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Eingeweidebrüche nach großen Bauchoperationen

Was tun?

Von Dr. med. Ekkehard Möbius, Braunschweig

Darm-Operationen, Entfernung von Magen- und Leberteilen oder Transplantationen – jedes Jahr werden in Deutschland ca. 700 000 große Bauchoperationen durchgeführt. Eine oft auftretende Komplikation ist die Entstehung von Eingeweidebrüchen. Solche sogenannten Narbenhernien treten häufiger auf als bislang angenommen. Große Untersuchungen haben gezeigt, dass nach Mittelbauchschnitten in über 20 % derartige Brüche entstehen. Entsprechend werden in Deutschland ca. 50 000 Narbenhernien jährlich operiert.

Warum entstehen Narbenhernien?

Es gibt viele Faktoren, durch die Eingeweidebrüche entstehen können: Übergewichtigkeit, schwaches Bindegewebe und chronische Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus, schwere Nierenfunktionsstörungen oder eine chronische Bronchitis können ursächlich mitverantwortlich sein. Eine postoperative Einblutung oder eine Infektion im Wundbereich erhöhen nachweislich das Risiko. Häufige Nachoperationen sowie ein mangelhafter Wundverschluss können ebenfalls die Entstehung eines Narbenbruches begünstigen.

Was tun, wenn im Narbenbereich plötzlich eine „Beule“ auftritt?

Bei Brüchen, die sich ausschließlich durch eine „Beule“ bemerkbar machen, kann zu einem späteren Zeitpunkt operiert werden. Äußert der Patient jedoch zunehmend Beschwerden im Bereich des Eingeweidebruches, so besteht eine absolute Notwendigkeit zur zeitnahen Operation, da der Darm eingeklemmt sein und sich eine schwere Bauchfellentzündung ausgebildet haben könnte. Ist die austretende „Beule“ hart und kann nicht mehr zurückgedrückt werden, ist sofort ärztlicher Rat einzuholen. Eine Notfalloperation ist dann meist unumgänglich. Das Risiko der Einklemmung von Eingeweiden ist bei kleinen Brüchen groß (ca. 10 %).

Narbenhernie

Abb. 1: Große Narbenhernie mit noch offener Bauchwunde

Häufig wird auch die Größenzunahme der „Beule“ ein Problem. Eine operative Versorgung wird umso schwieriger, je mehr Eingeweide aus dem Bauchraum heraustreten. Darüber hinaus führen große Hernien zu Bewegungseinschränkungen und sind vielfach auch ein kosmetisches Problem, was zu erheblichen psychischen Belastungen führen kann. Aus diesen Gründen sollte nicht zu lange mit einem operativen Eingriff gewartet werden. Sogenannte Bruchbänder – ein medizinisches Hilfsmittel, welches ähnlich wie eine Korsage wirkt und die Bauchdecke stabilisieren soll – sind keine Alternative und auf Dauer sogar eher schädlich.

Die operative Therapie mit Einsatz eines Kunststoffnetzes

Bei der operativen Therapie hat sich in den letzten Jahren viel getan. Im Gegensatz zur Versorgung von Leistenbrüchen, bei denen das minimalinvasive Vorgehen (die sog. „Schlüssellochtechnik“) Standard ist, wird bei Narbenhernien wieder zunehmend offen chirurgisch vorgegangen. Belegter Vorteil ist, dass das Auftreten von erneuten Brüchen minimiert ist und der Bauch nach der Operation wieder eine normale Form hat.

Mit der Entwicklung von speziellen Kunststoffnetzen ist es heute möglich, eine stabile und dauerhaft haltbare Rekonstruktion der Bauchdecke zu erzielen. Früher war das anders: Der Bruch wurde freigelegt, das Narbengewebe bis ins Gesunde entfernt und die Lücke lediglich durch eine Naht verschlossen. Inzwischen wird bei dem offenen chirurgischen Vorgehen die Rekonstruktion der Bauchwand durch das zusätzliche Einbringen eines speziellen Kunststoffnetzes gesichert. Das Netz kann in unterschiedlicher Position eingebracht werden. Das sog. „Sublay-Verfahren“ (siehe Abb. 2) ist dabei zu bevorzugen. Hier wird das Netz zwischen die einzelnen tragenden Bauchwandschichten eingelegt. Nach einem Zeitintervall von etwa sechs Wochen nach der Operation sind Patienten wieder voll körperlich belastbar.

Mögliche Positionierung von Kunststoffnetzen im Operationsbereich am Bauch

Abb. 2: Möglichkeiten der Positionierung von Kunststoffnetzen im mittleren Anteil der Bauchwand (Querschnitt)

Optimale Versorgung in zertifizierten Hernienzentren

Die operative Versorgung derartiger Brüche in einem Hernienzentrum stellt sicher, dass aktuell wissenschaftliche Erkenntnisse und neue Operationstechniken leitliniengerecht Anwendung finden. Die Operationsergebnisse werden in einem zentralen Register erfasst und in ihrer Qualität streng kontrolliert.

Bilder: An alternative classification of incisional hernias enlisting morphology, body type and risk factors in the assessment of prognosis and tailoring of surgical technique”; Journal of Plastic, Reconstructive & Aesthetic Surgery (April 2007), Klaus G. Kohn, Krankenhaus Marienstift

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