Artikel erschienen am 16.01.2018
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Der Schmerz im Kopf

Von Siena Rauskolb, Master of Chiropraktik (UK), Wolfsburg

Wenn Patienten gefragt werden, ob sie unter Kopfschmerzen leiden, wird häufig geantwortet, das seien nur die normale Kopfschmerzen. Grundsätzlich gilt jedoch: Es gibt keine normalen Kopfschmerzen. Sie sind nicht normal und es hat auch nicht jeder Mensch Kopfschmerzen. Falls es sich bereits normal anfühlt, Kopfschmerzen zu haben, ist es höchste Zeit etwas gegen dieses Problem zu tun. Kopfschmerzen mindern die Konzentrationsfähigkeit, Leistungsfähigkeit, Lust an sozialen Aktivitäten und die generelle Lebensqualität.

Es gibt eine Vielzahl verschiedener Kopfschmerzarten. Jedoch sind Migräne, Spannungskopfschmerzen und medikamenteninduzierter Kopfschmerz mit Abstand die häufigsten bei Erwachsenen. Die von der Halswirbelsäule ausgelösten Kopfschmerzen werden zervikogene Kopfschmerzen oder auch Spannungskopfschmerzen genannt. Diese sind zusammen mit Migräne eine der häufigsten körperlichen Beschwerden der Bevölkerung. Weltweit haben 50 % aller Menschen im Laufe ihres Lebens Kopfschmerzen, 10 % leiden unter Migräne und etwa 40 % unter Spannungskopfschmerzen. Etwa die Hälfte der Betroffenen behandelt sich selber, ohne professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei können diese Kopfschmerzarten gut diagnostiziert und behandelt werden.

Bei Kindern sind Kopfschmerzen, trotz relativ hohen Aufkommens, noch nicht gut erforscht. Je älter Kinder werden, desto öfter treten Kopfschmerzen auf. Migräne kann bereits ab dem zweiten Lebensjahr auftreten. Etwa 1,4–3,2 % von Kindern im Vorschulalter haben Migräne und knapp 20 % der Kinder leiden unter Kopfschmerzen. Bis zum zwölften Lebensjahr leiden Jungs häufiger unter Migräne, danach sind Mädchen und Frauen stärker betroffen. Das Risiko an Spannungskopfschmerzen zu leiden, ist ebenfalls bei Frauen größer.

Kopfschmerzen können Begleitsymptome von Nackenschmerzen sein. Jedoch können auch Kopfschmerzen Begleitsymptome haben, wie etwa Schwindel oder Übelkeit. Die Variationen der Symptome, Intensität und Lokalisation der Schmerzen ist so vielseitig wie die Menschen selbst. Generell kann jedoch gesagt werden, dass Spannungskopfschmerz sich meistens wie ein genereller Druck um den Kopf anfühlt. Auch wird beschrieben, dass der Schmerz aus dem Nacken hochzieht. Spannungskopfschmerzen treten überwiegend in Episoden auf. Chronische Spannungskopfschmerzen sind seltener. Migräne hingegen löst einseitige pulsierende Schmerzen aus, die durch körperliche Aktivität, Licht oder lautere Geräusche verstärkt werden. Im Durchschnitt treten Migräneattacken ein bis zwei Mal im Monat auf. Jedoch ist die zeitliche Spanne von Patient zu Patient sehr unterschiedlich und kann von mehrmals die Woche bis einmal alle paar Jahre sein. Auch leiden manche Patienten unter Aurasymptomen, welche der Migräne-Attacke vorausgehen. Diese können Sehstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Kribbeln oder gar Lähmungen sein.

Auslöser

Man kann mehr als einen Auslöser für seine Kopfschmerzen haben. Zu geringe Flüssigkeitsaufnahme, Stress oder überlastete Augen durch etwa PC-Arbeit werden häufig genannt. Auch Wetterwechsel, hormonelle Umstellungen oder Eisenmangel sind besonders bei Frauen mit verantwortlich für die Beschwerden. Eine weitere Quelle von Kopfschmerzen ist die Halswirbelsäule. Sie ist sehr komplex in ihrem Aufbau und hat verschiedene Arten von Gelenken.

Die Facettengelenke verbinden rechts und links die Hinterseite der Wirbel miteinander, diese sind für die hohe Beweglichkeit der Wirbelsäule verantwortlich. Die Uncovertebralgelenke sind spezielle Gelenke zwischen den Vorderseiten der Wirbelkörper. Diese Gelenke sind nur in der Halswirbelsäule vorhanden, und bieten zusätzliche Stabilität. Außerdem zählen auch die Übergänge von den Wirbelkörpern zu den Bandscheiben als Gelenke. Zwei besondere Gelenke verbinden den ersten Halswirbel mit der Schädelbasis. Ihre Form ist einzigartig im Körper und ermöglicht eine leichte Nick-Bewegung sowie eine leichte seitliche Neigung. Die Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel ist für die Drehung der oberen Halswirbelsäule verantwortlich.

Alle Wirbel sind mehrfach durch Bänder und Muskeln verbunden. Außerdem gibt es eine sehr hohe Dichte an Nerven in der Halswirbelsäule. Diese sind sehr wichtig, um die filigranen Bewegungen des Kopfes steuern zu können und liefern wichtige Informationen für die Eigenwahrnehmung und Gleichgewicht. Jedoch können durch die vielen Nerven auch andere Sensoriken zum Gehirn geleitet werden, wie z. B. Schmerz. Bei Verspannungen und Blockaden in der Halswirbelsäule werden Nervenenden gereizt. Diese transportieren die Information hoch in den Kopf. So können Nackenverspannungen Kopfschmerzen auslösen. Auch Schwindel kann so ausgelöst werden. Die genauen Mechanismen sind jedoch noch nicht genügend erforscht.

Ebenso ist die genaue Ursache von Migräne noch nicht vollkommen bekannt. Das Gehirn löst die Produktion von schmerzfördernden Entzündungsmediatoren aus. Diese werden um die Blutgefäße und Nervenenden freigelassen, was die Migräne auslöst. Warum dies geschieht, ist nicht bekannt. Auch sind die Auslöser für diesen Prozess breit gefächert. Eine genetische Ursache für die Anfälligkeit für Migräne gilt als sicher. Die individuellen Attacken bei Patienten haben jedoch eine Vielzahl von Auslösern. Es können etwa bestimmte Lebensmittel oder Alkohol sein auch Hormonumstellung und Wetterwechsel sind Auslöser. In der Praxis zählen Patienten oft Stress und Verspannungen im Nackenbereich als Auslöser auf. Verspannungen im Nacken gehen erfahrungsgemäß mit Blockaden einher. Diese können jedoch gut behandelt werden.

Was ist eine Blockade?

Wenn man von einem blockiertem Wirbel spricht, wird damit eine eingeschränkte Beweglichkeit der Gelenke gemeint. Bei Blockaden ist nicht das Ausrenken oder Verschieben von Wirbeln beschrieben. Diese können nur durch starke Traumata ausrenken und dies erfordert eine operative Behandlung.

Chiropraktische Behandlung von Spannungskopfschmerzen und Migräne

Neben medikamentöser Behandlung, Stressabbau, Sport, Dehnübungen und Entspannungsübungen können auch Behandlungen der Schulter-Nackenregion helfen, Kopfschmerzen zu lindern.

Chiropraktik befasst sich mit der Optimierung verschiedener Systeme des Bewegungsapparates. Ziel ist es, die muskuläre Balance, die Integrität des Nervensystems und die biomechanischen Abläufe des Körpers zu optimieren. Das fünf- bis sechsjährige Vollzeitstudium, welches nach Richtlinien der WHO ausgerichtet ist, wird in Deutschland noch nicht angeboten. Somit verwenden die studierten Chiropraktoren eben diese englische Bezeichnung und nicht den deutschen Begriff „Chiropraktiker“. Weltweit sind Chiropraktoren – neben den Ärzten und Zahnärzten – die drittgrößte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Die Untersuchung, Diagnose, Behandlung und Vorbeugung von Einschränkungen, Schmerzen und Erkrankungen des Bewegungsapparates und deren Einflüsse auf den allgemeinen Gesundheitszustand ist die Hauptaufgabe eines Chiropraktoren.

Am häufigsten werden Chiropraktoren aufgesucht, wenn Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen auftreten. Ziel der Chiropraktik ist es, die funktionellen Abläufe des Bewegungsapparates zu optimieren, sodass Schmerz- und Kompensationssyndrome behoben und vermieden werden. Hierfür wird der Körper auf Einschränkungen im Bewegungsapparat untersucht, die sogenannten „Blockaden“. Durch die ganzheitlichen Untersuchungs- und Therapiemethoden, richtet sich die Behandlung der Chiropraktoren nicht nur auf den Schmerz, sondern auf den unterliegenden Auslöser.

Bei Kopfschmerzen wird zunächst untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen den Kopfschmerzen und möglichen Funktionsstörungen der Gelenke, Muskeln oder Nerven gibt. Sollte dies der Fall sein, ist eine chiropraktische Behandlung sinnvoll. Untersuchungen haben gezeigt, dass Chiropraktik bei Migräne und Spannungskopfschmerzen einen positiven Effekt hat und die Schmerzen und die Schmerzepisoden verringert. Die Methoden sind sanft und fördern einen optimierten Bewegungsablauf sowie eine Linderung von Schmerzen.

Bilder: ChiroPraxis Siena C. Rauskolb

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