiwillig und ehrenamtlich. Seit fünf Jahren ist die 66-Jährige Sterbebegleiterin. „Acht Begleitungen hatte ich in dieser Zeit“, sagt sie. Die Dauer variiert. Einen einzigen Nachmittag nur dauerte die kürzeste, ein Jahr und drei Monate die längste Begleitung. Drei bis vier Monate gelten lt. Ulrich Kreutzberg, Koordinator beim Verein Hospizarbeit Braunschweig, als durchschnittliche Dauer. Rosemarie Edion besucht bei ihrer ambulanten Begleitung die schwerkranken Menschen dort, wo sie gerade sind: zu Hause, im Pflegeheim oder im Krankenhaus. Wenn jemand, den sie begleitet, ins Hospiz ziehen möchte, dann besucht sie ihn dort weiter.

Ambulanter Hospizdienst

„Diese Arbeit ist oft nicht so bekannt“, sagt Ulrich Kreutzberg und fügt hinzu: „Wichtig sind beide Angebote, das Hospizhaus und der ambulante Dienst.“ Die persönlichen Umstände bestimmen, was am Lebensende passend ist. In einer Beratung mit der Koordinationskraft wird abgeklärt, wie die Umstände sind und was gebraucht wird. Möchten und können Angehörige die Pflege leisten oder wird ein ambulanter Pflegedienst oder eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) benötigt? Und vor allem: Was möchte der schwerkranke Mensch? Möchte er überhaupt eine Begleitung? „Wir klären das mit jedem Einzelnen in einem persönlichen Gespräch ab. Wenn die Begleitung gewünscht ist, dann schauen wir in unserem Team, wer in diesem Fall passen könnte.“ Auf rund 50 Ehrenamtliche können die beiden Koordinationskräfte der Hospizarbeit Braunschweig zurückgreifen. Sie kennen sie alle persönlich – aus der Ausbildung, von den Mitarbeitertreffen, durch die vielen Gespräche während der Begleitung.

So vielfältig wie das Leben sind die Sterbebegleitungen, die der ambulante Hospizdienst der Hospizarbeit Braunschweig e. V. mit seinen 50 ehrenamtlichen Hospizmitarbeitern macht. Manchmal sind es Gespräche, manchmal werden letzte Dinge geordnet, ein anderes Mal geht es mit dem Rollstuhl noch einmal nach draußen, manchmal geht es um das Da-Sein am Bett oder am Stuhl des Erkrankten. Für pflegende Angehörige ist es wichtig zu wissen, dass jemand bei ihrem Angehörigen ist, wenn sie selber Besorgungen machen müssen, einen Arztbesuch haben oder vielleicht endlich mal wieder zum Frisör gehen oder im Kleingarten nach dem Rechten schauen wollen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erklären sich bereit, anderen Menschen 3–4 Stunden in der Woche Zeit und Zuwendung zu schenken. Sie werden auf diese Sterbebegleitungen vorbereitet und während ihrer Tätigkeit durch Supervisionen und Fortbildungen unterstützt. Die Begleitungen sind kostenfrei und geschehen unabhängig von Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung.

SONne – ambulante Kinderhospizarbeit in der Region Süddostniedersachsen

Seit sechs Jahren begleitet die Hospizarbeit Braunschweig auch Kinder mit einer lebensbegrenzenden Erkrankung und deren Familien. Seit eineinhalb Jahren haben sich für diese Arbeit die Hospizvereine aus Gifhorn, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg zur Kooperation SONne zusammengeschlossen. Zusammen stehen 23 Ehrenamtliche für die Familien zur Verfügung. Derzeit begleitet die SONne 11 Kinder und Jugendliche in der Region.

Trauerbegleitung

Menschen, die einen nahen Angehörigen verloren haben, brauchen manchmal Unterstützung in der Zeit der Trauer. Einige merken auch erst nach Monaten oder Jahren, dass die Trauer nicht ausreichend gelebt wurde. Die Hospizarbeit bietet mit Einzelbegleitung und Trauergruppen dafür Unterstützung an. Die Leitung der Trauergruppen und die Begleitung der Trauernden werden durch ausgebildete Ehrenamtliche durchgeführt. Vorher findet ein Beratungsgespräch mit der Koordinationskraft statt.

Begleitgruppe Bestattungen ohne Angehörige

Es gibt Menschen in Braunschweig, für die niemand eine Trauerfeier organisiert oder bei denen auch niemand am Grab stehen würde. In solchen Situationen bietet die Begleitgruppe Bestattungen ihre Unterstützung an. Ehrenamtliche nehmen an der Beisetzung teil und schaffen einen würdigen Rahmen.

Verein Hospizarbeit Braunschweig e. V.

Seit 1993 ist der Verein Hospizarbeit Braunschweig e. V. als Träger der Hospizidee in Braunschweig aktiv. 100 Menschen sind als Ehrenamtliche in den verschiedenen Arbeitsfeldern der Hospizarbeit tätig. Koordiniert und unterstützt wird diese Arbeit von vier Hauptamtlichen, die in der Geschäftsstelle im Bruchtorwall 9–11 für die Erreichbarkeit und die Rahmenbedingungen sorgen. Sie können diese Arbeit als Zeitschenker oder Geldschenker unterstützen.

Foto: Panthermedia/Ginton

Ähnliche Artikel

Gesundheit

Innovationsnetzwerke in der Gesundheitswirtschaft

Braunschweig ist europaweit Spitze bei der Forschungsintensität, Wolfsburg zählt zu den wirtschaftlich dynamischsten Orten Deutschlands, beide Städte und die Region ringsherum sind Kraftzentrum der Automobilindustrie. Entwicklungsabteilungen in Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen tragen dazu bei.

Braunschweig 2014 | Kathrin Ebeling, Wolfsburg

Finanzen Steuern Recht

Selbst bestimmen, wer bestimmen darf

Die Vorsorgevollmacht

Weit verbreitet ist die Vorstellung, dass nach einem Todesfall – quasi automatisch – der Ehepartner oder andere nahe Angehörige die notwendigen Entscheidungen treffen werden. In Deutschland gibt es jedoch kein gesetzliches Vertretungsrecht für erwachsene Personen.

Halle (Saale) 2015/2016 | Uta Hesse, Halle (Salle